gen. Ich ging also in die Stadtkirche, und hörte ei- nen Collabor. Gymn.Liebmann übers Evang. Luc. XV. Dom. XI. p. Tr. predigen. Er handelte: Von der Gefahr des Selbstbetrugs.I) Von diesem selbst. II) Von der Gefahr. Die Anwendung machte er auf die in voriger Woche in 2. Tagen fast ganz abge- brannte Stadt Ilm im Rudolstädtischen, wo bei 300. Brandstellen waren. Die Warnung vor Irreligion, Profanität und Verdammungsurtheil dabei war sehr schön und gefiel mir. Er rühmte die bereits, auch von Ka- tholicken, auch von Nachbarn eingesandten Beisteuern, ermahnte zur Kollekte, und sagte dabei, die Armen im Volk sollten wenigstens für die Unglücklichen beten. Im Kirchengebete waren die Salz- und Bergwerke des Lan- des mit eingeschlossen, aber bei der Fürbitte für den Für- sten zu viel Titulatur; sein Name und alle seine Her- schaften und Grafschaften wurden hergelesen, darauf folg- te noch eine Danksagung, da ein Sohn vom Erbprinzen ein Jahr älter geworden. Ich ging in die Sakristei, gab dem Prediger meinen Beitrag, und fuhr fort nach Weimar. Der Weg dahin geht gröstentheils durch die Grafschaft Gleichen, Hazfeldischen Antheils, und läuft über die angenehmsten Fruchtfelder hin, wo man aber kaum angefangen hatte, zu schneiden. Ich kam durch Lengefeld, Neckerrode, Blankenhayn, wo's wegen der Feuersgefahr bei 5. Thaler Strafe verbothen war, mit der brennenden Tobakspfeife über die Strasse zu ge- hen. Das Weimarische Land selbst scheint bei weitem nicht so gut zu seyn, als diese Grafschaft. --
Das deutsche Reichs-Conventions-Geld geht noch in ganz Judenbach; auch in Reichmannsdorf
nimmt
gen. Ich ging alſo in die Stadtkirche, und hoͤrte ei- nen Collabor. Gymn.Liebmann uͤbers Evang. Luc. XV. Dom. XI. p. Tr. predigen. Er handelte: Von der Gefahr des Selbſtbetrugs.I) Von dieſem ſelbſt. II) Von der Gefahr. Die Anwendung machte er auf die in voriger Woche in 2. Tagen faſt ganz abge- brannte Stadt Ilm im Rudolſtaͤdtiſchen, wo bei 300. Brandſtellen waren. Die Warnung vor Irreligion, Profanitaͤt und Verdammungsurtheil dabei war ſehr ſchoͤn und gefiel mir. Er ruͤhmte die bereits, auch von Ka- tholicken, auch von Nachbarn eingeſandten Beiſteuern, ermahnte zur Kollekte, und ſagte dabei, die Armen im Volk ſollten wenigſtens fuͤr die Ungluͤcklichen beten. Im Kirchengebete waren die Salz- und Bergwerke des Lan- des mit eingeſchloſſen, aber bei der Fuͤrbitte fuͤr den Fuͤr- ſten zu viel Titulatur; ſein Name und alle ſeine Her- ſchaften und Grafſchaften wurden hergeleſen, darauf folg- te noch eine Dankſagung, da ein Sohn vom Erbprinzen ein Jahr aͤlter geworden. Ich ging in die Sakriſtei, gab dem Prediger meinen Beitrag, und fuhr fort nach Weimar. Der Weg dahin geht groͤſtentheils durch die Grafſchaft Gleichen, Hazfeldiſchen Antheils, und laͤuft uͤber die angenehmſten Fruchtfelder hin, wo man aber kaum angefangen hatte, zu ſchneiden. Ich kam durch Lengefeld, Neckerrode, Blankenhayn, wo’s wegen der Feuersgefahr bei 5. Thaler Strafe verbothen war, mit der brennenden Tobakspfeife uͤber die Straſſe zu ge- hen. Das Weimariſche Land ſelbſt ſcheint bei weitem nicht ſo gut zu ſeyn, als dieſe Grafſchaft. —
Das deutſche Reichs-Conventions-Geld geht noch in ganz Judenbach; auch in Reichmannsdorf
nimmt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0136"n="98"/>
gen. Ich ging alſo in die <hirendition="#fr">Stadtkirche,</hi> und hoͤrte ei-<lb/>
nen <hirendition="#aq">Collabor. Gymn.</hi><hirendition="#fr">Liebmann</hi> uͤbers Evang. Luc.<lb/><hirendition="#aq">XV. Dom. XI. p. Tr.</hi> predigen. Er handelte: <hirendition="#fr">Von<lb/>
der Gefahr des Selbſtbetrugs.</hi><hirendition="#aq">I)</hi> Von dieſem<lb/>ſelbſt. <hirendition="#aq">II)</hi> Von der Gefahr. Die Anwendung machte<lb/>
er auf die in voriger Woche in 2. Tagen faſt ganz abge-<lb/>
brannte Stadt <hirendition="#fr">Ilm</hi> im <hirendition="#fr">Rudolſtaͤdti</hi>ſchen, wo bei 300.<lb/>
Brandſtellen waren. Die Warnung vor Irreligion,<lb/>
Profanitaͤt und Verdammungsurtheil dabei war ſehr ſchoͤn<lb/>
und gefiel mir. Er ruͤhmte die bereits, auch von Ka-<lb/>
tholicken, auch von Nachbarn eingeſandten Beiſteuern,<lb/>
ermahnte zur Kollekte, und ſagte dabei, die Armen im<lb/>
Volk ſollten wenigſtens fuͤr die Ungluͤcklichen beten. Im<lb/>
Kirchengebete waren die Salz- und Bergwerke des Lan-<lb/>
des mit eingeſchloſſen, aber bei der Fuͤrbitte fuͤr den Fuͤr-<lb/>ſten zu viel Titulatur; ſein Name und alle ſeine Her-<lb/>ſchaften und Grafſchaften wurden hergeleſen, darauf folg-<lb/>
te noch eine Dankſagung, da ein Sohn vom Erbprinzen<lb/>
ein Jahr aͤlter geworden. Ich ging in die Sakriſtei,<lb/>
gab dem Prediger meinen Beitrag, und fuhr fort nach<lb/><hirendition="#fr">Weimar.</hi> Der Weg dahin geht groͤſtentheils durch die<lb/>
Grafſchaft <hirendition="#fr">Gleichen, Hazfeld</hi>iſchen Antheils, und laͤuft<lb/>
uͤber die angenehmſten Fruchtfelder hin, wo man aber<lb/>
kaum angefangen hatte, zu ſchneiden. Ich kam durch<lb/><hirendition="#fr">Lengefeld, Neckerrode, Blankenhayn,</hi> wo’s wegen<lb/>
der Feuersgefahr bei 5. Thaler Strafe verbothen war,<lb/>
mit der brennenden Tobakspfeife uͤber die Straſſe zu ge-<lb/>
hen. Das <hirendition="#fr">Weimar</hi>iſche Land ſelbſt ſcheint bei weitem<lb/>
nicht ſo gut zu ſeyn, als dieſe Grafſchaft. —</p><lb/><p>Das <hirendition="#fr">deutſche Reichs-Conventions-Geld</hi> geht<lb/>
noch in ganz <hirendition="#fr">Judenbach;</hi> auch in <hirendition="#fr">Reichmannsdorf</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">nimmt</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[98/0136]
gen. Ich ging alſo in die Stadtkirche, und hoͤrte ei-
nen Collabor. Gymn. Liebmann uͤbers Evang. Luc.
XV. Dom. XI. p. Tr. predigen. Er handelte: Von
der Gefahr des Selbſtbetrugs. I) Von dieſem
ſelbſt. II) Von der Gefahr. Die Anwendung machte
er auf die in voriger Woche in 2. Tagen faſt ganz abge-
brannte Stadt Ilm im Rudolſtaͤdtiſchen, wo bei 300.
Brandſtellen waren. Die Warnung vor Irreligion,
Profanitaͤt und Verdammungsurtheil dabei war ſehr ſchoͤn
und gefiel mir. Er ruͤhmte die bereits, auch von Ka-
tholicken, auch von Nachbarn eingeſandten Beiſteuern,
ermahnte zur Kollekte, und ſagte dabei, die Armen im
Volk ſollten wenigſtens fuͤr die Ungluͤcklichen beten. Im
Kirchengebete waren die Salz- und Bergwerke des Lan-
des mit eingeſchloſſen, aber bei der Fuͤrbitte fuͤr den Fuͤr-
ſten zu viel Titulatur; ſein Name und alle ſeine Her-
ſchaften und Grafſchaften wurden hergeleſen, darauf folg-
te noch eine Dankſagung, da ein Sohn vom Erbprinzen
ein Jahr aͤlter geworden. Ich ging in die Sakriſtei,
gab dem Prediger meinen Beitrag, und fuhr fort nach
Weimar. Der Weg dahin geht groͤſtentheils durch die
Grafſchaft Gleichen, Hazfeldiſchen Antheils, und laͤuft
uͤber die angenehmſten Fruchtfelder hin, wo man aber
kaum angefangen hatte, zu ſchneiden. Ich kam durch
Lengefeld, Neckerrode, Blankenhayn, wo’s wegen
der Feuersgefahr bei 5. Thaler Strafe verbothen war,
mit der brennenden Tobakspfeife uͤber die Straſſe zu ge-
hen. Das Weimariſche Land ſelbſt ſcheint bei weitem
nicht ſo gut zu ſeyn, als dieſe Grafſchaft. —
Das deutſche Reichs-Conventions-Geld geht
noch in ganz Judenbach; auch in Reichmannsdorf
nimmt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/136>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.