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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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schmückten Legende, die an den Wänden der Kirche in
Todtmoos abgemalt ist. Diese Kirche hat einige
Schönheiten, sie ist zwar nur von Holz, entweder ver-
goldet oder marmorirt. Auch hier sieht man, wie über-
oll in katholischen Ländern, die Agathenzettel an allen
Thüren und Eingängen angeklebt. Ich muß gestehen,
daß ich vorher die Bedeutung der drei Buchstaben, C.
M. B.,
die gewöhnlich unten beigeschrieben sind, nicht
gewußt habe. Ein Pater aus dem Superiorat erklärte
mir es so: Es wären die Anfangsbuchstaben von den
Namen der heiligen drei Könige, Caspar, Melchior,
Balzer
oder Balthasar. Denn diese Zettel werden
[a]m Agathen- und am Dreikönigstage in der Kirche
geweiht. Ein anderer Pater hatte in dieser Probstei ei-
nen schönen Sperber an einer Leine vor dem Fenster.
Er war in diesen Gegenden gefangen worden, und trug
ein herrliches schwarzes Band auf dem Rücken.

Nach Tische setzte ich die Reise fort, und war nach
wenigen Stunden in St. Blasien.

Auf dem Todtmoos hatte ich schon den P. Ober-
pfleger
angetroffen, der eben von seinen halbjährigen
Schulvsitationen zurückkam und nach dem Kloster ritt,
um dem Fürsten seinen Bericht zu erstatten. Er war
bereits in alter, aber ein ehrwürdiger, einsichtsvoller
und liebeicher Mann. Wir sprachen zusammen über
die Einrchtung der Oesterreichischen und Baadischen
Schulen und manches, das ich ihm erzählte, gefiel
ihm sehr wohl. Er setzte sich nachher in seine Chaise,
und lies sch die schrecklichen Berge hinaufziehen. Ich
hatte das Vergnügen, an und vor seinem Wagen zu
reiten, u[nd] so erreichten wir endlich die letzte Höhe, die

man
B b 4

ſchmuͤckten Legende, die an den Waͤnden der Kirche in
Todtmoos abgemalt iſt. Dieſe Kirche hat einige
Schoͤnheiten, ſie iſt zwar nur von Holz, entweder ver-
goldet oder marmorirt. Auch hier ſieht man, wie uͤber-
oll in katholiſchen Laͤndern, die Agathenzettel an allen
Thuͤren und Eingaͤngen angeklebt. Ich muß geſtehen,
daß ich vorher die Bedeutung der drei Buchſtaben, C.
M. B.,
die gewoͤhnlich unten beigeſchrieben ſind, nicht
gewußt habe. Ein Pater aus dem Superiorat erklaͤrte
mir es ſo: Es waͤren die Anfangsbuchſtaben von den
Namen der heiligen drei Koͤnige, Caſpar, Melchior,
Balzer
oder Balthaſar. Denn dieſe Zettel werden
[a]m Agathen- und am Dreikoͤnigstage in der Kirche
geweiht. Ein anderer Pater hatte in dieſer Probſtei ei-
nen ſchoͤnen Sperber an einer Leine vor dem Fenſter.
Er war in dieſen Gegenden gefangen worden, und trug
ein herrliches ſchwarzes Band auf dem Ruͤcken.

Nach Tiſche ſetzte ich die Reiſe fort, und war nach
wenigen Stunden in St. Blaſien.

Auf dem Todtmoos hatte ich ſchon den P. Ober-
pfleger
angetroffen, der eben von ſeinen halbjaͤhrigen
Schulvſitationen zuruͤckkam und nach dem Kloſter ritt,
um dem Fuͤrſten ſeinen Bericht zu erſtatten. Er war
bereits in alter, aber ein ehrwuͤrdiger, einſichtsvoller
und liebeicher Mann. Wir ſprachen zuſammen uͤber
die Einrchtung der Oeſterreichiſchen und Baadiſchen
Schulen und manches, das ich ihm erzaͤhlte, gefiel
ihm ſehr wohl. Er ſetzte ſich nachher in ſeine Chaiſe,
und lies ſch die ſchrecklichen Berge hinaufziehen. Ich
hatte das Vergnuͤgen, an und vor ſeinem Wagen zu
reiten, u[nd] ſo erreichten wir endlich die letzte Hoͤhe, die

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[391/0429] ſchmuͤckten Legende, die an den Waͤnden der Kirche in Todtmoos abgemalt iſt. Dieſe Kirche hat einige Schoͤnheiten, ſie iſt zwar nur von Holz, entweder ver- goldet oder marmorirt. Auch hier ſieht man, wie uͤber- oll in katholiſchen Laͤndern, die Agathenzettel an allen Thuͤren und Eingaͤngen angeklebt. Ich muß geſtehen, daß ich vorher die Bedeutung der drei Buchſtaben, C. M. B., die gewoͤhnlich unten beigeſchrieben ſind, nicht gewußt habe. Ein Pater aus dem Superiorat erklaͤrte mir es ſo: Es waͤren die Anfangsbuchſtaben von den Namen der heiligen drei Koͤnige, Caſpar, Melchior, Balzer oder Balthaſar. Denn dieſe Zettel werden am Agathen- und am Dreikoͤnigstage in der Kirche geweiht. Ein anderer Pater hatte in dieſer Probſtei ei- nen ſchoͤnen Sperber an einer Leine vor dem Fenſter. Er war in dieſen Gegenden gefangen worden, und trug ein herrliches ſchwarzes Band auf dem Ruͤcken. Nach Tiſche ſetzte ich die Reiſe fort, und war nach wenigen Stunden in St. Blaſien. Auf dem Todtmoos hatte ich ſchon den P. Ober- pfleger angetroffen, der eben von ſeinen halbjaͤhrigen Schulvſitationen zuruͤckkam und nach dem Kloſter ritt, um dem Fuͤrſten ſeinen Bericht zu erſtatten. Er war bereits in alter, aber ein ehrwuͤrdiger, einſichtsvoller und liebeicher Mann. Wir ſprachen zuſammen uͤber die Einrchtung der Oeſterreichiſchen und Baadiſchen Schulen und manches, das ich ihm erzaͤhlte, gefiel ihm ſehr wohl. Er ſetzte ſich nachher in ſeine Chaiſe, und lies ſch die ſchrecklichen Berge hinaufziehen. Ich hatte das Vergnuͤgen, an und vor ſeinem Wagen zu reiten, und ſo erreichten wir endlich die letzte Hoͤhe, die man B b 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/429>, abgerufen am 22.11.2024.