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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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tung gäbe es hier nicht. -- Mancher Schneider und
Schuster lebe hier besser, als der größte Kaufmann in
Leipzig und Frankfurt. Die Wiener Messe sei nur
für die hiesigen, man bekomme in den Gewölbern alles
wohlfeiler.

Darauf machte ich eine Visite bei Hrn. Suck. So
alt und mit Steinschmerzen er auch behaftet ist, ist er
doch noch munter. Er ist aus dem Meklenburgischen
und noch ein Schüler vom grossen Wolf und Fabrizius
in Hamburg. Er kan der Steinschmerzen wegen nicht
mehr fahren, sondern muß sich meist tragen lassen. Oft
hat er sie schrecklich unter der Predigt. Er sprach von
seinen im Haag, Friedberg und Hamburg zerstreu-
ten Kindern. Die älteste und die jüngste Tochter sind
diesem alten Vater allein noch übrig geblieben.

Hr. Kandidat Reismann besuchte mich heute auch.
Er ist von Plauen gebürtig, kam erst als Hofmeister
nach Erlangen, und dann hierher. Er ist mit vielen
Sachen in der Stadt gut bekannt. Hr. General von
Frise
schickte ihn zu mir. Jetzt privatisirt er, und gibt
hie und da Lehrstunden.

Heute erzählte man mir vom Pabste folgende Anek-
doten, die von sichrer Hand sind:

Als ihn der Kaiser von Neustadt nach Wien an
Baaden vorbeiführte, und zu ihm sagte: "Sehen Sie,
"da sind unsre Bäder", versetzte er: "Ja, die herrlichen
"Wasser von Spaa"! So klein ist seine Kenntnis der
Welt, so armselig sein Urtheil von der Grösse des Römi-
schen Reichs. Man sagte ihm vom Archivarius Schmidt.
Dem Namen nach hielt er ihn für einen Ketzer. Man
sagte ihm, Hr. Schmidt wäre schon beim Bischoff

von
H h 4

tung gaͤbe es hier nicht. — Mancher Schneider und
Schuſter lebe hier beſſer, als der groͤßte Kaufmann in
Leipzig und Frankfurt. Die Wiener Meſſe ſei nur
fuͤr die hieſigen, man bekomme in den Gewoͤlbern alles
wohlfeiler.

Darauf machte ich eine Viſite bei Hrn. Suck. So
alt und mit Steinſchmerzen er auch behaftet iſt, iſt er
doch noch munter. Er iſt aus dem Meklenburgiſchen
und noch ein Schuͤler vom groſſen Wolf und Fabrizius
in Hamburg. Er kan der Steinſchmerzen wegen nicht
mehr fahren, ſondern muß ſich meiſt tragen laſſen. Oft
hat er ſie ſchrecklich unter der Predigt. Er ſprach von
ſeinen im Haag, Friedberg und Hamburg zerſtreu-
ten Kindern. Die aͤlteſte und die juͤngſte Tochter ſind
dieſem alten Vater allein noch uͤbrig geblieben.

Hr. Kandidat Reismann beſuchte mich heute auch.
Er iſt von Plauen gebuͤrtig, kam erſt als Hofmeiſter
nach Erlangen, und dann hierher. Er iſt mit vielen
Sachen in der Stadt gut bekannt. Hr. General von
Friſe
ſchickte ihn zu mir. Jetzt privatiſirt er, und gibt
hie und da Lehrſtunden.

Heute erzaͤhlte man mir vom Pabſte folgende Anek-
doten, die von ſichrer Hand ſind:

Als ihn der Kaiſer von Neuſtadt nach Wien an
Baaden vorbeifuͤhrte, und zu ihm ſagte: „Sehen Sie,
„da ſind unſre Baͤder“, verſetzte er: „Ja, die herrlichen
„Waſſer von Spaa“! So klein iſt ſeine Kenntnis der
Welt, ſo armſelig ſein Urtheil von der Groͤſſe des Roͤmi-
ſchen Reichs. Man ſagte ihm vom Archivarius Schmidt.
Dem Namen nach hielt er ihn fuͤr einen Ketzer. Man
ſagte ihm, Hr. Schmidt waͤre ſchon beim Biſchoff

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[487/0525] tung gaͤbe es hier nicht. — Mancher Schneider und Schuſter lebe hier beſſer, als der groͤßte Kaufmann in Leipzig und Frankfurt. Die Wiener Meſſe ſei nur fuͤr die hieſigen, man bekomme in den Gewoͤlbern alles wohlfeiler. Darauf machte ich eine Viſite bei Hrn. Suck. So alt und mit Steinſchmerzen er auch behaftet iſt, iſt er doch noch munter. Er iſt aus dem Meklenburgiſchen und noch ein Schuͤler vom groſſen Wolf und Fabrizius in Hamburg. Er kan der Steinſchmerzen wegen nicht mehr fahren, ſondern muß ſich meiſt tragen laſſen. Oft hat er ſie ſchrecklich unter der Predigt. Er ſprach von ſeinen im Haag, Friedberg und Hamburg zerſtreu- ten Kindern. Die aͤlteſte und die juͤngſte Tochter ſind dieſem alten Vater allein noch uͤbrig geblieben. Hr. Kandidat Reismann beſuchte mich heute auch. Er iſt von Plauen gebuͤrtig, kam erſt als Hofmeiſter nach Erlangen, und dann hierher. Er iſt mit vielen Sachen in der Stadt gut bekannt. Hr. General von Friſe ſchickte ihn zu mir. Jetzt privatiſirt er, und gibt hie und da Lehrſtunden. Heute erzaͤhlte man mir vom Pabſte folgende Anek- doten, die von ſichrer Hand ſind: Als ihn der Kaiſer von Neuſtadt nach Wien an Baaden vorbeifuͤhrte, und zu ihm ſagte: „Sehen Sie, „da ſind unſre Baͤder“, verſetzte er: „Ja, die herrlichen „Waſſer von Spaa“! So klein iſt ſeine Kenntnis der Welt, ſo armſelig ſein Urtheil von der Groͤſſe des Roͤmi- ſchen Reichs. Man ſagte ihm vom Archivarius Schmidt. Dem Namen nach hielt er ihn fuͤr einen Ketzer. Man ſagte ihm, Hr. Schmidt waͤre ſchon beim Biſchoff von H h 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/525>, abgerufen am 24.11.2024.