einer ansehnlichen Bibliothek, in 4. Glasschränken und vielen Schubladen ganz versteckt, ist den beiden Eheleu- ten wegen des Platzes sonderlich sehr verleidet, sie betrach- ten es mit verdrießlichen Augen als ein todtes Kapital, zumahl da er immer krank ist und 6-7. Kinder, meistens Töchter, hat.
Es ist wahr, Hr. von Moll trieb als Partikulier die Liebhaberei zu weit. Von versteinerten Holz sind ganze Kasten voll da, und jedes Stück ist ein, gar viele zweimahl angeschliffen. Stücke von der Wurzel sind da, wobei der Schleifer allein zum Poliren 20-30. Pfund Schmirgel brauchte. Sind nun aber diese Brocken alle Achat, oder Holz, so kommen die schönsten Farbenmi- schungen, meist dunkle und schwarzbraune vor, die man mit Worten nicht beschreiben kan. Meistens sind es austriaca, und man erstaunt, wenn man nur sieht, wie vielerlei um Wien herum ist. Der Katalog dazu er- klärt die Nummern und die Buchstaben. In systema- tischer Ordnung ist es nicht, es liesse sich aber mit leichter Mühe darein bringen. Noch ein Kasten ist mit Ver- steinerungen von Muscheln, Zähnen, Wirbeln etc. an- gefüllt. In mancher Schublade soll freilich gar eine grosse Rarität seyn, und auch der jetzige Besitzer verthei- digt die einfältigen Namen, die man zum Theil diesen Körpern gegeben hat. -- Da muß man wohl an Lin- nee''s herrlichen Ausspruch denken: Sapiens coarctet infructuosam scientiam.
Ausserdem sind eine Menge Landcharten vorhan- den, sonderlich von Deutschland und von Ungarn. Der Katalog davon macht 44. Foliobände aus. Es sind aber auch alle Römische Steine und Inschriften, die
der
Zweiter Theil. O o
einer anſehnlichen Bibliothek, in 4. Glasſchraͤnken und vielen Schubladen ganz verſteckt, iſt den beiden Eheleu- ten wegen des Platzes ſonderlich ſehr verleidet, ſie betrach- ten es mit verdrießlichen Augen als ein todtes Kapital, zumahl da er immer krank iſt und 6-7. Kinder, meiſtens Toͤchter, hat.
Es iſt wahr, Hr. von Moll trieb als Partikulier die Liebhaberei zu weit. Von verſteinerten Holz ſind ganze Kaſten voll da, und jedes Stuͤck iſt ein, gar viele zweimahl angeſchliffen. Stuͤcke von der Wurzel ſind da, wobei der Schleifer allein zum Poliren 20-30. Pfund Schmirgel brauchte. Sind nun aber dieſe Brocken alle Achat, oder Holz, ſo kommen die ſchoͤnſten Farbenmi- ſchungen, meiſt dunkle und ſchwarzbraune vor, die man mit Worten nicht beſchreiben kan. Meiſtens ſind es auſtriaca, und man erſtaunt, wenn man nur ſieht, wie vielerlei um Wien herum iſt. Der Katalog dazu er- klaͤrt die Nummern und die Buchſtaben. In ſyſtema- tiſcher Ordnung iſt es nicht, es lieſſe ſich aber mit leichter Muͤhe darein bringen. Noch ein Kaſten iſt mit Ver- ſteinerungen von Muſcheln, Zaͤhnen, Wirbeln ꝛc. an- gefuͤllt. In mancher Schublade ſoll freilich gar eine groſſe Raritaͤt ſeyn, und auch der jetzige Beſitzer verthei- digt die einfaͤltigen Namen, die man zum Theil dieſen Koͤrpern gegeben hat. — Da muß man wohl an Lin- nee′’s herrlichen Ausſpruch denken: Sapiens coarctet infructuoſam ſcientiam.
Auſſerdem ſind eine Menge Landcharten vorhan- den, ſonderlich von Deutſchland und von Ungarn. Der Katalog davon macht 44. Foliobaͤnde aus. Es ſind aber auch alle Roͤmiſche Steine und Inſchriften, die
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einer anſehnlichen Bibliothek, in 4. Glasſchraͤnken und
vielen Schubladen ganz verſteckt, iſt den beiden Eheleu-
ten wegen des Platzes ſonderlich ſehr verleidet, ſie betrach-
ten es mit verdrießlichen Augen als ein todtes Kapital,
zumahl da er immer krank iſt und 6-7. Kinder, meiſtens
Toͤchter, hat.
Es iſt wahr, Hr. von Moll trieb als Partikulier
die Liebhaberei zu weit. Von verſteinerten Holz ſind
ganze Kaſten voll da, und jedes Stuͤck iſt ein, gar viele
zweimahl angeſchliffen. Stuͤcke von der Wurzel ſind da,
wobei der Schleifer allein zum Poliren 20-30. Pfund
Schmirgel brauchte. Sind nun aber dieſe Brocken alle
Achat, oder Holz, ſo kommen die ſchoͤnſten Farbenmi-
ſchungen, meiſt dunkle und ſchwarzbraune vor, die man
mit Worten nicht beſchreiben kan. Meiſtens ſind es
auſtriaca, und man erſtaunt, wenn man nur ſieht, wie
vielerlei um Wien herum iſt. Der Katalog dazu er-
klaͤrt die Nummern und die Buchſtaben. In ſyſtema-
tiſcher Ordnung iſt es nicht, es lieſſe ſich aber mit leichter
Muͤhe darein bringen. Noch ein Kaſten iſt mit Ver-
ſteinerungen von Muſcheln, Zaͤhnen, Wirbeln ꝛc. an-
gefuͤllt. In mancher Schublade ſoll freilich gar eine
groſſe Raritaͤt ſeyn, und auch der jetzige Beſitzer verthei-
digt die einfaͤltigen Namen, die man zum Theil dieſen
Koͤrpern gegeben hat. — Da muß man wohl an Lin-
nee′’s herrlichen Ausſpruch denken: Sapiens coarctet
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Auſſerdem ſind eine Menge Landcharten vorhan-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/615>, abgerufen am 03.12.2024.
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