Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

schenkte auf den Altar einige Drechseleien von seiner eige-
nen Hand. Auch stehen daran 2. römische Säulen, die
der Pabst dazu schenkte. Sonst war die Besatzung in
dem dabei liegenden Städtchen eingepfarrt, aber 1671.
kam der erste Guarnisonprediger dahin. Die Todten
werden gleich von der Festung herunter gebracht.

Die Friedrichsburg, ein Haus auf dem Wall zum
Spielen, Kaffeetrinken und dergl. bestimme. Hier schlief
1678. ein Page Heinrich von Grunau, der mit dem
Churfürsten Johann Georg dem II. hier war, sich be-
trunken hatte, und zur Schießscharte herauskroch, auf
dem äussersten Absatze der Mauer ein. Der Churfürst
lies ihn, ohne ihn aufzuwecken, mit Stricken festbinden,
und so am Rande des schauervollen Abgrundes aufwa-
chen *). Nachher stürzte der nämliche Mann, als er
dem Churfürsten in Dresden über die Elbbrücke, die
damals noch kein Geländer hatte, vorritt, in den Strom
herab, ward aber auch da errettet, und wurde 108. Jahr
alt.

Die Kasematten gehen um die ganze Festung her-
um. Seit 1767. baut man an den neuen. Sie sollen
so fest seyn, daß die Bomben, wenn sie auch etlichemahl
an dem nämlichen Orte aufschlügen, und die obersten La-
gen durchlöcherten, auf dem Schutt, der unter diesen liegt,
alle Elastizität verlöhren, und die untre doch nicht durch-
schlügen. In den obern kan man aufrecht gehen. Selbst
die Abtritte sind Bombenfest. Für den Winter sind
Zugöfen und französische Kamine gebaut. Diese Ka-

sematten
*) Daher dieser Ort auch bis jetzt noch das Pagenbette
heist. Herausgeber.

ſchenkte auf den Altar einige Drechſeleien von ſeiner eige-
nen Hand. Auch ſtehen daran 2. roͤmiſche Saͤulen, die
der Pabſt dazu ſchenkte. Sonſt war die Beſatzung in
dem dabei liegenden Staͤdtchen eingepfarrt, aber 1671.
kam der erſte Guarniſonprediger dahin. Die Todten
werden gleich von der Feſtung herunter gebracht.

Die Friedrichsburg, ein Haus auf dem Wall zum
Spielen, Kaffeetrinken und dergl. beſtimme. Hier ſchlief
1678. ein Page Heinrich von Grunau, der mit dem
Churfuͤrſten Johann Georg dem II. hier war, ſich be-
trunken hatte, und zur Schießſcharte herauskroch, auf
dem aͤuſſerſten Abſatze der Mauer ein. Der Churfuͤrſt
lies ihn, ohne ihn aufzuwecken, mit Stricken feſtbinden,
und ſo am Rande des ſchauervollen Abgrundes aufwa-
chen *). Nachher ſtuͤrzte der naͤmliche Mann, als er
dem Churfuͤrſten in Dresden uͤber die Elbbruͤcke, die
damals noch kein Gelaͤnder hatte, vorritt, in den Strom
herab, ward aber auch da errettet, und wurde 108. Jahr
alt.

Die Kaſematten gehen um die ganze Feſtung her-
um. Seit 1767. baut man an den neuen. Sie ſollen
ſo feſt ſeyn, daß die Bomben, wenn ſie auch etlichemahl
an dem naͤmlichen Orte aufſchluͤgen, und die oberſten La-
gen durchloͤcherten, auf dem Schutt, der unter dieſen liegt,
alle Elaſtizitaͤt verloͤhren, und die untre doch nicht durch-
ſchluͤgen. In den obern kan man aufrecht gehen. Selbſt
die Abtritte ſind Bombenfeſt. Fuͤr den Winter ſind
Zugoͤfen und franzoͤſiſche Kamine gebaut. Dieſe Ka-

ſematten
*) Daher dieſer Ort auch bis jetzt noch das Pagenbette
heiſt. Herausgeber.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0210" n="172"/>
&#x017F;chenkte auf den Altar einige Drech&#x017F;eleien von &#x017F;einer eige-<lb/>
nen Hand. Auch &#x017F;tehen daran 2. ro&#x0364;mi&#x017F;che Sa&#x0364;ulen, die<lb/>
der Pab&#x017F;t dazu &#x017F;chenkte. Son&#x017F;t war die Be&#x017F;atzung in<lb/>
dem dabei liegenden Sta&#x0364;dtchen eingepfarrt, aber 1671.<lb/>
kam der er&#x017F;te Guarni&#x017F;onprediger dahin. Die Todten<lb/>
werden gleich von der Fe&#x017F;tung herunter gebracht.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Friedrichsburg,</hi> ein Haus auf dem Wall zum<lb/>
Spielen, Kaffeetrinken und dergl. be&#x017F;timme. Hier &#x017F;chlief<lb/>
1678. ein Page <hi rendition="#fr">Heinrich von Grunau,</hi> der mit dem<lb/>
Churfu&#x0364;r&#x017F;ten <hi rendition="#fr">Johann Georg</hi> dem <hi rendition="#aq">II.</hi> hier war, &#x017F;ich be-<lb/>
trunken hatte, und zur Schieß&#x017F;charte herauskroch, auf<lb/>
dem a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Ab&#x017F;atze der Mauer ein. Der Churfu&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
lies ihn, ohne ihn aufzuwecken, mit Stricken fe&#x017F;tbinden,<lb/>
und &#x017F;o am Rande des &#x017F;chauervollen Abgrundes aufwa-<lb/>
chen <note place="foot" n="*)">Daher die&#x017F;er Ort auch bis jetzt noch das <hi rendition="#fr">Pagenbette</hi><lb/>
hei&#x017F;t. <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Herausgeber.</hi></hi></note>. Nachher &#x017F;tu&#x0364;rzte der na&#x0364;mliche Mann, als er<lb/>
dem Churfu&#x0364;r&#x017F;ten in <hi rendition="#fr">Dresden</hi> u&#x0364;ber die <hi rendition="#fr">Elbb</hi>ru&#x0364;cke, die<lb/>
damals noch kein Gela&#x0364;nder hatte, vorritt, in den Strom<lb/>
herab, ward aber auch da errettet, und wurde 108. Jahr<lb/>
alt.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Ka&#x017F;ematten</hi> gehen um die ganze Fe&#x017F;tung her-<lb/>
um. Seit 1767. baut man an den neuen. Sie &#x017F;ollen<lb/>
&#x017F;o fe&#x017F;t &#x017F;eyn, daß die Bomben, wenn &#x017F;ie auch etlichemahl<lb/>
an dem na&#x0364;mlichen Orte auf&#x017F;chlu&#x0364;gen, und die ober&#x017F;ten La-<lb/>
gen durchlo&#x0364;cherten, auf dem Schutt, der unter die&#x017F;en liegt,<lb/>
alle Ela&#x017F;tizita&#x0364;t verlo&#x0364;hren, und die untre doch nicht durch-<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;gen. In den obern kan man aufrecht gehen. Selb&#x017F;t<lb/>
die Abtritte &#x017F;ind Bombenfe&#x017F;t. Fu&#x0364;r den Winter &#x017F;ind<lb/>
Zugo&#x0364;fen und franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Kamine gebaut. Die&#x017F;e Ka-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ematten</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0210] ſchenkte auf den Altar einige Drechſeleien von ſeiner eige- nen Hand. Auch ſtehen daran 2. roͤmiſche Saͤulen, die der Pabſt dazu ſchenkte. Sonſt war die Beſatzung in dem dabei liegenden Staͤdtchen eingepfarrt, aber 1671. kam der erſte Guarniſonprediger dahin. Die Todten werden gleich von der Feſtung herunter gebracht. Die Friedrichsburg, ein Haus auf dem Wall zum Spielen, Kaffeetrinken und dergl. beſtimme. Hier ſchlief 1678. ein Page Heinrich von Grunau, der mit dem Churfuͤrſten Johann Georg dem II. hier war, ſich be- trunken hatte, und zur Schießſcharte herauskroch, auf dem aͤuſſerſten Abſatze der Mauer ein. Der Churfuͤrſt lies ihn, ohne ihn aufzuwecken, mit Stricken feſtbinden, und ſo am Rande des ſchauervollen Abgrundes aufwa- chen *). Nachher ſtuͤrzte der naͤmliche Mann, als er dem Churfuͤrſten in Dresden uͤber die Elbbruͤcke, die damals noch kein Gelaͤnder hatte, vorritt, in den Strom herab, ward aber auch da errettet, und wurde 108. Jahr alt. Die Kaſematten gehen um die ganze Feſtung her- um. Seit 1767. baut man an den neuen. Sie ſollen ſo feſt ſeyn, daß die Bomben, wenn ſie auch etlichemahl an dem naͤmlichen Orte aufſchluͤgen, und die oberſten La- gen durchloͤcherten, auf dem Schutt, der unter dieſen liegt, alle Elaſtizitaͤt verloͤhren, und die untre doch nicht durch- ſchluͤgen. In den obern kan man aufrecht gehen. Selbſt die Abtritte ſind Bombenfeſt. Fuͤr den Winter ſind Zugoͤfen und franzoͤſiſche Kamine gebaut. Dieſe Ka- ſematten *) Daher dieſer Ort auch bis jetzt noch das Pagenbette heiſt. Herausgeber.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/210
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/210>, abgerufen am 24.11.2024.