Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.Vom äußerlichen Gottesdienst. terrichtet von unserm wahren Endzweck, von unsrer Be-stimmung für die Ewigkeit, erinnert an unsre Hoffnun- gen und Erwartungen, entfernt von irrdischen Angele- genheiten und Hinderungen, losgesprochen von der müh- seligen Arbeit für die zeitlichen Bedürfnisse, durch Liebe, durch Einen Gott und Vater, durch Einen Erlöser, durch einerley Mittel mit allen Brüdern auf der ganzen Welt, und selbst mit denen, die schon vor dem Herrn stehen, mit tausendmal tausend Gerechten verbunden und verschwistert, da laßt uns so recht unser Daseyn, unsre Menschheit, unsre Christenwürde genießen! Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses, und den Ort, wo deine Ehre wohnet. (Psalm. 26, 8.) Ein Tag in deinen Vorhöfen ist, wie ein Tag im Himmel! Da können wir alle, wie der sterbende Stephanus unter dem Regen von Steinen, die seiner aufwallenden Seele Frey- heit verschaffen mußten, die Wohnungen Gottes geöff- net, und Jesum Christum zu seiner Rechten stehen se- hen *)! Fordert aber nur nicht, daß die Lehrer immer nicht *) Alle Christen, auch Gelehrte und vornehme Leute, die sich des Evangeliums von Jesu Christo nicht schämen, sind darin einig, daß sie die Kraft und den Segen eines mit Erbauung zugebrachten Sonntags durch die ganze Woche in ihren Geschäften spüren. Die Seele sammlet sich nach einem achttägigen Kreis von Arbeiten und Zerstreuungen, und erhebt sich zu ihrem Ursprung. Aus des sel. Gel- lerts Leben ist bekannt, daß er den Gottesdienst nie ver- säumt, auch am Sonntag, das erlaubte ihm sein Gewis- sen nicht, nicht einmal Briefe geschrieben hat. Der große Haller schrieb seine Vriefe für die Religion am Sonn- tag zur Belehrung eines Freundes, der mit allerley Zwei- seln O 5
Vom äußerlichen Gottesdienſt. terrichtet von unſerm wahren Endzweck, von unſrer Be-ſtimmung für die Ewigkeit, erinnert an unſre Hoffnun- gen und Erwartungen, entfernt von irrdiſchen Angele- genheiten und Hinderungen, losgeſprochen von der müh- ſeligen Arbeit für die zeitlichen Bedürfniſſe, durch Liebe, durch Einen Gott und Vater, durch Einen Erlöſer, durch einerley Mittel mit allen Brüdern auf der ganzen Welt, und ſelbſt mit denen, die ſchon vor dem Herrn ſtehen, mit tauſendmal tauſend Gerechten verbunden und verſchwiſtert, da laßt uns ſo recht unſer Daſeyn, unſre Menſchheit, unſre Chriſtenwürde genießen! Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauſes, und den Ort, wo deine Ehre wohnet. (Pſalm. 26, 8.) Ein Tag in deinen Vorhöfen iſt, wie ein Tag im Himmel! Da können wir alle, wie der ſterbende Stephanus unter dem Regen von Steinen, die ſeiner aufwallenden Seele Frey- heit verſchaffen mußten, die Wohnungen Gottes geöff- net, und Jeſum Chriſtum zu ſeiner Rechten ſtehen ſe- hen *)! Fordert aber nur nicht, daß die Lehrer immer nicht *) Alle Chriſten, auch Gelehrte und vornehme Leute, die ſich des Evangeliums von Jeſu Chriſto nicht ſchämen, ſind darin einig, daß ſie die Kraft und den Segen eines mit Erbauung zugebrachten Sonntags durch die ganze Woche in ihren Geſchäften ſpüren. Die Seele ſammlet ſich nach einem achttägigen Kreis von Arbeiten und Zerſtreuungen, und erhebt ſich zu ihrem Urſprung. Aus des ſel. Gel- lerts Leben iſt bekannt, daß er den Gottesdienſt nie ver- ſäumt, auch am Sonntag, das erlaubte ihm ſein Gewiſ- ſen nicht, nicht einmal Briefe geſchrieben hat. Der große Haller ſchrieb ſeine Vriefe für die Religion am Sonn- tag zur Belehrung eines Freundes, der mit allerley Zwei- ſeln O 5
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Vom äußerlichen Gottesdienſt.
terrichtet von unſerm wahren Endzweck, von unſrer Be-
ſtimmung für die Ewigkeit, erinnert an unſre Hoffnun-
gen und Erwartungen, entfernt von irrdiſchen Angele-
genheiten und Hinderungen, losgeſprochen von der müh-
ſeligen Arbeit für die zeitlichen Bedürfniſſe, durch Liebe,
durch Einen Gott und Vater, durch Einen Erlöſer,
durch einerley Mittel mit allen Brüdern auf der ganzen
Welt, und ſelbſt mit denen, die ſchon vor dem Herrn
ſtehen, mit tauſendmal tauſend Gerechten verbunden und
verſchwiſtert, da laßt uns ſo recht unſer Daſeyn, unſre
Menſchheit, unſre Chriſtenwürde genießen! Herr, ich
habe lieb die Stätte deines Hauſes, und den Ort,
wo deine Ehre wohnet. (Pſalm. 26, 8.) Ein Tag
in deinen Vorhöfen iſt, wie ein Tag im Himmel! Da
können wir alle, wie der ſterbende Stephanus unter dem
Regen von Steinen, die ſeiner aufwallenden Seele Frey-
heit verſchaffen mußten, die Wohnungen Gottes geöff-
net, und Jeſum Chriſtum zu ſeiner Rechten ſtehen ſe-
hen *)! Fordert aber nur nicht, daß die Lehrer immer
nicht
*) Alle Chriſten, auch Gelehrte und vornehme Leute, die ſich
des Evangeliums von Jeſu Chriſto nicht ſchämen, ſind
darin einig, daß ſie die Kraft und den Segen eines mit
Erbauung zugebrachten Sonntags durch die ganze Woche
in ihren Geſchäften ſpüren. Die Seele ſammlet ſich nach
einem achttägigen Kreis von Arbeiten und Zerſtreuungen,
und erhebt ſich zu ihrem Urſprung. Aus des ſel. Gel-
lerts Leben iſt bekannt, daß er den Gottesdienſt nie ver-
ſäumt, auch am Sonntag, das erlaubte ihm ſein Gewiſ-
ſen nicht, nicht einmal Briefe geſchrieben hat. Der große
Haller ſchrieb ſeine Vriefe für die Religion am Sonn-
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ſeln
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