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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Alltagsmäntel, 2. Sonntagsmäntel, und hernach noch
rothe scharlachne Wintermäntel haben *).

Hr. Algöwer aß noch zu Nacht mit mir, nach dem
ermüdenden Laufen.

Bemerkungen.

Ich hatte heute manche Gelegenheit über den Ka-
rakter der Nation
allerlei Bemerkungen zu machen.
Die Italiäner lieben zu sehr das Buntscheckigte, Lebhaf-
te, Gemischte, recht stark in die Augen fallende, z. B.
in der Kleidung. Sie tragen oft rothe Strümpfe,
schwarze Hosen, weisse Weste, gelben Rock, und noch
viel bizarrere Zusammensetzungen.

Dabei ist die Nation äusserst faul. Die gesundesten
und stärksten Männer und Weiber betteln, und gibt man ih-
nen nicht genug, so schimpfen sie oft noch. Denn die Frei-
heit, die sich die Leute herausnehmen, ist unglaublich.
Ein Nobile wollte einen Bettler in sein Haus nehmen,
ihm alle Tage nebst dem Essen und Trinken zwei Pfund
geben, nur sollte er täglich für ihn so viel Ave Maria etc.
beten, der Bettler nahms aber nicht an, er rechnete
nach, und fand, daß er beim Betteln besser stünde.

Der Venetianer ißt um 2. Uhr, dann hält er
seine Mittagsruhe bis 5. Uhr, wenns kühle wird. Dann

trinkt
*) Auch die kleinsten Buben hier müssen schon Mäntel
tragen, an denen sie der Wind oft aufheben könnte.
Viele Nobili versetzen hier, sobald der Sommer
kommt, ihre Winterkleider. Daher entstehen, wenn
oft noch späte Kälte eintritt, viele Krankheiten, die
Leute können sich nicht warm anziehen.
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Alltagsmaͤntel, 2. Sonntagsmaͤntel, und hernach noch
rothe ſcharlachne Wintermaͤntel haben *).

Hr. Algoͤwer aß noch zu Nacht mit mir, nach dem
ermuͤdenden Laufen.

Bemerkungen.

Ich hatte heute manche Gelegenheit uͤber den Ka-
rakter der Nation
allerlei Bemerkungen zu machen.
Die Italiaͤner lieben zu ſehr das Buntſcheckigte, Lebhaf-
te, Gemiſchte, recht ſtark in die Augen fallende, z. B.
in der Kleidung. Sie tragen oft rothe Struͤmpfe,
ſchwarze Hoſen, weiſſe Weſte, gelben Rock, und noch
viel bizarrere Zuſammenſetzungen.

Dabei iſt die Nation aͤuſſerſt faul. Die geſundeſten
und ſtaͤrkſten Maͤnner und Weiber betteln, und gibt man ih-
nen nicht genug, ſo ſchimpfen ſie oft noch. Denn die Frei-
heit, die ſich die Leute herausnehmen, iſt unglaublich.
Ein Nobile wollte einen Bettler in ſein Haus nehmen,
ihm alle Tage nebſt dem Eſſen und Trinken zwei Pfund
geben, nur ſollte er taͤglich fuͤr ihn ſo viel Ave Maria ꝛc.
beten, der Bettler nahms aber nicht an, er rechnete
nach, und fand, daß er beim Betteln beſſer ſtuͤnde.

Der Venetianer ißt um 2. Uhr, dann haͤlt er
ſeine Mittagsruhe bis 5. Uhr, wenns kuͤhle wird. Dann

trinkt
*) Auch die kleinſten Buben hier muͤſſen ſchon Maͤntel
tragen, an denen ſie der Wind oft aufheben koͤnnte.
Viele Nobili verſetzen hier, ſobald der Sommer
kommt, ihre Winterkleider. Daher entſtehen, wenn
oft noch ſpaͤte Kaͤlte eintritt, viele Krankheiten, die
Leute koͤnnen ſich nicht warm anziehen.
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[631/0669] Alltagsmaͤntel, 2. Sonntagsmaͤntel, und hernach noch rothe ſcharlachne Wintermaͤntel haben *). Hr. Algoͤwer aß noch zu Nacht mit mir, nach dem ermuͤdenden Laufen. Bemerkungen. Ich hatte heute manche Gelegenheit uͤber den Ka- rakter der Nation allerlei Bemerkungen zu machen. Die Italiaͤner lieben zu ſehr das Buntſcheckigte, Lebhaf- te, Gemiſchte, recht ſtark in die Augen fallende, z. B. in der Kleidung. Sie tragen oft rothe Struͤmpfe, ſchwarze Hoſen, weiſſe Weſte, gelben Rock, und noch viel bizarrere Zuſammenſetzungen. Dabei iſt die Nation aͤuſſerſt faul. Die geſundeſten und ſtaͤrkſten Maͤnner und Weiber betteln, und gibt man ih- nen nicht genug, ſo ſchimpfen ſie oft noch. Denn die Frei- heit, die ſich die Leute herausnehmen, iſt unglaublich. Ein Nobile wollte einen Bettler in ſein Haus nehmen, ihm alle Tage nebſt dem Eſſen und Trinken zwei Pfund geben, nur ſollte er taͤglich fuͤr ihn ſo viel Ave Maria ꝛc. beten, der Bettler nahms aber nicht an, er rechnete nach, und fand, daß er beim Betteln beſſer ſtuͤnde. Der Venetianer ißt um 2. Uhr, dann haͤlt er ſeine Mittagsruhe bis 5. Uhr, wenns kuͤhle wird. Dann trinkt *) Auch die kleinſten Buben hier muͤſſen ſchon Maͤntel tragen, an denen ſie der Wind oft aufheben koͤnnte. Viele Nobili verſetzen hier, ſobald der Sommer kommt, ihre Winterkleider. Daher entſtehen, wenn oft noch ſpaͤte Kaͤlte eintritt, viele Krankheiten, die Leute koͤnnen ſich nicht warm anziehen. R r 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/669>, abgerufen am 23.11.2024.