selber konnten so viele Leute nicht gehen, aber der Vorle- ser stand am Fenster, und der untere Platz, auf dem wohl zweitausend stehen konnten, war ganz mit Menschen bedeckt. Man hat jetzt, wie man mir sagt, im Zimmer selber einige Aenderung vorgenommen.
Hr. Kupferstecher Kilian hat in seinem Hause viele Naturalien, Kupferstiche, elfenbeinerne Waaren, und andre Seltenheiten der Kunst aufgestellt. Ich hatte nicht Zeit genug, alles zu beschauen, aber ich sah auch in einer Stunde viel schönes, und seine Güte beschenkte mich mit einem schönen Oculus Cati, und mit der Frucht vom Pinus Cembra L. oder Zirbelnuß, die das Wappen der Stadt ist. Ich sah bei ihm Goldschlick aus Benzenzimmern in Tyrol; einen Ammoniten, dessen Gelenke auseinander fallen; einen versteinerten Elephanten Backenzahn; eben die Zirbelnüsse, die man jetzt aus Tyrol bekommen muß, denn um die Stadt herum sind nur noch wenige Bäume; Goldstuffen aus Siebenbürgen; Echiniten in bayerischen Eisengru- ben; einen Chalcedonier, darin eine sehr natürliche braune Silhouette von einem Mönchskopfe war, ohne Zweifel einer aus der neuen Fabrike in England,*) wo alle Steine nachgemacht werden. Der Besitzer hatte ihn auch von einem Engländer gekauft. In Ulm er- zählte man mir auch von einem Saphir oder Smaragd, worin ein Papillon eingeschlossen seyn soll. Ferner hat Hr. Kilian unter vielen andern Kunststücken ein Glas, eine Bouteille mit einem Halse und einem breiten niedri-
gen
*) Die bekannte Fabrik von Wedgwood and Bentley in Engelland. Herausgeber.
ſelber konnten ſo viele Leute nicht gehen, aber der Vorle- ſer ſtand am Fenſter, und der untere Platz, auf dem wohl zweitauſend ſtehen konnten, war ganz mit Menſchen bedeckt. Man hat jetzt, wie man mir ſagt, im Zimmer ſelber einige Aenderung vorgenommen.
Hr. Kupferſtecher Kilian hat in ſeinem Hauſe viele Naturalien, Kupferſtiche, elfenbeinerne Waaren, und andre Seltenheiten der Kunſt aufgeſtellt. Ich hatte nicht Zeit genug, alles zu beſchauen, aber ich ſah auch in einer Stunde viel ſchoͤnes, und ſeine Guͤte beſchenkte mich mit einem ſchoͤnen Oculus Cati, und mit der Frucht vom Pinus Cembra L. oder Zirbelnuß, die das Wappen der Stadt iſt. Ich ſah bei ihm Goldſchlick aus Benzenzimmern in Tyrol; einen Ammoniten, deſſen Gelenke auseinander fallen; einen verſteinerten Elephanten Backenzahn; eben die Zirbelnuͤſſe, die man jetzt aus Tyrol bekommen muß, denn um die Stadt herum ſind nur noch wenige Baͤume; Goldſtuffen aus Siebenbuͤrgen; Echiniten in bayeriſchen Eiſengru- ben; einen Chalcedonier, darin eine ſehr natuͤrliche braune Silhouette von einem Moͤnchskopfe war, ohne Zweifel einer aus der neuen Fabrike in England,*) wo alle Steine nachgemacht werden. Der Beſitzer hatte ihn auch von einem Englaͤnder gekauft. In Ulm er- zaͤhlte man mir auch von einem Saphir oder Smaragd, worin ein Papillon eingeſchloſſen ſeyn ſoll. Ferner hat Hr. Kilian unter vielen andern Kunſtſtuͤcken ein Glas, eine Bouteille mit einem Halſe und einem breiten niedri-
gen
*) Die bekannte Fabrik von Wedgwood and Bentley in Engelland. Herausgeber.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="3"><p><pbfacs="#f0064"n="26"/>ſelber konnten ſo viele Leute nicht gehen, aber der Vorle-<lb/>ſer ſtand am Fenſter, und der untere Platz, auf dem<lb/>
wohl zweitauſend ſtehen konnten, war ganz mit Menſchen<lb/>
bedeckt. Man hat jetzt, wie man mir ſagt, im Zimmer<lb/>ſelber einige Aenderung vorgenommen.</p><lb/><p>Hr. Kupferſtecher <hirendition="#fr">Kilian</hi> hat in ſeinem Hauſe viele<lb/>
Naturalien, Kupferſtiche, elfenbeinerne Waaren, und<lb/>
andre Seltenheiten der Kunſt aufgeſtellt. Ich hatte<lb/>
nicht Zeit genug, alles zu beſchauen, aber ich ſah auch<lb/>
in einer Stunde viel ſchoͤnes, und ſeine Guͤte beſchenkte<lb/>
mich mit einem ſchoͤnen <hirendition="#aq">Oculus Cati,</hi> und mit der<lb/>
Frucht vom <hirendition="#aq">Pinus Cembra L.</hi> oder Zirbelnuß, die das<lb/>
Wappen der Stadt iſt. Ich ſah bei ihm <hirendition="#fr">Goldſchlick</hi><lb/>
aus <hirendition="#fr">Benzenzimmern</hi> in <hirendition="#fr">Tyrol;</hi> einen <hirendition="#fr">Ammoniten,</hi><lb/>
deſſen Gelenke auseinander fallen; einen verſteinerten<lb/><hirendition="#fr">Elephanten Backenzahn;</hi> eben die <hirendition="#fr">Zirbelnuͤſſe,</hi> die<lb/>
man jetzt aus <hirendition="#fr">Tyrol</hi> bekommen muß, denn um die Stadt<lb/>
herum ſind nur noch wenige Baͤume; <hirendition="#fr">Goldſtuffen</hi> aus<lb/><hirendition="#fr">Siebenbuͤrgen; Echiniten</hi> in <hirendition="#fr">bayer</hi>iſchen Eiſengru-<lb/>
ben; einen <hirendition="#fr">Chalcedonier,</hi> darin eine ſehr natuͤrliche<lb/>
braune Silhouette von einem Moͤnchskopfe war, ohne<lb/>
Zweifel einer aus der neuen Fabrike in <hirendition="#fr">England,</hi><noteplace="foot"n="*)">Die bekannte Fabrik von <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Wedgwood</hi> and <hirendition="#i">Bentley</hi></hi><lb/>
in <hirendition="#fr">Engelland. <hirendition="#et">Herausgeber.</hi></hi></note> wo<lb/>
alle Steine nachgemacht werden. Der Beſitzer hatte<lb/>
ihn auch von einem Englaͤnder gekauft. In <hirendition="#fr">Ulm</hi> er-<lb/>
zaͤhlte man mir auch von einem Saphir oder Smaragd,<lb/>
worin ein Papillon eingeſchloſſen ſeyn ſoll. Ferner hat<lb/>
Hr. <hirendition="#fr">Kilian</hi> unter vielen andern Kunſtſtuͤcken ein <hirendition="#fr">Glas,</hi><lb/>
eine Bouteille mit einem Halſe und einem breiten niedri-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[26/0064]
ſelber konnten ſo viele Leute nicht gehen, aber der Vorle-
ſer ſtand am Fenſter, und der untere Platz, auf dem
wohl zweitauſend ſtehen konnten, war ganz mit Menſchen
bedeckt. Man hat jetzt, wie man mir ſagt, im Zimmer
ſelber einige Aenderung vorgenommen.
Hr. Kupferſtecher Kilian hat in ſeinem Hauſe viele
Naturalien, Kupferſtiche, elfenbeinerne Waaren, und
andre Seltenheiten der Kunſt aufgeſtellt. Ich hatte
nicht Zeit genug, alles zu beſchauen, aber ich ſah auch
in einer Stunde viel ſchoͤnes, und ſeine Guͤte beſchenkte
mich mit einem ſchoͤnen Oculus Cati, und mit der
Frucht vom Pinus Cembra L. oder Zirbelnuß, die das
Wappen der Stadt iſt. Ich ſah bei ihm Goldſchlick
aus Benzenzimmern in Tyrol; einen Ammoniten,
deſſen Gelenke auseinander fallen; einen verſteinerten
Elephanten Backenzahn; eben die Zirbelnuͤſſe, die
man jetzt aus Tyrol bekommen muß, denn um die Stadt
herum ſind nur noch wenige Baͤume; Goldſtuffen aus
Siebenbuͤrgen; Echiniten in bayeriſchen Eiſengru-
ben; einen Chalcedonier, darin eine ſehr natuͤrliche
braune Silhouette von einem Moͤnchskopfe war, ohne
Zweifel einer aus der neuen Fabrike in England, *) wo
alle Steine nachgemacht werden. Der Beſitzer hatte
ihn auch von einem Englaͤnder gekauft. In Ulm er-
zaͤhlte man mir auch von einem Saphir oder Smaragd,
worin ein Papillon eingeſchloſſen ſeyn ſoll. Ferner hat
Hr. Kilian unter vielen andern Kunſtſtuͤcken ein Glas,
eine Bouteille mit einem Halſe und einem breiten niedri-
gen
*) Die bekannte Fabrik von Wedgwood and Bentley
in Engelland. Herausgeber.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/64>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.