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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Mann. Man hat oben auf dem Kranze eine unver-
gleichliche Aussicht nach den Tyroler Gebürgen, nach
Dillingen, Donauwerth. Man sieht die eisernen
Stangen, an welchen im Fall einer Feuersnoth grosse La-
ternen nach der Stadt, wo der Brand entstanden ist,
ausgehangen werden. Im Anfange dieses Jahrhun-
derts hatten die Franzosen oben auf dem Kranze des
Thurms ein Wachfeuer angemacht. Da ging einer von
den Wächtern, Namens Rumey, herab zu seiner Obrig-
keit, und fragte an, ob er nicht einen Franzosen nach dem
andern beim Kopfe nehmen, und herabstürzen dürfe?
Sehen Sie die Vaterlandsliebe, den Muth, und die ed-
le Dreistigkeit dieses ehrlichen Schwaben. Es verdroß
ihn, daß so ein altes ansehnliches Gebäude, die Zierde
seiner Stadt, an der man 111. Jahre gebaut hatte, durch
den Muthwillen der Franzosen in Brand gerathen sollte.
Wegen der Feuersgefahr sind oben 36. Wasserkessel, die
aber durch die Länge der Zeit ganz ausdünsten. Im
Glockenhause hängen Glocken von 75. und andre von 85.
Zentnern. Die eisernen Schwengel verwittern und
schillern ab, aber nicht die bronzenen Glocken selber. An
den steinernen Pfosten sieht man Spuren von der fürch-
terlichen Gewalt, womit der Blitz in der Neujahrsnacht
1779. hier in der Nachbarschaft eines eisernen Gitters
herablief, so wie man sie auch unten in der Kirche am
Fusse der Orgel sehen kan. Und doch gibt es noch im-
mer Leute, die, wenn sie den sichtbaren Nutzen der Ablei-
ter rühmen hören, den albernen Einfall wiederkäuen:
Man soll der Vorsehung Gottes nicht vorgreifen. Gra-
de als wenn wir armen Sterblichen durch unsere Gewit-
terstangen die tausendfachen Kräfte der Natur so bändi-
gen könnten, daß uns Gott mit aller seiner Macht, nicht

mehr

Mann. Man hat oben auf dem Kranze eine unver-
gleichliche Ausſicht nach den Tyroler Gebuͤrgen, nach
Dillingen, Donauwerth. Man ſieht die eiſernen
Stangen, an welchen im Fall einer Feuersnoth groſſe La-
ternen nach der Stadt, wo der Brand entſtanden iſt,
ausgehangen werden. Im Anfange dieſes Jahrhun-
derts hatten die Franzoſen oben auf dem Kranze des
Thurms ein Wachfeuer angemacht. Da ging einer von
den Waͤchtern, Namens Rumey, herab zu ſeiner Obrig-
keit, und fragte an, ob er nicht einen Franzoſen nach dem
andern beim Kopfe nehmen, und herabſtuͤrzen duͤrfe?
Sehen Sie die Vaterlandsliebe, den Muth, und die ed-
le Dreiſtigkeit dieſes ehrlichen Schwaben. Es verdroß
ihn, daß ſo ein altes anſehnliches Gebaͤude, die Zierde
ſeiner Stadt, an der man 111. Jahre gebaut hatte, durch
den Muthwillen der Franzoſen in Brand gerathen ſollte.
Wegen der Feuersgefahr ſind oben 36. Waſſerkeſſel, die
aber durch die Laͤnge der Zeit ganz ausduͤnſten. Im
Glockenhauſe haͤngen Glocken von 75. und andre von 85.
Zentnern. Die eiſernen Schwengel verwittern und
ſchillern ab, aber nicht die bronzenen Glocken ſelber. An
den ſteinernen Pfoſten ſieht man Spuren von der fuͤrch-
terlichen Gewalt, womit der Blitz in der Neujahrsnacht
1779. hier in der Nachbarſchaft eines eiſernen Gitters
herablief, ſo wie man ſie auch unten in der Kirche am
Fuſſe der Orgel ſehen kan. Und doch gibt es noch im-
mer Leute, die, wenn ſie den ſichtbaren Nutzen der Ablei-
ter ruͤhmen hoͤren, den albernen Einfall wiederkaͤuen:
Man ſoll der Vorſehung Gottes nicht vorgreifen. Gra-
de als wenn wir armen Sterblichen durch unſere Gewit-
terſtangen die tauſendfachen Kraͤfte der Natur ſo baͤndi-
gen koͤnnten, daß uns Gott mit aller ſeiner Macht, nicht

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[14/0052] Mann. Man hat oben auf dem Kranze eine unver- gleichliche Ausſicht nach den Tyroler Gebuͤrgen, nach Dillingen, Donauwerth. Man ſieht die eiſernen Stangen, an welchen im Fall einer Feuersnoth groſſe La- ternen nach der Stadt, wo der Brand entſtanden iſt, ausgehangen werden. Im Anfange dieſes Jahrhun- derts hatten die Franzoſen oben auf dem Kranze des Thurms ein Wachfeuer angemacht. Da ging einer von den Waͤchtern, Namens Rumey, herab zu ſeiner Obrig- keit, und fragte an, ob er nicht einen Franzoſen nach dem andern beim Kopfe nehmen, und herabſtuͤrzen duͤrfe? Sehen Sie die Vaterlandsliebe, den Muth, und die ed- le Dreiſtigkeit dieſes ehrlichen Schwaben. Es verdroß ihn, daß ſo ein altes anſehnliches Gebaͤude, die Zierde ſeiner Stadt, an der man 111. Jahre gebaut hatte, durch den Muthwillen der Franzoſen in Brand gerathen ſollte. Wegen der Feuersgefahr ſind oben 36. Waſſerkeſſel, die aber durch die Laͤnge der Zeit ganz ausduͤnſten. Im Glockenhauſe haͤngen Glocken von 75. und andre von 85. Zentnern. Die eiſernen Schwengel verwittern und ſchillern ab, aber nicht die bronzenen Glocken ſelber. An den ſteinernen Pfoſten ſieht man Spuren von der fuͤrch- terlichen Gewalt, womit der Blitz in der Neujahrsnacht 1779. hier in der Nachbarſchaft eines eiſernen Gitters herablief, ſo wie man ſie auch unten in der Kirche am Fuſſe der Orgel ſehen kan. Und doch gibt es noch im- mer Leute, die, wenn ſie den ſichtbaren Nutzen der Ablei- ter ruͤhmen hoͤren, den albernen Einfall wiederkaͤuen: Man ſoll der Vorſehung Gottes nicht vorgreifen. Gra- de als wenn wir armen Sterblichen durch unſere Gewit- terſtangen die tauſendfachen Kraͤfte der Natur ſo baͤndi- gen koͤnnten, daß uns Gott mit aller ſeiner Macht, nicht mehr

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/52>, abgerufen am 24.11.2024.