zusammengesetzt, und mit 60000. Gulden bezahlet wurde; in eben dem Zimmer, wo dieser Tisch steht, hängen von Teniers sehr schöne Stücke, z. B. gar kostbar ist die Unterredung Christi mit dem Pharisäer wegen des Schwersten im Gesetz. Der Ketzermacher blättert mit einer redenden Begierde, und mit sichtbarer Geschäftig- keit in der Thora, um eine Antwort auf Christi In- stanz zu finden. Man sieht ihm den Eifer, den hei- ligen Ernst, den orthodoxen Unwillen über die Neuerun- gen an. Ein Stück, woran Teniers und Rubens ge- arbeitet haben. Auch das Gesicht von Teniers Frau. Kaminsteine, die in Paris gar prächtig gearbeitet sind. In einem Gange hängen zehn Gemälde von Maitres- sen. Darneben eine Landschaft von Lucas von Uden, die unvergleichlich gemahlt ist.
Der Garten allein erfordert etliche Stunden. Durch eine von Marmor aufgesetzte Kaskade ist er geschlossen.
Im Schwezinger Garten ist mehr Geschmack, mehr Abwechslung und Mannichfaltigkeit. Die ewigen geradegeschnittenen Alleen, die so unnatürlich, so steif und kalt da stehen! Am Wasser stehen viele Bildsäulen, und Figuren, alle von Blei und mit Dukatengold vergol- det. Unter den Statuen, die in den Spaziergängen ste- hen, sind einige alt und aus Rom, andere sind von Holz, sie sollen aber alle aus Marmor aufgestellt werden. Im Garten selber sind wieder vier kleine Schlösser: 1) Eine Eremitage, und darin eine Grotte, ein simpler Altar, und eine kleine Bibliothek; ein alter Invalid hat die Aufsicht darüber. Das Beste hier ist eine herrliche Magdale- na von M. A. Buonarotti. 2) Pagodenburg, wo inwendig alle Wände mit blau und weissen porzella-
nenen
zuſammengeſetzt, und mit 60000. Gulden bezahlet wurde; in eben dem Zimmer, wo dieſer Tiſch ſteht, haͤngen von Teniers ſehr ſchoͤne Stuͤcke, z. B. gar koſtbar iſt die Unterredung Chriſti mit dem Phariſaͤer wegen des Schwerſten im Geſetz. Der Ketzermacher blaͤttert mit einer redenden Begierde, und mit ſichtbarer Geſchaͤftig- keit in der Thora, um eine Antwort auf Chriſti In- ſtanz zu finden. Man ſieht ihm den Eifer, den hei- ligen Ernſt, den orthodoxen Unwillen uͤber die Neuerun- gen an. Ein Stuͤck, woran Teniers und Rubens ge- arbeitet haben. Auch das Geſicht von Teniers Frau. Kaminſteine, die in Paris gar praͤchtig gearbeitet ſind. In einem Gange haͤngen zehn Gemaͤlde von Maitreſ- ſen. Darneben eine Landſchaft von Lucas von Uden, die unvergleichlich gemahlt iſt.
Der Garten allein erfordert etliche Stunden. Durch eine von Marmor aufgeſetzte Kaskade iſt er geſchloſſen.
Im Schwezinger Garten iſt mehr Geſchmack, mehr Abwechslung und Mannichfaltigkeit. Die ewigen geradegeſchnittenen Alleen, die ſo unnatuͤrlich, ſo ſteif und kalt da ſtehen! Am Waſſer ſtehen viele Bildſaͤulen, und Figuren, alle von Blei und mit Dukatengold vergol- det. Unter den Statuen, die in den Spaziergaͤngen ſte- hen, ſind einige alt und aus Rom, andere ſind von Holz, ſie ſollen aber alle aus Marmor aufgeſtellt werden. Im Garten ſelber ſind wieder vier kleine Schloͤſſer: 1) Eine Eremitage, und darin eine Grotte, ein ſimpler Altar, und eine kleine Bibliothek; ein alter Invalid hat die Aufſicht daruͤber. Das Beſte hier iſt eine herrliche Magdale- na von M. A. Buonarotti. 2) Pagodenburg, wo inwendig alle Waͤnde mit blau und weiſſen porzella-
nenen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="3"><p><pbfacs="#f0083"n="45"/>
zuſammengeſetzt, und mit 60000. Gulden bezahlet wurde;<lb/>
in eben dem Zimmer, wo dieſer Tiſch ſteht, haͤngen von<lb/><hirendition="#fr">Teniers</hi>ſehr ſchoͤne Stuͤcke, z. B. gar koſtbar iſt die<lb/>
Unterredung <hirendition="#fr">Chriſti</hi> mit dem <hirendition="#fr">Phariſaͤer</hi> wegen des<lb/>
Schwerſten im Geſetz. Der Ketzermacher blaͤttert mit<lb/>
einer redenden Begierde, und mit ſichtbarer Geſchaͤftig-<lb/>
keit in der Thora, um eine Antwort auf <hirendition="#fr">Chriſti</hi> In-<lb/>ſtanz zu finden. Man ſieht ihm den Eifer, den hei-<lb/>
ligen Ernſt, den orthodoxen Unwillen uͤber die Neuerun-<lb/>
gen an. Ein Stuͤck, woran <hirendition="#fr">Teniers</hi> und <hirendition="#fr">Rubens</hi> ge-<lb/>
arbeitet haben. Auch das Geſicht von <hirendition="#fr">Teniers</hi> Frau.<lb/><hirendition="#fr">Kaminſteine,</hi> die in <hirendition="#fr">Paris</hi> gar praͤchtig gearbeitet ſind.<lb/>
In einem Gange haͤngen zehn Gemaͤlde von <hirendition="#fr">Maitreſ-<lb/>ſen.</hi> Darneben eine Landſchaft von <hirendition="#fr">Lucas von Uden,</hi><lb/>
die unvergleichlich gemahlt iſt.</p><lb/><p>Der <hirendition="#fr">Garten</hi> allein erfordert etliche Stunden. Durch<lb/>
eine von Marmor aufgeſetzte Kaskade iſt er geſchloſſen.</p><lb/><p>Im <hirendition="#fr">Schwezinger</hi> Garten iſt mehr Geſchmack,<lb/>
mehr Abwechslung und Mannichfaltigkeit. Die ewigen<lb/>
geradegeſchnittenen Alleen, die ſo unnatuͤrlich, ſo ſteif<lb/>
und kalt da ſtehen! Am Waſſer ſtehen viele Bildſaͤulen,<lb/>
und Figuren, alle von Blei und mit Dukatengold vergol-<lb/>
det. Unter den Statuen, die in den Spaziergaͤngen ſte-<lb/>
hen, ſind einige alt und aus <hirendition="#fr">Rom,</hi> andere ſind von Holz,<lb/>ſie ſollen aber alle aus Marmor aufgeſtellt werden. Im<lb/>
Garten ſelber ſind wieder vier kleine Schloͤſſer: 1) Eine<lb/><hirendition="#fr">Eremitage,</hi> und darin eine Grotte, ein ſimpler Altar, und<lb/>
eine kleine Bibliothek; ein alter Invalid hat die Aufſicht<lb/>
daruͤber. Das Beſte hier iſt eine herrliche <hirendition="#fr">Magdale-<lb/>
na</hi> von <hirendition="#fr">M. A. Buonarotti. 2) Pagodenburg,</hi><lb/>
wo inwendig alle Waͤnde mit blau und weiſſen porzella-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nenen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[45/0083]
zuſammengeſetzt, und mit 60000. Gulden bezahlet wurde;
in eben dem Zimmer, wo dieſer Tiſch ſteht, haͤngen von
Teniers ſehr ſchoͤne Stuͤcke, z. B. gar koſtbar iſt die
Unterredung Chriſti mit dem Phariſaͤer wegen des
Schwerſten im Geſetz. Der Ketzermacher blaͤttert mit
einer redenden Begierde, und mit ſichtbarer Geſchaͤftig-
keit in der Thora, um eine Antwort auf Chriſti In-
ſtanz zu finden. Man ſieht ihm den Eifer, den hei-
ligen Ernſt, den orthodoxen Unwillen uͤber die Neuerun-
gen an. Ein Stuͤck, woran Teniers und Rubens ge-
arbeitet haben. Auch das Geſicht von Teniers Frau.
Kaminſteine, die in Paris gar praͤchtig gearbeitet ſind.
In einem Gange haͤngen zehn Gemaͤlde von Maitreſ-
ſen. Darneben eine Landſchaft von Lucas von Uden,
die unvergleichlich gemahlt iſt.
Der Garten allein erfordert etliche Stunden. Durch
eine von Marmor aufgeſetzte Kaskade iſt er geſchloſſen.
Im Schwezinger Garten iſt mehr Geſchmack,
mehr Abwechslung und Mannichfaltigkeit. Die ewigen
geradegeſchnittenen Alleen, die ſo unnatuͤrlich, ſo ſteif
und kalt da ſtehen! Am Waſſer ſtehen viele Bildſaͤulen,
und Figuren, alle von Blei und mit Dukatengold vergol-
det. Unter den Statuen, die in den Spaziergaͤngen ſte-
hen, ſind einige alt und aus Rom, andere ſind von Holz,
ſie ſollen aber alle aus Marmor aufgeſtellt werden. Im
Garten ſelber ſind wieder vier kleine Schloͤſſer: 1) Eine
Eremitage, und darin eine Grotte, ein ſimpler Altar, und
eine kleine Bibliothek; ein alter Invalid hat die Aufſicht
daruͤber. Das Beſte hier iſt eine herrliche Magdale-
na von M. A. Buonarotti. 2) Pagodenburg,
wo inwendig alle Waͤnde mit blau und weiſſen porzella-
nenen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/83>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.