bietet. Ehedessen war es nur eine Kirche auf dem soge- nannten Michelsberg. Die Kirche steht auch noch, ist wenigstens 800. Jahr alt, und wurde 1618. wieder er- neuert. Nachgehends wurde dieses mühsam, aber äus- serst starke und massive Werk dazu gebaut, und Schade wäre es, wenn dem Einstürzen dieses schätzbaren Denk- mals des Alterthums nicht Einhalt gethan würde. Die Festung hat vorne 9. Thore, die mit eisernen Banden und Beschlägen fast ganz überzogen sind. Gleich im Hofe sieht man einen kupfernen Kessel, der im Boden eingemacht, und mit einem hölzernen Häuschen umge- ben ist. Er ist 30. Schuh tief, das Kupfer ist nur, wo man sehen kan, Fingersdick; oben ist der Durchmes- ser 10. Schuhe; am Rande steht: Maria Sidonia, Margaräfin von Baaden. Sie soll ihn in ihrem Wittwenstande haben machen lassen. Seine Bestim- mung war zum vorräthigen Wasser in Kriegszeiten. Denn nicht weit davon ist ein Brunnen, der zwar nicht so tief ist, aber doch klares und gutes Wasser hat. Von diesem Brunnen gingen drei Kanäle unter dem Boden hin nach dem Kessel, wovon die Spuren noch sehr sicht- bar sind, und diese Leitungen füllten den kupfernen Sack in zween Tagen, wenn das Wasser in die Kanäle gerich- tet wurde. Durch Hülfe dieses Wasserbehältnisses konn- te man immer vor der grösten Gefahr, wenigstens für ei- nige Zeit, gesichert seyn, und man gab auch davon her, was zum Waschen und Viehtränken nöthig war. Das ganze Gebäude selber ist mit einer Mauer umgeben, wo der Vertheidigungsgang, die Schiesscharten, und die Schilderhäuser noch merklich sind. Erst oben sieht man den grossen Umfang dieser Anlage. Unten, und von Ferne gesehen, scheint es nur ein kleines Landhaus zu seyn.
Auf
bietet. Ehedeſſen war es nur eine Kirche auf dem ſoge- nannten Michelsberg. Die Kirche ſteht auch noch, iſt wenigſtens 800. Jahr alt, und wurde 1618. wieder er- neuert. Nachgehends wurde dieſes muͤhſam, aber aͤuſ- ſerſt ſtarke und maſſive Werk dazu gebaut, und Schade waͤre es, wenn dem Einſtuͤrzen dieſes ſchaͤtzbaren Denk- mals des Alterthums nicht Einhalt gethan wuͤrde. Die Feſtung hat vorne 9. Thore, die mit eiſernen Banden und Beſchlaͤgen faſt ganz uͤberzogen ſind. Gleich im Hofe ſieht man einen kupfernen Keſſel, der im Boden eingemacht, und mit einem hoͤlzernen Haͤuschen umge- ben iſt. Er iſt 30. Schuh tief, das Kupfer iſt nur, wo man ſehen kan, Fingersdick; oben iſt der Durchmeſ- ſer 10. Schuhe; am Rande ſteht: Maria Sidonia, Margaraͤfin von Baaden. Sie ſoll ihn in ihrem Wittwenſtande haben machen laſſen. Seine Beſtim- mung war zum vorraͤthigen Waſſer in Kriegszeiten. Denn nicht weit davon iſt ein Brunnen, der zwar nicht ſo tief iſt, aber doch klares und gutes Waſſer hat. Von dieſem Brunnen gingen drei Kanaͤle unter dem Boden hin nach dem Keſſel, wovon die Spuren noch ſehr ſicht- bar ſind, und dieſe Leitungen fuͤllten den kupfernen Sack in zween Tagen, wenn das Waſſer in die Kanaͤle gerich- tet wurde. Durch Huͤlfe dieſes Waſſerbehaͤltniſſes konn- te man immer vor der groͤſten Gefahr, wenigſtens fuͤr ei- nige Zeit, geſichert ſeyn, und man gab auch davon her, was zum Waſchen und Viehtraͤnken noͤthig war. Das ganze Gebaͤude ſelber iſt mit einer Mauer umgeben, wo der Vertheidigungsgang, die Schiesſcharten, und die Schilderhaͤuſer noch merklich ſind. Erſt oben ſieht man den groſſen Umfang dieſer Anlage. Unten, und von Ferne geſehen, ſcheint es nur ein kleines Landhaus zu ſeyn.
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bietet. Ehedeſſen war es nur eine Kirche auf dem ſoge-
nannten Michelsberg. Die Kirche ſteht auch noch, iſt
wenigſtens 800. Jahr alt, und wurde 1618. wieder er-
neuert. Nachgehends wurde dieſes muͤhſam, aber aͤuſ-
ſerſt ſtarke und maſſive Werk dazu gebaut, und Schade
waͤre es, wenn dem Einſtuͤrzen dieſes ſchaͤtzbaren Denk-
mals des Alterthums nicht Einhalt gethan wuͤrde. Die
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und Beſchlaͤgen faſt ganz uͤberzogen ſind. Gleich im
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eingemacht, und mit einem hoͤlzernen Haͤuschen umge-
ben iſt. Er iſt 30. Schuh tief, das Kupfer iſt nur,
wo man ſehen kan, Fingersdick; oben iſt der Durchmeſ-
ſer 10. Schuhe; am Rande ſteht: Maria Sidonia,
Margaraͤfin von Baaden. Sie ſoll ihn in ihrem
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mung war zum vorraͤthigen Waſſer in Kriegszeiten.
Denn nicht weit davon iſt ein Brunnen, der zwar nicht
ſo tief iſt, aber doch klares und gutes Waſſer hat. Von
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hin nach dem Keſſel, wovon die Spuren noch ſehr ſicht-
bar ſind, und dieſe Leitungen fuͤllten den kupfernen Sack
in zween Tagen, wenn das Waſſer in die Kanaͤle gerich-
tet wurde. Durch Huͤlfe dieſes Waſſerbehaͤltniſſes konn-
te man immer vor der groͤſten Gefahr, wenigſtens fuͤr ei-
nige Zeit, geſichert ſeyn, und man gab auch davon her,
was zum Waſchen und Viehtraͤnken noͤthig war. Das
ganze Gebaͤude ſelber iſt mit einer Mauer umgeben, wo
der Vertheidigungsgang, die Schiesſcharten, und die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/292>, abgerufen am 22.11.2024.
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