Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
Unterredungen mit Gott.

Laß mein Leben eine beständige Uebung stiller Tu-
gend seyn. Laß es ohne Prunk und Geräusch dahin
fließen, aber nicht ohne Nutzen für andre. Leite mich,
Vater! zu allem Guten, und kröne durch liebreiche Un-
terstützung von andern meinen jugendlichen Eiser. O
um ein heitres Leben, um ein bewahrtes Gewissen in den
Jünglingsjahren, um männliche feste Tugend, um Weis-
heit und Mäßigung, um Ergebung und Unterwerfung,
um häusliche Glückseligkeit, um Zufriedenheit und Ge-
nügsamkeit, um Selbsterkenntniß und Selbstbeschäfti-
gung, um Gelassenheit und Seelenruhe fleht dich dein
Geschöpf. Und diese Bitte misfällt dir doch gewiß
nicht -- Liebevoller Gott!

Du verstehst meine Gedanken und meine Thränen
von ferne. Ach! so halte mich dann überall an deiner
Hand. Laß mein ganzes Herz dein seyn, und laß mich
überall mit Dank und Ruhe an deine Fürsorge denken.

Segne mich, Gott! mit dem besseren Glück deiner
Lieebhaber. Jch bitte dich nicht um Ehre und Ruhm un-
ter den Menschen. Aber einen Platz in der Reihe der
Weisen und Guten versag mir nicht.

Erhebe meine Andacht über den Lärm der Welt.
Stärke meine Augen, daß sie über die durch Sünden
und Laster entstellte Schöpfung in die seligern Gefilde
deines unermeßlichen Geisterstaates hinaussehen. Laß
mein Herz im Umgang mit dir ruhig werden, wie die
schweigende Blume im Thal, wie der Mond auf seinem
blauen Pfad.

Wenn neben mir der Eigennutz, wie ein Wolf, an
fremdem Gut nagt, so laß mir ein gutes Gewissen mehr
werth seyn, als Gold und Silber.

Meine
A 5
Unterredungen mit Gott.

Laß mein Leben eine beſtändige Uebung ſtiller Tu-
gend ſeyn. Laß es ohne Prunk und Geräuſch dahin
fließen, aber nicht ohne Nutzen für andre. Leite mich,
Vater! zu allem Guten, und kröne durch liebreiche Un-
terſtützung von andern meinen jugendlichen Eiſer. O
um ein heitres Leben, um ein bewahrtes Gewiſſen in den
Jünglingsjahren, um männliche feſte Tugend, um Weis-
heit und Mäßigung, um Ergebung und Unterwerfung,
um häusliche Glückſeligkeit, um Zufriedenheit und Ge-
nügſamkeit, um Selbſterkenntniß und Selbſtbeſchäfti-
gung, um Gelaſſenheit und Seelenruhe fleht dich dein
Geſchöpf. Und dieſe Bitte misfällt dir doch gewiß
nicht — Liebevoller Gott!

Du verſtehſt meine Gedanken und meine Thränen
von ferne. Ach! ſo halte mich dann überall an deiner
Hand. Laß mein ganzes Herz dein ſeyn, und laß mich
überall mit Dank und Ruhe an deine Fürſorge denken.

Segne mich, Gott! mit dem beſſeren Glück deiner
Lieebhaber. Jch bitte dich nicht um Ehre und Ruhm un-
ter den Menſchen. Aber einen Platz in der Reihe der
Weiſen und Guten verſag mir nicht.

Erhebe meine Andacht über den Lärm der Welt.
Stärke meine Augen, daß ſie über die durch Sünden
und Laſter entſtellte Schöpfung in die ſeligern Gefilde
deines unermeßlichen Geiſterſtaates hinausſehen. Laß
mein Herz im Umgang mit dir ruhig werden, wie die
ſchweigende Blume im Thal, wie der Mond auf ſeinem
blauen Pfad.

Wenn neben mir der Eigennutz, wie ein Wolf, an
fremdem Gut nagt, ſo laß mir ein gutes Gewiſſen mehr
werth ſeyn, als Gold und Silber.

Meine
A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0015" n="9"/>
        <fw place="top" type="header">Unterredungen mit Gott.</fw><lb/>
        <p>Laß mein Leben eine be&#x017F;tändige Uebung &#x017F;tiller Tu-<lb/>
gend &#x017F;eyn. Laß es ohne Prunk und Geräu&#x017F;ch dahin<lb/>
fließen, aber nicht ohne Nutzen für andre. Leite mich,<lb/>
Vater! zu allem Guten, und kröne durch liebreiche Un-<lb/>
ter&#x017F;tützung von andern meinen jugendlichen Ei&#x017F;er. O<lb/>
um ein heitres Leben, um ein bewahrtes Gewi&#x017F;&#x017F;en in den<lb/>
Jünglingsjahren, um männliche fe&#x017F;te Tugend, um Weis-<lb/>
heit und Mäßigung, um Ergebung und Unterwerfung,<lb/>
um häusliche Glück&#x017F;eligkeit, um Zufriedenheit und Ge-<lb/>
nüg&#x017F;amkeit, um Selb&#x017F;terkenntniß und Selb&#x017F;tbe&#x017F;chäfti-<lb/>
gung, um Gela&#x017F;&#x017F;enheit und Seelenruhe fleht dich dein<lb/>
Ge&#x017F;chöpf. Und die&#x017F;e Bitte misfällt dir doch gewiß<lb/>
nicht &#x2014; Liebevoller Gott!</p><lb/>
        <p>Du ver&#x017F;teh&#x017F;t meine Gedanken und meine Thränen<lb/>
von ferne. Ach! &#x017F;o halte mich dann überall an deiner<lb/>
Hand. Laß mein ganzes Herz dein &#x017F;eyn, und laß mich<lb/>
überall mit Dank und Ruhe an deine Für&#x017F;orge denken.</p><lb/>
        <p>Segne mich, Gott! mit dem be&#x017F;&#x017F;eren Glück deiner<lb/>
Lieebhaber. Jch bitte dich nicht um Ehre und Ruhm un-<lb/>
ter den Men&#x017F;chen. Aber einen Platz in der Reihe der<lb/>
Wei&#x017F;en und Guten ver&#x017F;ag mir nicht.</p><lb/>
        <p>Erhebe meine Andacht über den Lärm der Welt.<lb/>
Stärke meine Augen, daß &#x017F;ie über die durch Sünden<lb/>
und La&#x017F;ter ent&#x017F;tellte Schöpfung in die &#x017F;eligern Gefilde<lb/>
deines unermeßlichen Gei&#x017F;ter&#x017F;taates hinaus&#x017F;ehen. Laß<lb/>
mein Herz im Umgang mit dir ruhig werden, wie die<lb/>
&#x017F;chweigende Blume im Thal, wie der Mond auf &#x017F;einem<lb/>
blauen Pfad.</p><lb/>
        <p>Wenn neben mir der Eigennutz, wie ein Wolf, an<lb/>
fremdem Gut nagt, &#x017F;o laß mir ein gutes Gewi&#x017F;&#x017F;en mehr<lb/>
werth &#x017F;eyn, als Gold und Silber.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Meine</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0015] Unterredungen mit Gott. Laß mein Leben eine beſtändige Uebung ſtiller Tu- gend ſeyn. Laß es ohne Prunk und Geräuſch dahin fließen, aber nicht ohne Nutzen für andre. Leite mich, Vater! zu allem Guten, und kröne durch liebreiche Un- terſtützung von andern meinen jugendlichen Eiſer. O um ein heitres Leben, um ein bewahrtes Gewiſſen in den Jünglingsjahren, um männliche feſte Tugend, um Weis- heit und Mäßigung, um Ergebung und Unterwerfung, um häusliche Glückſeligkeit, um Zufriedenheit und Ge- nügſamkeit, um Selbſterkenntniß und Selbſtbeſchäfti- gung, um Gelaſſenheit und Seelenruhe fleht dich dein Geſchöpf. Und dieſe Bitte misfällt dir doch gewiß nicht — Liebevoller Gott! Du verſtehſt meine Gedanken und meine Thränen von ferne. Ach! ſo halte mich dann überall an deiner Hand. Laß mein ganzes Herz dein ſeyn, und laß mich überall mit Dank und Ruhe an deine Fürſorge denken. Segne mich, Gott! mit dem beſſeren Glück deiner Lieebhaber. Jch bitte dich nicht um Ehre und Ruhm un- ter den Menſchen. Aber einen Platz in der Reihe der Weiſen und Guten verſag mir nicht. Erhebe meine Andacht über den Lärm der Welt. Stärke meine Augen, daß ſie über die durch Sünden und Laſter entſtellte Schöpfung in die ſeligern Gefilde deines unermeßlichen Geiſterſtaates hinausſehen. Laß mein Herz im Umgang mit dir ruhig werden, wie die ſchweigende Blume im Thal, wie der Mond auf ſeinem blauen Pfad. Wenn neben mir der Eigennutz, wie ein Wolf, an fremdem Gut nagt, ſo laß mir ein gutes Gewiſſen mehr werth ſeyn, als Gold und Silber. Meine A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/15
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/15>, abgerufen am 18.12.2024.