Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Arbeitsamkeit des Erlösers.
Decke verborgen lag; aber er gieng doch hin, weil er
etwas Gutes sagen konnte, und fieng gleich nützliche Un-
terredungen an. Immer war er mit nichts anders, als
mit seinem Beruf beschäftigt, er war nicht Monarch, und
nicht Feldherr, aber in der Verborgenheit war er
groß. Sein Gesandter durfte nur sagen: Er ist um-
her gegangen, hat wohl gethan, und die Kranken
gesund gemacht,
(Apost. Gesch. 10, 38.) so kannte ihn
das ganze Land. Jch muß arbeiten, sagte er, und
hat man je etwas größeres gehört? (Johann. 9, 4. 5.)
so lang es Tag ist, es kommt die Nacht, da nie-
mand wirken kann.
Er sah also sein ganzes Leben
als einen einzigen Tag an, und erlaubte sich nie einen
Stillstand. So lang ich in der Welt bin, bin ich
das Licht der Welt.
Daher der brennende Eifer,
womit er alles that, was sein Amt ersorderte. Er
wußte, daß die blinde Nation selber eilen würde, sein
schönes wohlthätiges Leben, das einer ausströmenden
Quelle glich, zu verkürzen: daher waren ihm Minuten
kostbar, daher war er so aufmerksam auf jede Gelegen-
heit die sich zeigte, überall baute er sich seinen Lehrstuhl,
die Sorge für das Glück der Menschenwelt lag ihm am
Herzen, überall flossen Wohlthaten von ihm aus. Im-
mer war er seinem großen Beruf treu, und achtete nichts,
das ihn hätte davon abbringen können. Seine ganze
Seele hieng daran; ein eingezogenes, stilles, thätiges,
gemeinnütziges Leben, seine Pflicht, Gebet, Gott und
sein Gewissen war ihm über alles; man sah ihn selten
anders, als im Kreis des Volks. Man trug ihm überall
Kranke nach, die seine Hülfe begehrten, und er schlug sie
keinem ab. Wenn die Juden auf das Osterfest reisten,

und

Arbeitſamkeit des Erlöſers.
Decke verborgen lag; aber er gieng doch hin, weil er
etwas Gutes ſagen konnte, und fieng gleich nützliche Un-
terredungen an. Immer war er mit nichts anders, als
mit ſeinem Beruf beſchäftigt, er war nicht Monarch, und
nicht Feldherr, aber in der Verborgenheit war er
groß. Sein Geſandter durfte nur ſagen: Er iſt um-
her gegangen, hat wohl gethan, und die Kranken
geſund gemacht,
(Apoſt. Geſch. 10, 38.) ſo kannte ihn
das ganze Land. Jch muß arbeiten, ſagte er, und
hat man je etwas größeres gehört? (Johann. 9, 4. 5.)
ſo lang es Tag iſt, es kommt die Nacht, da nie-
mand wirken kann.
Er ſah alſo ſein ganzes Leben
als einen einzigen Tag an, und erlaubte ſich nie einen
Stillſtand. So lang ich in der Welt bin, bin ich
das Licht der Welt.
Daher der brennende Eifer,
womit er alles that, was ſein Amt erſorderte. Er
wußte, daß die blinde Nation ſelber eilen würde, ſein
ſchönes wohlthätiges Leben, das einer ausſtrömenden
Quelle glich, zu verkürzen: daher waren ihm Minuten
koſtbar, daher war er ſo aufmerkſam auf jede Gelegen-
heit die ſich zeigte, überall baute er ſich ſeinen Lehrſtuhl,
die Sorge für das Glück der Menſchenwelt lag ihm am
Herzen, überall floſſen Wohlthaten von ihm aus. Im-
mer war er ſeinem großen Beruf treu, und achtete nichts,
das ihn hätte davon abbringen können. Seine ganze
Seele hieng daran; ein eingezogenes, ſtilles, thätiges,
gemeinnütziges Leben, ſeine Pflicht, Gebet, Gott und
ſein Gewiſſen war ihm über alles; man ſah ihn ſelten
anders, als im Kreis des Volks. Man trug ihm überall
Kranke nach, die ſeine Hülfe begehrten, und er ſchlug ſie
keinem ab. Wenn die Juden auf das Oſterfeſt reiſten,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0234" n="228"/><fw place="top" type="header">Arbeit&#x017F;amkeit des Erlö&#x017F;ers.</fw><lb/>
Decke verborgen lag; aber er gieng doch hin, weil er<lb/>
etwas Gutes &#x017F;agen konnte, und fieng gleich nützliche Un-<lb/>
terredungen an. Immer war er mit nichts anders, als<lb/>
mit &#x017F;einem Beruf be&#x017F;chäftigt, er war nicht Monarch, und<lb/>
nicht Feldherr, aber in der Verborgenheit war er<lb/>
groß. Sein Ge&#x017F;andter durfte nur &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">Er i&#x017F;t um-<lb/>
her gegangen, hat wohl gethan, und die Kranken<lb/>
ge&#x017F;und gemacht,</hi> (Apo&#x017F;t. Ge&#x017F;ch. 10, 38.) &#x017F;o kannte ihn<lb/>
das ganze Land. <hi rendition="#fr">Jch muß arbeiten,</hi> &#x017F;agte er, und<lb/>
hat man je etwas größeres gehört? (Johann. 9, 4. 5.)<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;o lang es Tag i&#x017F;t, es kommt die Nacht, da nie-<lb/>
mand wirken kann.</hi> Er &#x017F;ah al&#x017F;o &#x017F;ein ganzes Leben<lb/>
als einen einzigen Tag an, und erlaubte &#x017F;ich nie einen<lb/>
Still&#x017F;tand. <hi rendition="#fr">So lang ich in der Welt bin, bin ich<lb/>
das Licht der Welt.</hi> Daher der brennende Eifer,<lb/>
womit er alles that, was &#x017F;ein Amt er&#x017F;orderte. Er<lb/>
wußte, daß die blinde Nation &#x017F;elber eilen würde, &#x017F;ein<lb/>
&#x017F;chönes wohlthätiges Leben, das einer aus&#x017F;trömenden<lb/>
Quelle glich, zu verkürzen: daher waren ihm Minuten<lb/>
ko&#x017F;tbar, daher war er &#x017F;o aufmerk&#x017F;am auf jede Gelegen-<lb/>
heit die &#x017F;ich zeigte, überall baute er &#x017F;ich &#x017F;einen Lehr&#x017F;tuhl,<lb/>
die Sorge für das Glück der Men&#x017F;chenwelt lag ihm am<lb/>
Herzen, überall flo&#x017F;&#x017F;en Wohlthaten von ihm aus. Im-<lb/>
mer war er &#x017F;einem großen Beruf treu, und achtete nichts,<lb/>
das ihn hätte davon abbringen können. Seine ganze<lb/>
Seele hieng daran; ein eingezogenes, &#x017F;tilles, thätiges,<lb/>
gemeinnütziges Leben, &#x017F;eine Pflicht, Gebet, Gott und<lb/>
&#x017F;ein Gewi&#x017F;&#x017F;en war ihm über alles; man &#x017F;ah ihn &#x017F;elten<lb/>
anders, als im Kreis des Volks. Man trug ihm überall<lb/>
Kranke nach, die &#x017F;eine Hülfe begehrten, und er &#x017F;chlug &#x017F;ie<lb/>
keinem ab. Wenn die Juden auf das O&#x017F;terfe&#x017F;t rei&#x017F;ten,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0234] Arbeitſamkeit des Erlöſers. Decke verborgen lag; aber er gieng doch hin, weil er etwas Gutes ſagen konnte, und fieng gleich nützliche Un- terredungen an. Immer war er mit nichts anders, als mit ſeinem Beruf beſchäftigt, er war nicht Monarch, und nicht Feldherr, aber in der Verborgenheit war er groß. Sein Geſandter durfte nur ſagen: Er iſt um- her gegangen, hat wohl gethan, und die Kranken geſund gemacht, (Apoſt. Geſch. 10, 38.) ſo kannte ihn das ganze Land. Jch muß arbeiten, ſagte er, und hat man je etwas größeres gehört? (Johann. 9, 4. 5.) ſo lang es Tag iſt, es kommt die Nacht, da nie- mand wirken kann. Er ſah alſo ſein ganzes Leben als einen einzigen Tag an, und erlaubte ſich nie einen Stillſtand. So lang ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. Daher der brennende Eifer, womit er alles that, was ſein Amt erſorderte. Er wußte, daß die blinde Nation ſelber eilen würde, ſein ſchönes wohlthätiges Leben, das einer ausſtrömenden Quelle glich, zu verkürzen: daher waren ihm Minuten koſtbar, daher war er ſo aufmerkſam auf jede Gelegen- heit die ſich zeigte, überall baute er ſich ſeinen Lehrſtuhl, die Sorge für das Glück der Menſchenwelt lag ihm am Herzen, überall floſſen Wohlthaten von ihm aus. Im- mer war er ſeinem großen Beruf treu, und achtete nichts, das ihn hätte davon abbringen können. Seine ganze Seele hieng daran; ein eingezogenes, ſtilles, thätiges, gemeinnütziges Leben, ſeine Pflicht, Gebet, Gott und ſein Gewiſſen war ihm über alles; man ſah ihn ſelten anders, als im Kreis des Volks. Man trug ihm überall Kranke nach, die ſeine Hülfe begehrten, und er ſchlug ſie keinem ab. Wenn die Juden auf das Oſterfeſt reiſten, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/234
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/234>, abgerufen am 25.11.2024.