An manchen Orten sind noch Pfähle gesetzt. Nebst dem ist an den Häusern noch ein breiter Weg für die Fußgän- ger mit schwarzen steinernen Platten belegt. Da kan man auch, wenns regnet, trocken und unbesprützt zu Fus- se gehen. Das Dachtraufenwasser wird aufgefaßt und läuft an den Ecken der Strassen in die Kanäle herab, so hat man nicht hundertmahl auf einem Wege nöthig, sich dekrotiren zu lassen, wie in Paris. Bei der Börse sah ich ein einziges mahl einen Dekroteur, er hatte aber nichts zu thun.
Die kleinen unterirdischen Häuschen an der Sei- te der grossen, dünkten mir Anfangs lächerlich. Man geht eine Treppe, wie in einen Keller, von der Strasse hinab, oben liegt ein Fenster querüber, dadurch fällt das Licht ein, und unten kauft und verkauft man. Es woh- nen ganze Familien darin etc.
Ich bemerkte, daß die Hunde hier überall an den Häusern mit Ketten angelegt waren, und man sagte mir, daß die Polizei das in den heissesten Sommermonaten ge- biete. Wieder ein Blick nach Paris zurück. -- Wer ist nun gescheuter? Der Magistrat in Rotterdam, oder die grossen Raisonneurs, die homines effeminati, delicatuli, molles, graculi in Gallia?
Rotterdam ist die Stadt, wo eigentlich das Kom- merz zwischen Engelland und Holland seinen Sitz
hat.
gibt es hier einen ganz unvergleichlichen Anblick, das Gemische von Häusern, Bäumen und grossen dreima- stigen Schiffen mit ihren Flaggen in den Gassen zu sehen. Herausgeber.
G g 5
An manchen Orten ſind noch Pfaͤhle geſetzt. Nebſt dem iſt an den Haͤuſern noch ein breiter Weg fuͤr die Fußgaͤn- ger mit ſchwarzen ſteinernen Platten belegt. Da kan man auch, wenns regnet, trocken und unbeſpruͤtzt zu Fuſ- ſe gehen. Das Dachtraufenwaſſer wird aufgefaßt und laͤuft an den Ecken der Straſſen in die Kanaͤle herab, ſo hat man nicht hundertmahl auf einem Wege noͤthig, ſich dekrotiren zu laſſen, wie in Paris. Bei der Boͤrſe ſah ich ein einziges mahl einen Dekroteur, er hatte aber nichts zu thun.
Die kleinen unterirdiſchen Haͤuschen an der Sei- te der groſſen, duͤnkten mir Anfangs laͤcherlich. Man geht eine Treppe, wie in einen Keller, von der Straſſe hinab, oben liegt ein Fenſter queruͤber, dadurch faͤllt das Licht ein, und unten kauft und verkauft man. Es woh- nen ganze Familien darin ꝛc.
Ich bemerkte, daß die Hunde hier uͤberall an den Haͤuſern mit Ketten angelegt waren, und man ſagte mir, daß die Polizei das in den heiſſeſten Sommermonaten ge- biete. Wieder ein Blick nach Paris zuruͤck. — Wer iſt nun geſcheuter? Der Magiſtrat in Rotterdam, oder die groſſen Raiſonneurs, die homines effeminati, delicatuli, molles, graculi in Gallia?
Rotterdam iſt die Stadt, wo eigentlich das Kom- merz zwiſchen Engelland und Holland ſeinen Sitz
hat.
gibt es hier einen ganz unvergleichlichen Anblick, das Gemiſche von Haͤuſern, Baͤumen und groſſen dreima- ſtigen Schiffen mit ihren Flaggen in den Gaſſen zu ſehen. Herausgeber.
G g 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0497"n="473"/>
An manchen Orten ſind noch Pfaͤhle geſetzt. Nebſt dem<lb/>
iſt an den Haͤuſern noch ein breiter Weg fuͤr die Fußgaͤn-<lb/>
ger mit ſchwarzen ſteinernen Platten belegt. Da kan<lb/>
man auch, wenns regnet, trocken und unbeſpruͤtzt zu Fuſ-<lb/>ſe gehen. Das Dachtraufenwaſſer wird aufgefaßt und<lb/>
laͤuft an den Ecken der Straſſen in die Kanaͤle herab, ſo<lb/>
hat man nicht hundertmahl auf einem Wege noͤthig, ſich<lb/>
dekrotiren zu laſſen, wie in <hirendition="#fr">Paris.</hi> Bei der Boͤrſe ſah<lb/>
ich ein einziges mahl einen Dekroteur, er hatte aber nichts<lb/>
zu thun.</p><lb/><p>Die kleinen <hirendition="#fr">unterirdiſchen Haͤuschen</hi> an der Sei-<lb/>
te der groſſen, duͤnkten mir Anfangs laͤcherlich. Man<lb/>
geht eine Treppe, wie in einen Keller, von der Straſſe<lb/>
hinab, oben liegt ein Fenſter queruͤber, dadurch faͤllt das<lb/>
Licht ein, und unten kauft und verkauft man. Es woh-<lb/>
nen ganze Familien darin ꝛc.</p><lb/><p>Ich bemerkte, daß die <hirendition="#fr">Hunde</hi> hier uͤberall an den<lb/>
Haͤuſern mit Ketten angelegt waren, und man ſagte mir,<lb/>
daß die Polizei das in den heiſſeſten Sommermonaten ge-<lb/>
biete. Wieder ein Blick nach <hirendition="#fr">Paris</hi> zuruͤck. — Wer<lb/>
iſt nun geſcheuter? Der Magiſtrat in <hirendition="#fr">Rotterdam,</hi> oder<lb/>
die groſſen Raiſonneurs, die <hirendition="#aq">homines effeminati,<lb/>
delicatuli, molles, graculi in <hirendition="#i">Gallia?</hi></hi></p><lb/><p><hirendition="#fr">Rotterdam</hi> iſt die Stadt, wo eigentlich das <hirendition="#fr">Kom-<lb/>
merz</hi> zwiſchen <hirendition="#fr">Engelland</hi> und <hirendition="#fr">Holland</hi>ſeinen Sitz<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G g 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">hat.</fw><lb/><notexml:id="nfn8"prev="#fn8"place="foot"n="*)">gibt es hier einen ganz unvergleichlichen Anblick, das<lb/>
Gemiſche von Haͤuſern, Baͤumen und groſſen dreima-<lb/>ſtigen Schiffen mit ihren Flaggen in den Gaſſen zu<lb/>ſehen.<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Herausgeber.</hi></hi></note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[473/0497]
An manchen Orten ſind noch Pfaͤhle geſetzt. Nebſt dem
iſt an den Haͤuſern noch ein breiter Weg fuͤr die Fußgaͤn-
ger mit ſchwarzen ſteinernen Platten belegt. Da kan
man auch, wenns regnet, trocken und unbeſpruͤtzt zu Fuſ-
ſe gehen. Das Dachtraufenwaſſer wird aufgefaßt und
laͤuft an den Ecken der Straſſen in die Kanaͤle herab, ſo
hat man nicht hundertmahl auf einem Wege noͤthig, ſich
dekrotiren zu laſſen, wie in Paris. Bei der Boͤrſe ſah
ich ein einziges mahl einen Dekroteur, er hatte aber nichts
zu thun.
Die kleinen unterirdiſchen Haͤuschen an der Sei-
te der groſſen, duͤnkten mir Anfangs laͤcherlich. Man
geht eine Treppe, wie in einen Keller, von der Straſſe
hinab, oben liegt ein Fenſter queruͤber, dadurch faͤllt das
Licht ein, und unten kauft und verkauft man. Es woh-
nen ganze Familien darin ꝛc.
Ich bemerkte, daß die Hunde hier uͤberall an den
Haͤuſern mit Ketten angelegt waren, und man ſagte mir,
daß die Polizei das in den heiſſeſten Sommermonaten ge-
biete. Wieder ein Blick nach Paris zuruͤck. — Wer
iſt nun geſcheuter? Der Magiſtrat in Rotterdam, oder
die groſſen Raiſonneurs, die homines effeminati,
delicatuli, molles, graculi in Gallia?
Rotterdam iſt die Stadt, wo eigentlich das Kom-
merz zwiſchen Engelland und Holland ſeinen Sitz
hat.
*)
*) gibt es hier einen ganz unvergleichlichen Anblick, das
Gemiſche von Haͤuſern, Baͤumen und groſſen dreima-
ſtigen Schiffen mit ihren Flaggen in den Gaſſen zu
ſehen.
Herausgeber.
G g 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/497>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.