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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Anwendung auf uns.
cherley Gnadengaben Gottes! (1 Petr. 4, 10.) War-
um klagen wir immer über die Kürze des menschlichen
Lebens? Wir dürfen nur, ein jeder die Gabe, die er em-
pfangen hat, weise und gemeinnützig anwenden, so wer-
den wir die sechzig und siebenzig Jahre mit guten Thaten
anfüllen können. Wir dürfen nur eben so, wie die er-
sten Christen, die oft nur Augenblicke der Ruhe hatten,
denen die Lehrer öfters genommen wurden, die oft selbst
von Haus und Hof flüchten mußten, die Zeit, die immer
forteilt, festhalten und veredeln. Wir dürfen nur nicht
vergessen, daß jeder seine Aufgabe, seinen Dienst, sein Ge-
schäft, sein bestimmtes Tagewerk in der Welt hat, das
mit seinen Lebensjahren, mit seiner Gesundheit, mit al-
len Kräften, Gelegenheiten, Ermunterungen und Unter-
stützungen in genauer Proportion steht; und müssen wir
dann das Feld, auf das wir gestellt sind, nicht bearbei-
ten, ehe wir sterben, wenn wir nicht als faule unnütze
Knechte
in der großen Wirthschaft Gottes ange-
sehen, und vom Hausvater ausgestoßen werden wollen?
Ist es nicht Schande, wenn der Rechner einer öffentli-
chen Casse bey seinem Tod in Rückstand bleibt, und nicht
wieder zurückläßt, was ihm anvertraut worden? Loben
wir dann den Diener des Staats, den Knecht, den Ta-
gelöhner, der Nahrung und Lohn begierig verschlingt,
aber seine Kräfte nicht nach unserm Willen anwendet?
der wie eine unnütze Last die Erde beschwert, und an-
dre fleißigere Arbeiter durch seine Trägheit hindert? Un-
ser Erlöser bedauerte nie mit unfruchtbaren Seufzern die
Flüchtigkeit unsers Lebens. Immer muß ich herumge-
hen und lehren, sagte er, keine Gelegenheit darf ich mir
entgehen lassen, denn ich werde bald sterben. Auch um

eines
Q

Anwendung auf uns.
cherley Gnadengaben Gottes! (1 Petr. 4, 10.) War-
um klagen wir immer über die Kürze des menſchlichen
Lebens? Wir dürfen nur, ein jeder die Gabe, die er em-
pfangen hat, weiſe und gemeinnützig anwenden, ſo wer-
den wir die ſechzig und ſiebenzig Jahre mit guten Thaten
anfüllen können. Wir dürfen nur eben ſo, wie die er-
ſten Chriſten, die oft nur Augenblicke der Ruhe hatten,
denen die Lehrer öfters genommen wurden, die oft ſelbſt
von Haus und Hof flüchten mußten, die Zeit, die immer
forteilt, feſthalten und veredeln. Wir dürfen nur nicht
vergeſſen, daß jeder ſeine Aufgabe, ſeinen Dienſt, ſein Ge-
ſchäft, ſein beſtimmtes Tagewerk in der Welt hat, das
mit ſeinen Lebensjahren, mit ſeiner Geſundheit, mit al-
len Kräften, Gelegenheiten, Ermunterungen und Unter-
ſtützungen in genauer Proportion ſteht; und müſſen wir
dann das Feld, auf das wir geſtellt ſind, nicht bearbei-
ten, ehe wir ſterben, wenn wir nicht als faule unnütze
Knechte
in der großen Wirthſchaft Gottes ange-
ſehen, und vom Hausvater ausgeſtoßen werden wollen?
Iſt es nicht Schande, wenn der Rechner einer öffentli-
chen Caſſe bey ſeinem Tod in Rückſtand bleibt, und nicht
wieder zurückläßt, was ihm anvertraut worden? Loben
wir dann den Diener des Staats, den Knecht, den Ta-
gelöhner, der Nahrung und Lohn begierig verſchlingt,
aber ſeine Kräfte nicht nach unſerm Willen anwendet?
der wie eine unnütze Laſt die Erde beſchwert, und an-
dre fleißigere Arbeiter durch ſeine Trägheit hindert? Un-
ſer Erlöſer bedauerte nie mit unfruchtbaren Seufzern die
Flüchtigkeit unſers Lebens. Immer muß ich herumge-
hen und lehren, ſagte er, keine Gelegenheit darf ich mir
entgehen laſſen, denn ich werde bald ſterben. Auch um

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[241/0247] Anwendung auf uns. cherley Gnadengaben Gottes! (1 Petr. 4, 10.) War- um klagen wir immer über die Kürze des menſchlichen Lebens? Wir dürfen nur, ein jeder die Gabe, die er em- pfangen hat, weiſe und gemeinnützig anwenden, ſo wer- den wir die ſechzig und ſiebenzig Jahre mit guten Thaten anfüllen können. Wir dürfen nur eben ſo, wie die er- ſten Chriſten, die oft nur Augenblicke der Ruhe hatten, denen die Lehrer öfters genommen wurden, die oft ſelbſt von Haus und Hof flüchten mußten, die Zeit, die immer forteilt, feſthalten und veredeln. Wir dürfen nur nicht vergeſſen, daß jeder ſeine Aufgabe, ſeinen Dienſt, ſein Ge- ſchäft, ſein beſtimmtes Tagewerk in der Welt hat, das mit ſeinen Lebensjahren, mit ſeiner Geſundheit, mit al- len Kräften, Gelegenheiten, Ermunterungen und Unter- ſtützungen in genauer Proportion ſteht; und müſſen wir dann das Feld, auf das wir geſtellt ſind, nicht bearbei- ten, ehe wir ſterben, wenn wir nicht als faule unnütze Knechte in der großen Wirthſchaft Gottes ange- ſehen, und vom Hausvater ausgeſtoßen werden wollen? Iſt es nicht Schande, wenn der Rechner einer öffentli- chen Caſſe bey ſeinem Tod in Rückſtand bleibt, und nicht wieder zurückläßt, was ihm anvertraut worden? Loben wir dann den Diener des Staats, den Knecht, den Ta- gelöhner, der Nahrung und Lohn begierig verſchlingt, aber ſeine Kräfte nicht nach unſerm Willen anwendet? der wie eine unnütze Laſt die Erde beſchwert, und an- dre fleißigere Arbeiter durch ſeine Trägheit hindert? Un- ſer Erlöſer bedauerte nie mit unfruchtbaren Seufzern die Flüchtigkeit unſers Lebens. Immer muß ich herumge- hen und lehren, ſagte er, keine Gelegenheit darf ich mir entgehen laſſen, denn ich werde bald ſterben. Auch um eines Q

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/247>, abgerufen am 22.11.2024.