Die Realschule. Auf der Modellkammer zeigte man mir einen Römischen Triumphzug, einen Dresch- wagen, Silberschlag's Maschine, versandete Ströme zu reinigen u. dgl. Aber grade die ökonomischen und nütz- lichen Werkzeuge, Pflug und dergleichen sehlten. Was hier das Naturalienkabinet heist, ist ein nicht nennens- werther Rumpelkasten, den ein Kandidat Sander aus Magdeburg in Ordnung bringen soll. In dem der Realschule gehörenden botanischen Garten vorm Tho- re, war jetzt alles durch die Dürre erschrecklich verkröpelt; der Boden ist aber auch der klärste und trockenste Sand. Kleine Asters, kleine Palmen, kleine Zinniae standen da. Auch im Sande werfen hier Maulwürfe, die sich von den benachbarten Orten, um dem Wasser zu ent- gehen, daher ziehen.
Die Königl. Porzellanfabrik. Man hat mit vie- len schlesischen Thonarten Versuche gemacht. Auch hier läst man einem nichts sehen, als das Waarenlager. Blendend weis ist das Porzellän, aber auch schwerer als das Meißner, und das von Seve. Der Direktor be- hauptete zwar, daß die Arbeiter immer noch zu viel Mas- se zu jedem Stücke nähmen, er habe bei genauen Versu- chen einerlei specifike Schwere mit dem Meißner bekom- men. Alles hat hier seine Taxe, und wird für des Kö- nigs Rechnung gemacht. Der Absatz ist gros. Be- ständig kommen Bestellungen aus Rußland etc. sonder- lich geht es sehr stark nach Pohlen. Man macht hier jedem alles so, wie es bestellet wird. An der Malerei und Vergoldung mangelt nichts. Der Platz des Waa- renlagers ist viel zu eng. Der König war aber heut selbst da, und befahl, daß noch ein Flügel gebaut werden sollte.
Am
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Die Realſchule. Auf der Modellkammer zeigte man mir einen Roͤmiſchen Triumphzug, einen Dreſch- wagen, Silberſchlag’s Maſchine, verſandete Stroͤme zu reinigen u. dgl. Aber grade die oͤkonomiſchen und nuͤtz- lichen Werkzeuge, Pflug und dergleichen ſehlten. Was hier das Naturalienkabinet heiſt, iſt ein nicht nennens- werther Rumpelkaſten, den ein Kandidat Sander aus Magdeburg in Ordnung bringen ſoll. In dem der Realſchule gehoͤrenden botaniſchen Garten vorm Tho- re, war jetzt alles durch die Duͤrre erſchrecklich verkroͤpelt; der Boden iſt aber auch der klaͤrſte und trockenſte Sand. Kleine Aſters, kleine Palmen, kleine Zinniae ſtanden da. Auch im Sande werfen hier Maulwuͤrfe, die ſich von den benachbarten Orten, um dem Waſſer zu ent- gehen, daher ziehen.
Die Koͤnigl. Porzellanfabrik. Man hat mit vie- len ſchleſiſchen Thonarten Verſuche gemacht. Auch hier laͤſt man einem nichts ſehen, als das Waarenlager. Blendend weis iſt das Porzellaͤn, aber auch ſchwerer als das Meißner, und das von Seve. Der Direktor be- hauptete zwar, daß die Arbeiter immer noch zu viel Maſ- ſe zu jedem Stuͤcke naͤhmen, er habe bei genauen Verſu- chen einerlei ſpecifike Schwere mit dem Meißner bekom- men. Alles hat hier ſeine Taxe, und wird fuͤr des Koͤ- nigs Rechnung gemacht. Der Abſatz iſt gros. Be- ſtaͤndig kommen Beſtellungen aus Rußland ꝛc. ſonder- lich geht es ſehr ſtark nach Pohlen. Man macht hier jedem alles ſo, wie es beſtellet wird. An der Malerei und Vergoldung mangelt nichts. Der Platz des Waa- renlagers iſt viel zu eng. Der Koͤnig war aber heut ſelbſt da, und befahl, daß noch ein Fluͤgel gebaut werden ſollte.
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Die Realſchule. Auf der Modellkammer zeigte
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zu reinigen u. dgl. Aber grade die oͤkonomiſchen und nuͤtz-
lichen Werkzeuge, Pflug und dergleichen ſehlten. Was
hier das Naturalienkabinet heiſt, iſt ein nicht nennens-
werther Rumpelkaſten, den ein Kandidat Sander aus
Magdeburg in Ordnung bringen ſoll. In dem der
Realſchule gehoͤrenden botaniſchen Garten vorm Tho-
re, war jetzt alles durch die Duͤrre erſchrecklich verkroͤpelt;
der Boden iſt aber auch der klaͤrſte und trockenſte Sand.
Kleine Aſters, kleine Palmen, kleine Zinniae ſtanden
da. Auch im Sande werfen hier Maulwuͤrfe, die
ſich von den benachbarten Orten, um dem Waſſer zu ent-
gehen, daher ziehen.
Die Koͤnigl. Porzellanfabrik. Man hat mit vie-
len ſchleſiſchen Thonarten Verſuche gemacht. Auch
hier laͤſt man einem nichts ſehen, als das Waarenlager.
Blendend weis iſt das Porzellaͤn, aber auch ſchwerer als
das Meißner, und das von Seve. Der Direktor be-
hauptete zwar, daß die Arbeiter immer noch zu viel Maſ-
ſe zu jedem Stuͤcke naͤhmen, er habe bei genauen Verſu-
chen einerlei ſpecifike Schwere mit dem Meißner bekom-
men. Alles hat hier ſeine Taxe, und wird fuͤr des Koͤ-
nigs Rechnung gemacht. Der Abſatz iſt gros. Be-
ſtaͤndig kommen Beſtellungen aus Rußland ꝛc. ſonder-
lich geht es ſehr ſtark nach Pohlen. Man macht hier
jedem alles ſo, wie es beſtellet wird. An der Malerei
und Vergoldung mangelt nichts. Der Platz des Waa-
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da, und befahl, daß noch ein Fluͤgel gebaut werden ſollte.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/233>, abgerufen am 26.11.2024.
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