der Holländer etwas erwähnen. Sie essen und trinken nicht viel, aber vielerlei; 3.-4. Schüsseln voll Gemüsse werden allemahl aufgesetzt, ferner Blumenkohl, kleinge- schnittene Bohnen, Saubohnen, die man hier gros und klein hat, und delikat zurichtet, auch Kraut. -- Suppe und Rindfleisch kömmt nicht alle Tage auf den Tisch. Das Brod und Fleisch schneiden sie in sehr dünne Schei- ben. -- Wasser trinkt man nicht, sondern Bier, fran- zösischen rothen, Mosler und Rheinwein, auch Limo- nade. Gesundheit wird, so oft man trinkt, sehr umständ- lich getrunken. Bei der Hitze pflegt man im untersten Theil des Hauses zu speisen. Hierauf bekam ich
Hrn. Paul Meier's Konchylienkabinet zu sehen. -- Ich fand einen Sachsen, dessen Karakter halb hol- ländisch, halb deutsch ist. Er sammelt lauter Konchy- lien, auch etwas Mineralien, hat auch Kuxe, kauft gan- ze Kabinette, und dies noch immer, weil er den Ruhm haben will, das gröste weitläuftigste Kabinet zu besitzen. Das hat er auch, aber in einer schlechten Ordnung. Aus seinem übrigen Vorrath könnte man wenigstens noch 6. Kabinetter zusammenbringen. Kenntnisse hat er wenig, er weis blos die Handlungs-Namen; nebst dem sind sehr viele Stücke gekünstelt, geschmiert, gefärbt, verstellt. -- Man hat in Holland sogar den weissen Hammer nach- gemacht, und Vosmaer glaubt, daß alle davon vorhan- dene Exemplare falsch seyn. Man macht besonders eine grosse Seltenheit aus den Nautilis, die Bellekin ge- schnitten hat. Er schnitt Köpfe, Wappen, Blumen etc. daran, so ein Stück kostet 100. Gulden. Sieht man solche Dinge in einem Kabinet, so wird man mißtrauisch gegen alles andre. Tadelt man's, so macht man dem
Besitzer
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der Hollaͤnder etwas erwaͤhnen. Sie eſſen und trinken nicht viel, aber vielerlei; 3.-4. Schuͤſſeln voll Gemuͤſſe werden allemahl aufgeſetzt, ferner Blumenkohl, kleinge- ſchnittene Bohnen, Saubohnen, die man hier gros und klein hat, und delikat zurichtet, auch Kraut. — Suppe und Rindfleiſch koͤmmt nicht alle Tage auf den Tiſch. Das Brod und Fleiſch ſchneiden ſie in ſehr duͤnne Schei- ben. — Waſſer trinkt man nicht, ſondern Bier, fran- zoͤſiſchen rothen, Mosler und Rheinwein, auch Limo- nade. Geſundheit wird, ſo oft man trinkt, ſehr umſtaͤnd- lich getrunken. Bei der Hitze pflegt man im unterſten Theil des Hauſes zu ſpeiſen. Hierauf bekam ich
Hrn. Paul Meier’s Konchylienkabinet zu ſehen. — Ich fand einen Sachſen, deſſen Karakter halb hol- laͤndiſch, halb deutſch iſt. Er ſammelt lauter Konchy- lien, auch etwas Mineralien, hat auch Kuxe, kauft gan- ze Kabinette, und dies noch immer, weil er den Ruhm haben will, das groͤſte weitlaͤuftigſte Kabinet zu beſitzen. Das hat er auch, aber in einer ſchlechten Ordnung. Aus ſeinem uͤbrigen Vorrath koͤnnte man wenigſtens noch 6. Kabinetter zuſammenbringen. Kenntniſſe hat er wenig, er weis blos die Handlungs-Namen; nebſt dem ſind ſehr viele Stuͤcke gekuͤnſtelt, geſchmiert, gefaͤrbt, verſtellt. — Man hat in Holland ſogar den weiſſen Hammer nach- gemacht, und Vosmaer glaubt, daß alle davon vorhan- dene Exemplare falſch ſeyn. Man macht beſonders eine groſſe Seltenheit aus den Nautilis, die Bellekin ge- ſchnitten hat. Er ſchnitt Koͤpfe, Wappen, Blumen ꝛc. daran, ſo ein Stuͤck koſtet 100. Gulden. Sieht man ſolche Dinge in einem Kabinet, ſo wird man mißtrauiſch gegen alles andre. Tadelt man’s, ſo macht man dem
Beſitzer
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der Hollaͤnder etwas erwaͤhnen. Sie eſſen und trinken
nicht viel, aber vielerlei; 3.-4. Schuͤſſeln voll Gemuͤſſe
werden allemahl aufgeſetzt, ferner Blumenkohl, kleinge-
ſchnittene Bohnen, Saubohnen, die man hier gros und
klein hat, und delikat zurichtet, auch Kraut. — Suppe
und Rindfleiſch koͤmmt nicht alle Tage auf den Tiſch.
Das Brod und Fleiſch ſchneiden ſie in ſehr duͤnne Schei-
ben. — Waſſer trinkt man nicht, ſondern Bier, fran-
zoͤſiſchen rothen, Mosler und Rheinwein, auch Limo-
nade. Geſundheit wird, ſo oft man trinkt, ſehr umſtaͤnd-
lich getrunken. Bei der Hitze pflegt man im unterſten
Theil des Hauſes zu ſpeiſen. Hierauf bekam ich
Hrn. Paul Meier’s Konchylienkabinet zu ſehen.
— Ich fand einen Sachſen, deſſen Karakter halb hol-
laͤndiſch, halb deutſch iſt. Er ſammelt lauter Konchy-
lien, auch etwas Mineralien, hat auch Kuxe, kauft gan-
ze Kabinette, und dies noch immer, weil er den Ruhm
haben will, das groͤſte weitlaͤuftigſte Kabinet zu beſitzen.
Das hat er auch, aber in einer ſchlechten Ordnung. Aus
ſeinem uͤbrigen Vorrath koͤnnte man wenigſtens noch 6.
Kabinetter zuſammenbringen. Kenntniſſe hat er wenig,
er weis blos die Handlungs-Namen; nebſt dem ſind ſehr
viele Stuͤcke gekuͤnſtelt, geſchmiert, gefaͤrbt, verſtellt. —
Man hat in Holland ſogar den weiſſen Hammer nach-
gemacht, und Vosmaer glaubt, daß alle davon vorhan-
dene Exemplare falſch ſeyn. Man macht beſonders eine
groſſe Seltenheit aus den Nautilis, die Bellekin ge-
ſchnitten hat. Er ſchnitt Koͤpfe, Wappen, Blumen ꝛc.
daran, ſo ein Stuͤck koſtet 100. Gulden. Sieht man
ſolche Dinge in einem Kabinet, ſo wird man mißtrauiſch
gegen alles andre. Tadelt man’s, ſo macht man dem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/589>, abgerufen am 24.11.2024.
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