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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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rung nicht gebaut, und durch Wind und Regen ihres
fruchtbaren Bodens beraubt worden sind. Zwischen den
Weinstöcken pflanzt man noch Gurken und Kürbisse,
deren goldgelbe Früchte über die Terrassen und Mauern
herabhängen. Sie waren in diesem Jahre sehr klein,
vermuthlich wegen der heissen und trockenen Witterung,
aber die äussersten Spitzen dieser Rankenpflanzen hatten
schon wieder die zweite Blüte. Auch sind die frischen
Quellen, die aus diesen Weinbergen hie und da herabrie-
seln, ungemein lieblich. Sie sickern unter der Strasse
durch nach den Wiesen und wässern sie. Daß man in
Schwaben den Strassenbau versteht, wird wohl je-
der Reisender zugeben müssen. Nur ist es mir auch hier,
wie überall unbegreiflich gewesen, daß es unmöglich seyn
soll, auch in Dörfern selber, wo man oft versinken könn-
te, einen bessern Weg zu erhalten. Es kan nicht an-
ders seyn, als daß die Gesundheit des Landbauern, die
doch der Polizei werth seyn sollte, darunter leiden muß.
Sonst fand ich in dieser Gegend, daß die Weibspersonen
gemeiniglich Mannshüte tragen. Hanf wird hier nicht
viel gebaut. Man bleicht ihn auf den Hecken und Zäu-
nen, wo er unter dem Einfluß der Luft schneeweis wird.

Von Stuttgard nach Eßlingen geht der Weg
über einen ungeheuern Berg, der mit den gröbsten Stei-
nen gepflastert ist. Zu beiden Seiten sind Weinberge,
die sich in ein herrliches Wiesenthal verlieren. In Eß-
lingen
selbst haben die Hrn. von Palm ein reiches Na-
turalienkabinet, wo ich sehr viele Mineralien, Versteine-
rungen und Insekten aus dieser Gegend sah.

In Blochingen einige Stunden weiter hin, fand
ich in einem Gasthofe einen Tyroler Burschen, der

mit
A 4

rung nicht gebaut, und durch Wind und Regen ihres
fruchtbaren Bodens beraubt worden ſind. Zwiſchen den
Weinſtoͤcken pflanzt man noch Gurken und Kuͤrbiſſe,
deren goldgelbe Fruͤchte uͤber die Terraſſen und Mauern
herabhaͤngen. Sie waren in dieſem Jahre ſehr klein,
vermuthlich wegen der heiſſen und trockenen Witterung,
aber die aͤuſſerſten Spitzen dieſer Rankenpflanzen hatten
ſchon wieder die zweite Bluͤte. Auch ſind die friſchen
Quellen, die aus dieſen Weinbergen hie und da herabrie-
ſeln, ungemein lieblich. Sie ſickern unter der Straſſe
durch nach den Wieſen und waͤſſern ſie. Daß man in
Schwaben den Straſſenbau verſteht, wird wohl je-
der Reiſender zugeben muͤſſen. Nur iſt es mir auch hier,
wie uͤberall unbegreiflich geweſen, daß es unmoͤglich ſeyn
ſoll, auch in Doͤrfern ſelber, wo man oft verſinken koͤnn-
te, einen beſſern Weg zu erhalten. Es kan nicht an-
ders ſeyn, als daß die Geſundheit des Landbauern, die
doch der Polizei werth ſeyn ſollte, darunter leiden muß.
Sonſt fand ich in dieſer Gegend, daß die Weibsperſonen
gemeiniglich Mannshuͤte tragen. Hanf wird hier nicht
viel gebaut. Man bleicht ihn auf den Hecken und Zaͤu-
nen, wo er unter dem Einfluß der Luft ſchneeweis wird.

Von Stuttgard nach Eßlingen geht der Weg
uͤber einen ungeheuern Berg, der mit den groͤbſten Stei-
nen gepflaſtert iſt. Zu beiden Seiten ſind Weinberge,
die ſich in ein herrliches Wieſenthal verlieren. In Eß-
lingen
ſelbſt haben die Hrn. von Palm ein reiches Na-
turalienkabinet, wo ich ſehr viele Mineralien, Verſteine-
rungen und Inſekten aus dieſer Gegend ſah.

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ich in einem Gaſthofe einen Tyroler Burſchen, der

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[7/0045] rung nicht gebaut, und durch Wind und Regen ihres fruchtbaren Bodens beraubt worden ſind. Zwiſchen den Weinſtoͤcken pflanzt man noch Gurken und Kuͤrbiſſe, deren goldgelbe Fruͤchte uͤber die Terraſſen und Mauern herabhaͤngen. Sie waren in dieſem Jahre ſehr klein, vermuthlich wegen der heiſſen und trockenen Witterung, aber die aͤuſſerſten Spitzen dieſer Rankenpflanzen hatten ſchon wieder die zweite Bluͤte. Auch ſind die friſchen Quellen, die aus dieſen Weinbergen hie und da herabrie- ſeln, ungemein lieblich. Sie ſickern unter der Straſſe durch nach den Wieſen und waͤſſern ſie. Daß man in Schwaben den Straſſenbau verſteht, wird wohl je- der Reiſender zugeben muͤſſen. Nur iſt es mir auch hier, wie uͤberall unbegreiflich geweſen, daß es unmoͤglich ſeyn ſoll, auch in Doͤrfern ſelber, wo man oft verſinken koͤnn- te, einen beſſern Weg zu erhalten. Es kan nicht an- ders ſeyn, als daß die Geſundheit des Landbauern, die doch der Polizei werth ſeyn ſollte, darunter leiden muß. Sonſt fand ich in dieſer Gegend, daß die Weibsperſonen gemeiniglich Mannshuͤte tragen. Hanf wird hier nicht viel gebaut. Man bleicht ihn auf den Hecken und Zaͤu- nen, wo er unter dem Einfluß der Luft ſchneeweis wird. Von Stuttgard nach Eßlingen geht der Weg uͤber einen ungeheuern Berg, der mit den groͤbſten Stei- nen gepflaſtert iſt. Zu beiden Seiten ſind Weinberge, die ſich in ein herrliches Wieſenthal verlieren. In Eß- lingen ſelbſt haben die Hrn. von Palm ein reiches Na- turalienkabinet, wo ich ſehr viele Mineralien, Verſteine- rungen und Inſekten aus dieſer Gegend ſah. In Blochingen einige Stunden weiter hin, fand ich in einem Gaſthofe einen Tyroler Burſchen, der mit A 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/45>, abgerufen am 21.11.2024.