Fürsten von St. Blasien, und es wäre freilich zu wün- schen, daß auch in der protestantischen Kirche viele Für- sten wären, welche die Talente und den gemeinnützigen Fleis der fähigen Köpfe im Lande durch ähnliche Belohnungen erweckten und unterstützten. Der Fürst ist Erzkaplan vom Kaiserlichen Hause in den Vorderösterreichischen Landen. Er muß deswegen, so oft jemand von dieser höchsten Familie in das Land kömmt, sich da, wo der Hof ist, einfinden, Messe lesen, bei der Tafel das Tisch- gebet verrichten, und so hatte der jetzige Fürst auch das traurige Geschäft, der letztverstorbenen Monarchin in Freiburg die Exsequien zu halten, und die Stimme der Religion, und so vieler klagender Völker am Grabe dieser wohlthätigen Frau zu seyn.
Was die Regierung des kleinen geistlichen Staats betrift, so hält der Fürst einige wenige weltliche Beam- te, die in eigenen Gebäuden neben dem Kloster wohnen, und die Tasel bei Hofe haben. Mit diesen hält er alle Woche Konferenz, läßt sich Briefe und Rechnungen vorlegen, und arbeitet selber viel mit ihnen. Unmittel- bar steht der P. Groskeller unter ihm. Alle Rechnun- gen von Probsteien, Amtleuten, Superioren und Schaff- nern sieht der P. Oberrechner durch, und erhält dafür von jedem Rechner, sobald die Rechnung abgehört worden ist, und er ihm sein Absolutorium, das der Fürst selber un- terschreibt, zugeschickt hat, elnen Dukaten nach der Taxe. Diese Dukaten verwendet der P. Oberrechner für das Naturalienkabinet, wovon ich Ihnen bald mehr sagen will. Als Graf von Bondorf hält der Fürst 3. gemeine Soldaten, die einander am Portal alle 2. Stunden ab- lösen. Zu seiner Bedienung ist ein Kammerdiener, ein
junger
Zweiter Theil. C c
Fuͤrſten von St. Blaſien, und es waͤre freilich zu wuͤn- ſchen, daß auch in der proteſtantiſchen Kirche viele Fuͤr- ſten waͤren, welche die Talente und den gemeinnuͤtzigen Fleis der faͤhigen Koͤpfe im Lande durch aͤhnliche Belohnungen erweckten und unterſtuͤtzten. Der Fuͤrſt iſt Erzkaplan vom Kaiſerlichen Hauſe in den Vorderoͤſterreichiſchen Landen. Er muß deswegen, ſo oft jemand von dieſer hoͤchſten Familie in das Land koͤmmt, ſich da, wo der Hof iſt, einfinden, Meſſe leſen, bei der Tafel das Tiſch- gebet verrichten, und ſo hatte der jetzige Fuͤrſt auch das traurige Geſchaͤft, der letztverſtorbenen Monarchin in Freiburg die Exſequien zu halten, und die Stimme der Religion, und ſo vieler klagender Voͤlker am Grabe dieſer wohlthaͤtigen Frau zu ſeyn.
Was die Regierung des kleinen geiſtlichen Staats betrift, ſo haͤlt der Fuͤrſt einige wenige weltliche Beam- te, die in eigenen Gebaͤuden neben dem Kloſter wohnen, und die Taſel bei Hofe haben. Mit dieſen haͤlt er alle Woche Konferenz, laͤßt ſich Briefe und Rechnungen vorlegen, und arbeitet ſelber viel mit ihnen. Unmittel- bar ſteht der P. Groskeller unter ihm. Alle Rechnun- gen von Probſteien, Amtleuten, Superioren und Schaff- nern ſieht der P. Oberrechner durch, und erhaͤlt dafuͤr von jedem Rechner, ſobald die Rechnung abgehoͤrt worden iſt, und er ihm ſein Abſolutorium, das der Fuͤrſt ſelber un- terſchreibt, zugeſchickt hat, elnen Dukaten nach der Taxe. Dieſe Dukaten verwendet der P. Oberrechner fuͤr das Naturalienkabinet, wovon ich Ihnen bald mehr ſagen will. Als Graf von Bondorf haͤlt der Fuͤrſt 3. gemeine Soldaten, die einander am Portal alle 2. Stunden ab- loͤſen. Zu ſeiner Bedienung iſt ein Kammerdiener, ein
junger
Zweiter Theil. C c
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Fuͤrſten von St. Blaſien, und es waͤre freilich zu wuͤn-
ſchen, daß auch in der proteſtantiſchen Kirche viele Fuͤr-
ſten waͤren, welche die Talente und den gemeinnuͤtzigen Fleis
der faͤhigen Koͤpfe im Lande durch aͤhnliche Belohnungen
erweckten und unterſtuͤtzten. Der Fuͤrſt iſt Erzkaplan
vom Kaiſerlichen Hauſe in den Vorderoͤſterreichiſchen
Landen. Er muß deswegen, ſo oft jemand von dieſer
hoͤchſten Familie in das Land koͤmmt, ſich da, wo der
Hof iſt, einfinden, Meſſe leſen, bei der Tafel das Tiſch-
gebet verrichten, und ſo hatte der jetzige Fuͤrſt auch das
traurige Geſchaͤft, der letztverſtorbenen Monarchin in
Freiburg die Exſequien zu halten, und die Stimme der
Religion, und ſo vieler klagender Voͤlker am Grabe dieſer
wohlthaͤtigen Frau zu ſeyn.
Was die Regierung des kleinen geiſtlichen Staats
betrift, ſo haͤlt der Fuͤrſt einige wenige weltliche Beam-
te, die in eigenen Gebaͤuden neben dem Kloſter wohnen,
und die Taſel bei Hofe haben. Mit dieſen haͤlt er alle
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gen von Probſteien, Amtleuten, Superioren und Schaff-
nern ſieht der P. Oberrechner durch, und erhaͤlt dafuͤr von
jedem Rechner, ſobald die Rechnung abgehoͤrt worden iſt,
und er ihm ſein Abſolutorium, das der Fuͤrſt ſelber un-
terſchreibt, zugeſchickt hat, elnen Dukaten nach der Taxe.
Dieſe Dukaten verwendet der P. Oberrechner fuͤr das
Naturalienkabinet, wovon ich Ihnen bald mehr ſagen will.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/439>, abgerufen am 22.11.2024.
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