In den Vorstädten besonders ist die Krämerei ganz unendlich. Da ist Laden an Laden gebaut, und wenn man lange nicht in eine Gegend gekommen ist, so kan man in eine ganz neue Strasse von Häusern kommen, die indessen gebaut worden sind.
Der Toback, den man hier rauchen muß, ist tür- kische Blätter, und der sogenannte Knaster, und bedeutet nicht viel; doch ist er besser als der in Paris.
Man deckt hier auf dem Lande das Dach nicht mit Ziegeln oder Schindeln, sondern nimmt dicke hölzerne rautenförmige Stücke darzu, die mit einem rothen Firnis überzogen, lange an der Luft dauern.
Den 23sten April.
Heute bekam ich das Kaiserliche Naturalienkabi- net zu sehen. Ich fuhr mit Hrn. Hofrath von Born hin. Der Kaiser will nichts haben, als Mineralien und Konchylien. Die von Hrn. von Born angefan- gene Beschreibung hat ein Ende, weil der Kaiser den Ma- ler, der die Originale zeichnete, und 800. Gulden jähr- lich bekam, (denn für das Illuminiren sorgte der Kupfer- stecher) abschafte. Hr. Heydinger, der Adjunkt am Kabinet ist, will nun ein kleines Verzeichniß auf Sub- skription herausgeben.
In 2. mittelmässigen Sälen steht alles beisam- men, und zwar in nußbäumenen Schränken an der Wand, die oben Glasthüren und unten Schubladen hinter Thü- ren haben. Darin steht und liegt jedes Stück auf einem weis angestrichenen hölzernen Fuß, noch ohne Nummer und Namen, denn der Katalog soll erst gemacht werden, und es ist noch gar nicht lange, daß das Kabinet in die-
ser
Zweiter Theil. J i
In den Vorſtaͤdten beſonders iſt die Kraͤmerei ganz unendlich. Da iſt Laden an Laden gebaut, und wenn man lange nicht in eine Gegend gekommen iſt, ſo kan man in eine ganz neue Straſſe von Haͤuſern kommen, die indeſſen gebaut worden ſind.
Der Toback, den man hier rauchen muß, iſt tuͤr- kiſche Blaͤtter, und der ſogenannte Knaſter, und bedeutet nicht viel; doch iſt er beſſer als der in Paris.
Man deckt hier auf dem Lande das Dach nicht mit Ziegeln oder Schindeln, ſondern nimmt dicke hoͤlzerne rautenfoͤrmige Stuͤcke darzu, die mit einem rothen Firnis uͤberzogen, lange an der Luft dauern.
Den 23ſten April.
Heute bekam ich das Kaiſerliche Naturalienkabi- net zu ſehen. Ich fuhr mit Hrn. Hofrath von Born hin. Der Kaiſer will nichts haben, als Mineralien und Konchylien. Die von Hrn. von Born angefan- gene Beſchreibung hat ein Ende, weil der Kaiſer den Ma- ler, der die Originale zeichnete, und 800. Gulden jaͤhr- lich bekam, (denn fuͤr das Illuminiren ſorgte der Kupfer- ſtecher) abſchafte. Hr. Heydinger, der Adjunkt am Kabinet iſt, will nun ein kleines Verzeichniß auf Sub- ſkription herausgeben.
In 2. mittelmaͤſſigen Saͤlen ſteht alles beiſam- men, und zwar in nußbaͤumenen Schraͤnken an der Wand, die oben Glasthuͤren und unten Schubladen hinter Thuͤ- ren haben. Darin ſteht und liegt jedes Stuͤck auf einem weis angeſtrichenen hoͤlzernen Fuß, noch ohne Nummer und Namen, denn der Katalog ſoll erſt gemacht werden, und es iſt noch gar nicht lange, daß das Kabinet in die-
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Zweiter Theil. J i
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In den Vorſtaͤdten beſonders iſt die Kraͤmerei ganz
unendlich. Da iſt Laden an Laden gebaut, und wenn
man lange nicht in eine Gegend gekommen iſt, ſo kan
man in eine ganz neue Straſſe von Haͤuſern kommen, die
indeſſen gebaut worden ſind.
Der Toback, den man hier rauchen muß, iſt tuͤr-
kiſche Blaͤtter, und der ſogenannte Knaſter, und bedeutet
nicht viel; doch iſt er beſſer als der in Paris.
Man deckt hier auf dem Lande das Dach nicht mit
Ziegeln oder Schindeln, ſondern nimmt dicke hoͤlzerne
rautenfoͤrmige Stuͤcke darzu, die mit einem rothen Firnis
uͤberzogen, lange an der Luft dauern.
Den 23ſten April.
Heute bekam ich das Kaiſerliche Naturalienkabi-
net zu ſehen. Ich fuhr mit Hrn. Hofrath von Born
hin. Der Kaiſer will nichts haben, als Mineralien
und Konchylien. Die von Hrn. von Born angefan-
gene Beſchreibung hat ein Ende, weil der Kaiſer den Ma-
ler, der die Originale zeichnete, und 800. Gulden jaͤhr-
lich bekam, (denn fuͤr das Illuminiren ſorgte der Kupfer-
ſtecher) abſchafte. Hr. Heydinger, der Adjunkt am
Kabinet iſt, will nun ein kleines Verzeichniß auf Sub-
ſkription herausgeben.
In 2. mittelmaͤſſigen Saͤlen ſteht alles beiſam-
men, und zwar in nußbaͤumenen Schraͤnken an der Wand,
die oben Glasthuͤren und unten Schubladen hinter Thuͤ-
ren haben. Darin ſteht und liegt jedes Stuͤck auf einem
weis angeſtrichenen hoͤlzernen Fuß, noch ohne Nummer
und Namen, denn der Katalog ſoll erſt gemacht werden,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/535>, abgerufen am 24.11.2024.
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