Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

gen. Ich ging also in die Stadtkirche, und hörte ei-
nen Collabor. Gymn. Liebmann übers Evang. Luc.
XV. Dom. XI. p. Tr. predigen. Er handelte: Von
der Gefahr des Selbstbetrugs.
I) Von diesem
selbst. II) Von der Gefahr. Die Anwendung machte
er auf die in voriger Woche in 2. Tagen fast ganz abge-
brannte Stadt Ilm im Rudolstädtischen, wo bei 300.
Brandstellen waren. Die Warnung vor Irreligion,
Profanität und Verdammungsurtheil dabei war sehr schön
und gefiel mir. Er rühmte die bereits, auch von Ka-
tholicken, auch von Nachbarn eingesandten Beisteuern,
ermahnte zur Kollekte, und sagte dabei, die Armen im
Volk sollten wenigstens für die Unglücklichen beten. Im
Kirchengebete waren die Salz- und Bergwerke des Lan-
des mit eingeschlossen, aber bei der Fürbitte für den Für-
sten zu viel Titulatur; sein Name und alle seine Her-
schaften und Grafschaften wurden hergelesen, darauf folg-
te noch eine Danksagung, da ein Sohn vom Erbprinzen
ein Jahr älter geworden. Ich ging in die Sakristei,
gab dem Prediger meinen Beitrag, und fuhr fort nach
Weimar. Der Weg dahin geht gröstentheils durch die
Grafschaft Gleichen, Hazfeldischen Antheils, und läuft
über die angenehmsten Fruchtfelder hin, wo man aber
kaum angefangen hatte, zu schneiden. Ich kam durch
Lengefeld, Neckerrode, Blankenhayn, wo's wegen
der Feuersgefahr bei 5. Thaler Strafe verbothen war,
mit der brennenden Tobakspfeife über die Strasse zu ge-
hen. Das Weimarische Land selbst scheint bei weitem
nicht so gut zu seyn, als diese Grafschaft. --

Das deutsche Reichs-Conventions-Geld geht
noch in ganz Judenbach; auch in Reichmannsdorf

nimmt

gen. Ich ging alſo in die Stadtkirche, und hoͤrte ei-
nen Collabor. Gymn. Liebmann uͤbers Evang. Luc.
XV. Dom. XI. p. Tr. predigen. Er handelte: Von
der Gefahr des Selbſtbetrugs.
I) Von dieſem
ſelbſt. II) Von der Gefahr. Die Anwendung machte
er auf die in voriger Woche in 2. Tagen faſt ganz abge-
brannte Stadt Ilm im Rudolſtaͤdtiſchen, wo bei 300.
Brandſtellen waren. Die Warnung vor Irreligion,
Profanitaͤt und Verdammungsurtheil dabei war ſehr ſchoͤn
und gefiel mir. Er ruͤhmte die bereits, auch von Ka-
tholicken, auch von Nachbarn eingeſandten Beiſteuern,
ermahnte zur Kollekte, und ſagte dabei, die Armen im
Volk ſollten wenigſtens fuͤr die Ungluͤcklichen beten. Im
Kirchengebete waren die Salz- und Bergwerke des Lan-
des mit eingeſchloſſen, aber bei der Fuͤrbitte fuͤr den Fuͤr-
ſten zu viel Titulatur; ſein Name und alle ſeine Her-
ſchaften und Grafſchaften wurden hergeleſen, darauf folg-
te noch eine Dankſagung, da ein Sohn vom Erbprinzen
ein Jahr aͤlter geworden. Ich ging in die Sakriſtei,
gab dem Prediger meinen Beitrag, und fuhr fort nach
Weimar. Der Weg dahin geht groͤſtentheils durch die
Grafſchaft Gleichen, Hazfeldiſchen Antheils, und laͤuft
uͤber die angenehmſten Fruchtfelder hin, wo man aber
kaum angefangen hatte, zu ſchneiden. Ich kam durch
Lengefeld, Neckerrode, Blankenhayn, wo’s wegen
der Feuersgefahr bei 5. Thaler Strafe verbothen war,
mit der brennenden Tobakspfeife uͤber die Straſſe zu ge-
hen. Das Weimariſche Land ſelbſt ſcheint bei weitem
nicht ſo gut zu ſeyn, als dieſe Grafſchaft. —

Das deutſche Reichs-Conventions-Geld geht
noch in ganz Judenbach; auch in Reichmannsdorf

nimmt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0136" n="98"/>
gen. Ich ging al&#x017F;o in die <hi rendition="#fr">Stadtkirche,</hi> und ho&#x0364;rte ei-<lb/>
nen <hi rendition="#aq">Collabor. Gymn.</hi> <hi rendition="#fr">Liebmann</hi> u&#x0364;bers Evang. Luc.<lb/><hi rendition="#aq">XV. Dom. XI. p. Tr.</hi> predigen. Er handelte: <hi rendition="#fr">Von<lb/>
der Gefahr des Selb&#x017F;tbetrugs.</hi> <hi rendition="#aq">I)</hi> Von die&#x017F;em<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t. <hi rendition="#aq">II)</hi> Von der Gefahr. Die Anwendung machte<lb/>
er auf die in voriger Woche in 2. Tagen fa&#x017F;t ganz abge-<lb/>
brannte Stadt <hi rendition="#fr">Ilm</hi> im <hi rendition="#fr">Rudol&#x017F;ta&#x0364;dti</hi>&#x017F;chen, wo bei 300.<lb/>
Brand&#x017F;tellen waren. Die Warnung vor Irreligion,<lb/>
Profanita&#x0364;t und Verdammungsurtheil dabei war &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
und gefiel mir. Er ru&#x0364;hmte die bereits, auch von Ka-<lb/>
tholicken, auch von Nachbarn einge&#x017F;andten Bei&#x017F;teuern,<lb/>
ermahnte zur Kollekte, und &#x017F;agte dabei, die Armen im<lb/>
Volk &#x017F;ollten wenig&#x017F;tens fu&#x0364;r die Unglu&#x0364;cklichen beten. Im<lb/>
Kirchengebete waren die Salz- und Bergwerke des Lan-<lb/>
des mit einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, aber bei der Fu&#x0364;rbitte fu&#x0364;r den Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten zu viel Titulatur; &#x017F;ein Name und alle &#x017F;eine Her-<lb/>
&#x017F;chaften und Graf&#x017F;chaften wurden hergele&#x017F;en, darauf folg-<lb/>
te noch eine Dank&#x017F;agung, da ein Sohn vom Erbprinzen<lb/>
ein Jahr a&#x0364;lter geworden. Ich ging in die Sakri&#x017F;tei,<lb/>
gab dem Prediger meinen Beitrag, und fuhr fort nach<lb/><hi rendition="#fr">Weimar.</hi> Der Weg dahin geht gro&#x0364;&#x017F;tentheils durch die<lb/>
Graf&#x017F;chaft <hi rendition="#fr">Gleichen, Hazfeld</hi>i&#x017F;chen Antheils, und la&#x0364;uft<lb/>
u&#x0364;ber die angenehm&#x017F;ten Fruchtfelder hin, wo man aber<lb/>
kaum angefangen hatte, zu &#x017F;chneiden. Ich kam durch<lb/><hi rendition="#fr">Lengefeld, Neckerrode, Blankenhayn,</hi> wo&#x2019;s wegen<lb/>
der Feuersgefahr bei 5. Thaler Strafe verbothen war,<lb/>
mit der brennenden Tobakspfeife u&#x0364;ber die Stra&#x017F;&#x017F;e zu ge-<lb/>
hen. Das <hi rendition="#fr">Weimar</hi>i&#x017F;che Land &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;cheint bei weitem<lb/>
nicht &#x017F;o gut zu &#x017F;eyn, als die&#x017F;e Graf&#x017F;chaft. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Das <hi rendition="#fr">deut&#x017F;che Reichs-Conventions-Geld</hi> geht<lb/>
noch in ganz <hi rendition="#fr">Judenbach;</hi> auch in <hi rendition="#fr">Reichmannsdorf</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nimmt</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0136] gen. Ich ging alſo in die Stadtkirche, und hoͤrte ei- nen Collabor. Gymn. Liebmann uͤbers Evang. Luc. XV. Dom. XI. p. Tr. predigen. Er handelte: Von der Gefahr des Selbſtbetrugs. I) Von dieſem ſelbſt. II) Von der Gefahr. Die Anwendung machte er auf die in voriger Woche in 2. Tagen faſt ganz abge- brannte Stadt Ilm im Rudolſtaͤdtiſchen, wo bei 300. Brandſtellen waren. Die Warnung vor Irreligion, Profanitaͤt und Verdammungsurtheil dabei war ſehr ſchoͤn und gefiel mir. Er ruͤhmte die bereits, auch von Ka- tholicken, auch von Nachbarn eingeſandten Beiſteuern, ermahnte zur Kollekte, und ſagte dabei, die Armen im Volk ſollten wenigſtens fuͤr die Ungluͤcklichen beten. Im Kirchengebete waren die Salz- und Bergwerke des Lan- des mit eingeſchloſſen, aber bei der Fuͤrbitte fuͤr den Fuͤr- ſten zu viel Titulatur; ſein Name und alle ſeine Her- ſchaften und Grafſchaften wurden hergeleſen, darauf folg- te noch eine Dankſagung, da ein Sohn vom Erbprinzen ein Jahr aͤlter geworden. Ich ging in die Sakriſtei, gab dem Prediger meinen Beitrag, und fuhr fort nach Weimar. Der Weg dahin geht groͤſtentheils durch die Grafſchaft Gleichen, Hazfeldiſchen Antheils, und laͤuft uͤber die angenehmſten Fruchtfelder hin, wo man aber kaum angefangen hatte, zu ſchneiden. Ich kam durch Lengefeld, Neckerrode, Blankenhayn, wo’s wegen der Feuersgefahr bei 5. Thaler Strafe verbothen war, mit der brennenden Tobakspfeife uͤber die Straſſe zu ge- hen. Das Weimariſche Land ſelbſt ſcheint bei weitem nicht ſo gut zu ſeyn, als dieſe Grafſchaft. — Das deutſche Reichs-Conventions-Geld geht noch in ganz Judenbach; auch in Reichmannsdorf nimmt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/136
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/136>, abgerufen am 03.12.2024.