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Sanders, Daniel: Brief an Wilhelm Scherer. Altstrelitz, 4. Mai 1877.

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die sich dieser allgemeinen Enthaltsamkeit angeschlossen, nach der längeren Pause
eine - wenn auch nur ganz kurzen - Anzeige des Heftchens zu bringen und
vielleicht thun Sie dasselbe für ein anderes Blatt. Mir scheint es
geboten, daß wir die Sache nicht ganz einschlafen lassen und ich
insonderheit habe auch noch einen persönlichen Grund, dahin mitzu-
wirken, daß dem unerträglichen Zustand der Ungewißheit über das
Kommende ein Ende gemacht werde. Denn unter dieser Ungewißheit
leidet der Absatz meines "orthographischen Wörterbuchs" empfindlich, da
viele Schulmänner - wie sie mir offen mitgetheilt - die Einführung
nicht wagen, weil sie nicht wissen, ob nicht morgen vielleicht doch
schon eine andere Orthographie von oben herab wird befohlen werden,
die ihnen freilich von Grund der Seele widerstrebe, aber der sie sich
dann doch am Ende trotz alles Widerstrebens würden fügen
müssen. Jedenfalls wollten sie mit der Einführung noch warten;
denn schließlich müsse doch - so oder so - von oben herab eine Ent-
scheidung in Betreff der Konferenzbeschlüsse veröffentlicht werden.
Wird das aber geschehen? und wann? Vielleicht wissen Sie
darüber durch Geheimen Regierungsrath Bonitz Näheres und Sie würden mich
dann durch gefällige Mittheilungen sehr verpflichten.
Prof Wilmanns wird Ihnen wohl eben so wie mir seine
"Deutsche Grammatik" zugesandt haben. Ich habe mich gefreut, daß
er auf dem Boden der Praxis seine theoretische Bekämpfung
der Dehnungsbuchstaben nicht aufrecht erhält, sondern hier
mit uns in eine Kerbe haut.

die sich dieser allgemeinen Enthaltsamkeit angeschlossen, nach der längeren Pause
eine – weñ auch nur ganz kurzen – Anzeige des Heftchens zu bringen und
vielleicht thun Sie dasselbe für ein anderes Blatt. Mir scheint es
geboten, daß wir die Sache nicht ganz einschlafen lassen und ich
insonderheit habe auch noch einen persönlichen Grund, dahin mitzu-
wirken, daß dem unerträglichen Zustand der Ungewißheit über das
Kom̃ende ein Ende gemacht werde. Deñ unter dieser Ungewißheit
leidet der Absatz meines „orthographischen Wörterbuchs“ empfindlich, da
viele Schulmänner – wie sie mir offen mitgetheilt – die Einführung
nicht wagen, weil sie nicht wissen, ob nicht morgen vielleicht doch
schon eine andere Orthographie von oben herab wird befohlen werden,
die ihnen freilich von Grund der Seele widerstrebe, aber der sie sich
dañ doch am Ende trotz alles Widerstrebens würden fügen
müssen. Jedenfalls wollten sie mit der Einführung noch warten;
denn schließlich müsse doch – so oder so – von oben herab eine Ent-
scheidung in Betreff der Konferenzbeschlüsse veröffentlicht werden.
Wird das aber geschehen? und wañ? Vielleicht wissen Sie
darüber durch Geheimen Regierungsrath Bonitz Näheres und Sie würden mich
dann durch gefällige Mittheilungen sehr verpflichten.
Prof Wilmanns wird Ihnen wohl eben so wie mir seine
Deutsche Grammatik“ zugesandt haben. Ich habe mich gefreut, daß
er auf dem Boden der Praxis seine theoretische Bekämpfung
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Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Wilhelm Scherer. Altstrelitz, 4. Mai 1877, S. [1v]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_scherer_1877/2>, abgerufen am 21.11.2024.