Heute sah ich auch die hiesige Bürgerwache aufzie- hen, die alle Abend den Wall besetzt. Sie sieht freilich komisch aus. Die Offiziere tragen rothe mit Gold be- setzte Röcke, und ziehen vor Bekannten im Marschiren den Hut ab. --
Den 29sten Sept.
Heute besuchte ich nach der Reihe
Hrn. Klopstock, dem ich aus meinem Hiob das 28ste Kap. bis zum Ende vorlas. Das Wort Maga- zin tadelte er, es sei in der erhabenen Poesie unedel, Be- hältnis besser; Degen im 29. Kap. klinge lange nicht so gut, als Schwerd. Wir sprachen verschiedenes über seine neue Ortographie. Er gibt dreierlei Editionen vom Messias heraus. Für einen Ton sagte er, müsse man nicht zwei Zeichen wählen. z. B. V. und F. aber eins sei so gut, wie das andre. Eine grosse Beugsamkeit der Sprachorganen besitzt er, auszusprechen, was er will.
Hrn. Prof. Büsch, einen alten werthen Freund.
Hrn. Buckius. Er besitzt ein schönes Vögelka- binet, hatte auch lebendige Psittac. Arauna. Diese Vögel stehen auf Einem Fuß, halten mit 2. Zehen der andern das Brod, wie mit einer Zange fest, und schneiden es mit dem Schnabel entzwei, und klettern wie Katzen. Die Nasenlöcher sind nicht im Schnabel, sondern an der Wurzel. -- Viele ausgestopfte Tanagra, Ember. Ampelis etc. in Wachs nachgemachte Früchte, und dergleichen sah ich hier auch.
Hrn. Bode, den Vater des Berliner Astronomen. Gros ist doch die Freude der Eltern über wohlgerathene
Kinder.
Heute ſah ich auch die hieſige Buͤrgerwache aufzie- hen, die alle Abend den Wall beſetzt. Sie ſieht freilich komiſch aus. Die Offiziere tragen rothe mit Gold be- ſetzte Roͤcke, und ziehen vor Bekannten im Marſchiren den Hut ab. —
Den 29ſten Sept.
Heute beſuchte ich nach der Reihe
Hrn. Klopſtock, dem ich aus meinem Hiob das 28ſte Kap. bis zum Ende vorlas. Das Wort Maga- zin tadelte er, es ſei in der erhabenen Poeſie unedel, Be- haͤltnis beſſer; Degen im 29. Kap. klinge lange nicht ſo gut, als Schwerd. Wir ſprachen verſchiedenes uͤber ſeine neue Ortographie. Er gibt dreierlei Editionen vom Meſſias heraus. Fuͤr einen Ton ſagte er, muͤſſe man nicht zwei Zeichen waͤhlen. z. B. V. und F. aber eins ſei ſo gut, wie das andre. Eine groſſe Beugſamkeit der Sprachorganen beſitzt er, auszuſprechen, was er will.
Hrn. Prof. Buͤſch, einen alten werthen Freund.
Hrn. Buckius. Er beſitzt ein ſchoͤnes Voͤgelka- binet, hatte auch lebendige Pſittac. Arauna. Dieſe Voͤgel ſtehen auf Einem Fuß, halten mit 2. Zehen der andern das Brod, wie mit einer Zange feſt, und ſchneiden es mit dem Schnabel entzwei, und klettern wie Katzen. Die Naſenloͤcher ſind nicht im Schnabel, ſondern an der Wurzel. — Viele ausgeſtopfte Tanagra, Ember. Ampelis etc. in Wachs nachgemachte Fruͤchte, und dergleichen ſah ich hier auch.
Hrn. Bode, den Vater des Berliner Aſtronomen. Gros iſt doch die Freude der Eltern uͤber wohlgerathene
Kinder.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0258"n="220"/><p>Heute ſah ich auch die <hirendition="#fr">hieſige Buͤrgerwache</hi> aufzie-<lb/>
hen, die alle Abend den Wall beſetzt. Sie ſieht freilich<lb/>
komiſch aus. Die Offiziere tragen rothe mit Gold be-<lb/>ſetzte Roͤcke, und ziehen vor Bekannten im Marſchiren<lb/>
den Hut ab. —</p></div><lb/><divn="3"><head>Den 29ſten Sept.</head><lb/><p>Heute beſuchte ich nach der Reihe</p><lb/><p>Hrn. <hirendition="#fr">Klopſtock,</hi> dem ich aus meinem <hirendition="#fr">Hiob</hi> das<lb/>
28ſte Kap. bis zum Ende vorlas. Das Wort <hirendition="#fr">Maga-<lb/>
zin</hi> tadelte er, es ſei in der erhabenen Poeſie unedel, <hirendition="#fr">Be-<lb/>
haͤltnis</hi> beſſer; <hirendition="#fr">Degen</hi> im 29. Kap. klinge lange nicht<lb/>ſo gut, als <hirendition="#fr">Schwerd.</hi> Wir ſprachen verſchiedenes uͤber<lb/>ſeine neue Ortographie. Er gibt dreierlei Editionen vom<lb/><hirendition="#fr">Meſſias</hi> heraus. Fuͤr einen Ton ſagte er, muͤſſe man<lb/>
nicht zwei Zeichen waͤhlen. z. B. <hirendition="#fr">V.</hi> und <hirendition="#fr">F.</hi> aber eins<lb/>ſei ſo gut, wie das andre. Eine groſſe Beugſamkeit der<lb/>
Sprachorganen beſitzt er, auszuſprechen, was er will.</p><lb/><p>Hrn. Prof. <hirendition="#fr">Buͤſch,</hi> einen alten werthen Freund.</p><lb/><p>Hrn. <hirendition="#fr">Buckius.</hi> Er beſitzt ein ſchoͤnes <hirendition="#fr">Voͤgelka-<lb/>
binet,</hi> hatte auch lebendige <hirendition="#aq">Pſittac. Arauna.</hi> Dieſe<lb/>
Voͤgel ſtehen auf Einem Fuß, halten mit 2. Zehen der<lb/>
andern das Brod, wie mit einer Zange feſt, und ſchneiden<lb/>
es mit dem Schnabel entzwei, und klettern wie Katzen.<lb/>
Die Naſenloͤcher ſind nicht im Schnabel, ſondern an der<lb/>
Wurzel. — Viele ausgeſtopfte <hirendition="#aq">Tanagra, Ember.<lb/>
Ampelis etc.</hi> in Wachs nachgemachte Fruͤchte, und<lb/>
dergleichen ſah ich hier auch.</p><lb/><p>Hrn. <hirendition="#fr">Bode,</hi> den Vater des <hirendition="#fr">Berliner</hi> Aſtronomen.<lb/>
Gros iſt doch die Freude der Eltern uͤber wohlgerathene<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Kinder.</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[220/0258]
Heute ſah ich auch die hieſige Buͤrgerwache aufzie-
hen, die alle Abend den Wall beſetzt. Sie ſieht freilich
komiſch aus. Die Offiziere tragen rothe mit Gold be-
ſetzte Roͤcke, und ziehen vor Bekannten im Marſchiren
den Hut ab. —
Den 29ſten Sept.
Heute beſuchte ich nach der Reihe
Hrn. Klopſtock, dem ich aus meinem Hiob das
28ſte Kap. bis zum Ende vorlas. Das Wort Maga-
zin tadelte er, es ſei in der erhabenen Poeſie unedel, Be-
haͤltnis beſſer; Degen im 29. Kap. klinge lange nicht
ſo gut, als Schwerd. Wir ſprachen verſchiedenes uͤber
ſeine neue Ortographie. Er gibt dreierlei Editionen vom
Meſſias heraus. Fuͤr einen Ton ſagte er, muͤſſe man
nicht zwei Zeichen waͤhlen. z. B. V. und F. aber eins
ſei ſo gut, wie das andre. Eine groſſe Beugſamkeit der
Sprachorganen beſitzt er, auszuſprechen, was er will.
Hrn. Prof. Buͤſch, einen alten werthen Freund.
Hrn. Buckius. Er beſitzt ein ſchoͤnes Voͤgelka-
binet, hatte auch lebendige Pſittac. Arauna. Dieſe
Voͤgel ſtehen auf Einem Fuß, halten mit 2. Zehen der
andern das Brod, wie mit einer Zange feſt, und ſchneiden
es mit dem Schnabel entzwei, und klettern wie Katzen.
Die Naſenloͤcher ſind nicht im Schnabel, ſondern an der
Wurzel. — Viele ausgeſtopfte Tanagra, Ember.
Ampelis etc. in Wachs nachgemachte Fruͤchte, und
dergleichen ſah ich hier auch.
Hrn. Bode, den Vater des Berliner Aſtronomen.
Gros iſt doch die Freude der Eltern uͤber wohlgerathene
Kinder.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/258>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.