Darauf fuhr ich auf das Landgut des Hrn. v Stock- maier in Nußdorf. Der Weg dahin ist nur eine hal- be Stunde vom Thor, und man bekommt weder am Morgen noch am Abend die Sonne ins Gesicht. An dem Dorfe haben 9. Herrschaften Antheil und jede hat ihren ei- genen Richter da. Hrn. von Stockmaier gehören von seiner Frau her nur 18. Häuser. Aus dem Edelmänni- schen ehemals verfallenen Hofe hat er ein sehr bequemes Landhaus gemacht.
Man sieht vorne den Garten, das Dorf, die Do- nau, den Wald, und über die Donau die Brücke nach Böhmen vor sich. Aus manchem Zimmer überschaut man einen Theil der Stadt, und hat immer die Mün- ster- oder Stephanskirche im Gesicht. Neben dem Schlafzimmer ist durch ein Oratorium für die katholische Frau v. Stockmaier, eine Verbindung mit der Kirche im Orte gemacht worden, die surprenant ist. Ueber- haupt steht das Haus am Berge, und in die alte gothi- sche Form, die es hatte, ist so viel Geschmack hineinge- bracht worden, als möglich. Wo vorher Heuböden wa- ren, da sind jetzt Arbeitszimmer. Ringsum liegen viele Güter, und noch kürzlich wurde für 2000. Gulden viel gekauft. In der Kelter ist die Einrichtung so gemacht, daß die Weinlese aus dem Berge in die Trotte fließt. Neben dem Keller ist ein Obstkeller, wo das schönste Obst auf Repositorien, nicht auf Hurden liegt. Der fern- dige hiesige Wein war schon sehr hell, feurig, und doch war die Gährung noch nicht ganz vorbei.
Man
Darauf fuhr ich auf das Landgut des Hrn. v Stock- maier in Nußdorf. Der Weg dahin iſt nur eine hal- be Stunde vom Thor, und man bekommt weder am Morgen noch am Abend die Sonne ins Geſicht. An dem Dorfe haben 9. Herrſchaften Antheil und jede hat ihren ei- genen Richter da. Hrn. von Stockmaier gehoͤren von ſeiner Frau her nur 18. Haͤuſer. Aus dem Edelmaͤnni- ſchen ehemals verfallenen Hofe hat er ein ſehr bequemes Landhaus gemacht.
Man ſieht vorne den Garten, das Dorf, die Do- nau, den Wald, und uͤber die Donau die Bruͤcke nach Boͤhmen vor ſich. Aus manchem Zimmer uͤberſchaut man einen Theil der Stadt, und hat immer die Muͤn- ſter- oder Stephanskirche im Geſicht. Neben dem Schlafzimmer iſt durch ein Oratorium fuͤr die katholiſche Frau v. Stockmaier, eine Verbindung mit der Kirche im Orte gemacht worden, die ſurprenant iſt. Ueber- haupt ſteht das Haus am Berge, und in die alte gothi- ſche Form, die es hatte, iſt ſo viel Geſchmack hineinge- bracht worden, als moͤglich. Wo vorher Heuboͤden wa- ren, da ſind jetzt Arbeitszimmer. Ringsum liegen viele Guͤter, und noch kuͤrzlich wurde fuͤr 2000. Gulden viel gekauft. In der Kelter iſt die Einrichtung ſo gemacht, daß die Weinleſe aus dem Berge in die Trotte fließt. Neben dem Keller iſt ein Obſtkeller, wo das ſchoͤnſte Obſt auf Repoſitorien, nicht auf Hurden liegt. Der fern- dige hieſige Wein war ſchon ſehr hell, feurig, und doch war die Gaͤhrung noch nicht ganz vorbei.
Man
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0532"n="494"/><p>Darauf fuhr ich auf das Landgut des Hrn. <hirendition="#fr">v Stock-<lb/>
maier</hi> in <hirendition="#fr">Nußdorf.</hi> Der <hirendition="#fr">Weg</hi> dahin iſt nur eine hal-<lb/>
be Stunde vom Thor, und man bekommt weder am<lb/>
Morgen noch am Abend die Sonne ins Geſicht. An dem<lb/>
Dorfe haben 9. Herrſchaften Antheil und jede hat ihren ei-<lb/>
genen Richter da. Hrn. <hirendition="#fr">von Stockmaier</hi> gehoͤren von<lb/>ſeiner Frau her nur 18. Haͤuſer. Aus dem Edelmaͤnni-<lb/>ſchen ehemals verfallenen Hofe hat er ein ſehr bequemes<lb/>
Landhaus gemacht.</p><lb/><p>Man <hirendition="#fr">ſieht</hi> vorne den Garten, das Dorf, die <hirendition="#fr">Do-<lb/>
nau,</hi> den Wald, und uͤber die <hirendition="#fr">Donau</hi> die Bruͤcke nach<lb/><hirendition="#fr">Boͤhmen</hi> vor ſich. Aus manchem Zimmer uͤberſchaut<lb/>
man einen Theil der Stadt, und hat immer die Muͤn-<lb/>ſter- oder <hirendition="#fr">Stephanskirche</hi> im Geſicht. Neben dem<lb/>
Schlafzimmer iſt durch ein Oratorium fuͤr die katholiſche<lb/>
Frau <hirendition="#fr">v. Stockmaier,</hi> eine Verbindung mit der Kirche<lb/>
im Orte gemacht worden, die ſurprenant iſt. Ueber-<lb/>
haupt ſteht das Haus am Berge, und in die alte gothi-<lb/>ſche Form, die es hatte, iſt ſo viel Geſchmack hineinge-<lb/>
bracht worden, als moͤglich. Wo vorher Heuboͤden wa-<lb/>
ren, da ſind jetzt Arbeitszimmer. Ringsum liegen viele<lb/>
Guͤter, und noch kuͤrzlich wurde fuͤr 2000. Gulden viel<lb/>
gekauft. In der <hirendition="#fr">Kelter</hi> iſt die Einrichtung ſo gemacht,<lb/>
daß die Weinleſe aus dem Berge in die Trotte fließt.<lb/>
Neben dem Keller iſt ein <hirendition="#fr">Obſtkeller,</hi> wo das ſchoͤnſte<lb/>
Obſt auf Repoſitorien, nicht auf Hurden liegt. Der fern-<lb/>
dige hieſige <hirendition="#fr">Wein</hi> war ſchon ſehr hell, feurig, und doch<lb/>
war die Gaͤhrung noch nicht ganz vorbei.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Man</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[494/0532]
Darauf fuhr ich auf das Landgut des Hrn. v Stock-
maier in Nußdorf. Der Weg dahin iſt nur eine hal-
be Stunde vom Thor, und man bekommt weder am
Morgen noch am Abend die Sonne ins Geſicht. An dem
Dorfe haben 9. Herrſchaften Antheil und jede hat ihren ei-
genen Richter da. Hrn. von Stockmaier gehoͤren von
ſeiner Frau her nur 18. Haͤuſer. Aus dem Edelmaͤnni-
ſchen ehemals verfallenen Hofe hat er ein ſehr bequemes
Landhaus gemacht.
Man ſieht vorne den Garten, das Dorf, die Do-
nau, den Wald, und uͤber die Donau die Bruͤcke nach
Boͤhmen vor ſich. Aus manchem Zimmer uͤberſchaut
man einen Theil der Stadt, und hat immer die Muͤn-
ſter- oder Stephanskirche im Geſicht. Neben dem
Schlafzimmer iſt durch ein Oratorium fuͤr die katholiſche
Frau v. Stockmaier, eine Verbindung mit der Kirche
im Orte gemacht worden, die ſurprenant iſt. Ueber-
haupt ſteht das Haus am Berge, und in die alte gothi-
ſche Form, die es hatte, iſt ſo viel Geſchmack hineinge-
bracht worden, als moͤglich. Wo vorher Heuboͤden wa-
ren, da ſind jetzt Arbeitszimmer. Ringsum liegen viele
Guͤter, und noch kuͤrzlich wurde fuͤr 2000. Gulden viel
gekauft. In der Kelter iſt die Einrichtung ſo gemacht,
daß die Weinleſe aus dem Berge in die Trotte fließt.
Neben dem Keller iſt ein Obſtkeller, wo das ſchoͤnſte
Obſt auf Repoſitorien, nicht auf Hurden liegt. Der fern-
dige hieſige Wein war ſchon ſehr hell, feurig, und doch
war die Gaͤhrung noch nicht ganz vorbei.
Man
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/532>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.