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Sanders, Daniel: Brief an Karl Gutzkow. Altstrelitz, 29. August 1856.

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Ich verkenne dabei durchaus nicht, geehrter Herr, daß
im Allgemeinen ein Stück aus einem lexikographischen
Werk nicht recht füglich in ein Unterhaltungsblatt
paßt. Vielleicht aber ist die gewählte Probe, in der ich ver-
sucht, manche in unsere sprachlichen Werke bisher kaum
oder doch nur ganz obenhin berührte Punkte etwas tiefer
zu erfassen, auch im Stande das Interesse eines
lesenden Publikums zu erregen und die Aufnahme
ließe sich vielleicht außerdem dadurch rechtfertigen,
daß eben durch die Probe die Aufmerksamkeit auf
ein für das deutsche Volk berechnetes Wörterbuch
gelenkt werden soll, wenn dies nach Anlage und
Ausführung Ihnen einer solchen Aufmerksamkeit
und Beachtung werth dünkt. Daß mir als dem Ver-
fasser daran ungemein gelegen sein muß, be-
greift sich, zumal mein Programm des Wörterbuchs,
(von dem ich bei der Ausarbeitung jetzt freilich so-
weit abweiche, als die Beschränkung auf 300 Bogen
dies erheischt), in vielen Zeitschriften tendenziös kein
oder, noch schlimmer, eine perfide Besprechung erfahren
hat, in zum Beispiel die Grenzboten von meinem beabsichtig-

Ich verkeñe dabei durchaus nicht, geehrter Herr, daß
im Allgemeinen ein Stück aus einem lexikographischen
Werk nicht recht füglich in ein Unterhaltungsblatt
paßt. Vielleicht aber ist die gewählte Probe, in der ich ver-
sucht, manche in unsere sprachlichen Werke bisher kaum
oder doch nur ganz obenhin berührte Punkte etwas tiefer
zu erfassen, auch im Stande das Interesse eines
lesenden Publikums zu erregen und die Aufnahme
ließe sich vielleicht außerdem dadurch rechtfertigen,
daß eben durch die Probe die Aufmerksamkeit auf
ein für das deutsche Volk berechnetes Wörterbuch
gelenkt werden soll, wenn dies nach Anlage und
Ausführung Ihnen einer solchen Aufmerksamkeit
und Beachtung werth dünkt. Daß mir als dem Ver-
fasser daran ungemein gelegen sein muß, be-
greift sich, zumal mein Program̃ des Wörterbuchs,
(von dem ich bei der Ausarbeitung jetzt freilich so-
weit abweiche, als die Beschränkung auf 300 Bogen
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[[1v]/0002] Ich verkeñe dabei durchaus nicht, geehrter Herr, daß im Allgemeinen ein Stück aus einem lexikographischen Werk nicht recht füglich in ein Unterhaltungsblatt paßt. Vielleicht aber ist die gewählte Probe, in der ich ver- sucht, manche in unsere sprachlichen Werke bisher kaum oder doch nur ganz obenhin berührte Punkte etwas tiefer zu erfassen, auch im Stande das Interesse eines lesenden Publikums zu erregen und die Aufnahme ließe sich vielleicht außerdem dadurch rechtfertigen, daß eben durch die Probe die Aufmerksamkeit auf ein für das deutsche Volk berechnetes Wörterbuch gelenkt werden soll, wenn dies nach Anlage und Ausführung Ihnen einer solchen Aufmerksamkeit und Beachtung werth dünkt. Daß mir als dem Ver- fasser daran ungemein gelegen sein muß, be- greift sich, zumal mein Program̃ des Wörterbuchs, (von dem ich bei der Ausarbeitung jetzt freilich so- weit abweiche, als die Beschränkung auf 300 Bogen dies erheischt), in vielen Zeitschriften tendenziös kein oder, noch schlim̃er, eine perfide Besprechung erfahren hat, in z.b. die Grenzboten von meinem beabsichtig-

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Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Karl Gutzkow. Altstrelitz, 29. August 1856, S. [1v]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_gutzkow_1856/2>, abgerufen am 21.11.2024.