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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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Hrn. Fried. Reinwille, einem alten, gelehrten und
bedauernswürdigen Manne, mit dem mich der junge En-
gelländer, Mr. Waltnush bekannt machte. Ehemals
war er Lehrer der Botanick in Lyon, aber seine asthma-
tischen Umstände und erschrecklichen Krämpfe im Unter-
leibe, nöthigten ihn zu privatisiren. Ein Mann, der in
der Botanik der Niederlande viel gethan, auch andre
Theile der Naturgeschichte bearbeitet hat, aber durch sei-
ne Krankheit abgehalten wurde, jemals etwas bekannt
zu machen. Ich sah seine Grassammlung aus diesen
Gegenden durch, worin viele neue, unbekannte Arten vor-
kamen. Er hat Briefe von Hallern, Linne' und an-
dern Kräuterkundigen, denen er viel geschickt hat. Er
beklagt sich aber über manche Gelehrte, daß sie ihm nicht
antworten und nichts wieder schicken. Von Banks in
London, der ihn hier besuchte, hat er viele südländische
Pflanzen bekommen. Sein Zimmer ist mit den schön-
sten Kopien von Rösel's Insektenwerk tapeziert, die er
alle selbst gemacht und illuminirt hat. Er besitzt auch
eine Münzsammlung, worin viele seltene Stücke vor-
kamen. Aber seit 12. Jahren leidet der gute Mann er-
staunend viel, und hat, weil er täglich den Tod erwartet,
bereits über seine Sachen disponirt. Indes, daß der
Engelländer und ich die Sachen durchsahen, schrie er oft
und winselte. Sobald ich zu ihm kam, und wir über
hunderterlei Dinge in der Natur sprachen, vergas er alle

Schmer-
von Instrumenten, die der dortige geschickte Instru-
mentverfertiger Klay verfertigt. Die von dieser Ge-
sellschaft herausgegebenen Schriften sind betittelt:
Verhandelingen van het Bataafseh Genootshap
et cet.
Herausgeber.

Hrn. Fried. Reinwille, einem alten, gelehrten und
bedauernswuͤrdigen Manne, mit dem mich der junge En-
gellaͤnder, Mr. Waltnuſh bekannt machte. Ehemals
war er Lehrer der Botanick in Lyon, aber ſeine aſthma-
tiſchen Umſtaͤnde und erſchrecklichen Kraͤmpfe im Unter-
leibe, noͤthigten ihn zu privatiſiren. Ein Mann, der in
der Botanik der Niederlande viel gethan, auch andre
Theile der Naturgeſchichte bearbeitet hat, aber durch ſei-
ne Krankheit abgehalten wurde, jemals etwas bekannt
zu machen. Ich ſah ſeine Grasſammlung aus dieſen
Gegenden durch, worin viele neue, unbekannte Arten vor-
kamen. Er hat Briefe von Hallern, Linne’ und an-
dern Kraͤuterkundigen, denen er viel geſchickt hat. Er
beklagt ſich aber uͤber manche Gelehrte, daß ſie ihm nicht
antworten und nichts wieder ſchicken. Von Banks in
London, der ihn hier beſuchte, hat er viele ſuͤdlaͤndiſche
Pflanzen bekommen. Sein Zimmer iſt mit den ſchoͤn-
ſten Kopien von Roͤſel’s Inſektenwerk tapeziert, die er
alle ſelbſt gemacht und illuminirt hat. Er beſitzt auch
eine Muͤnzſammlung, worin viele ſeltene Stuͤcke vor-
kamen. Aber ſeit 12. Jahren leidet der gute Mann er-
ſtaunend viel, und hat, weil er taͤglich den Tod erwartet,
bereits uͤber ſeine Sachen disponirt. Indes, daß der
Engellaͤnder und ich die Sachen durchſahen, ſchrie er oft
und winſelte. Sobald ich zu ihm kam, und wir uͤber
hunderterlei Dinge in der Natur ſprachen, vergas er alle

Schmer-
von Inſtrumenten, die der dortige geſchickte Inſtru-
mentverfertiger Klay verfertigt. Die von dieſer Ge-
ſellſchaft herausgegebenen Schriften ſind betittelt:
Verhandelingen van het Bataafſeh Genootſhap
et cet.
Herausgeber.
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[470/0494] Hrn. Fried. Reinwille, einem alten, gelehrten und bedauernswuͤrdigen Manne, mit dem mich der junge En- gellaͤnder, Mr. Waltnuſh bekannt machte. Ehemals war er Lehrer der Botanick in Lyon, aber ſeine aſthma- tiſchen Umſtaͤnde und erſchrecklichen Kraͤmpfe im Unter- leibe, noͤthigten ihn zu privatiſiren. Ein Mann, der in der Botanik der Niederlande viel gethan, auch andre Theile der Naturgeſchichte bearbeitet hat, aber durch ſei- ne Krankheit abgehalten wurde, jemals etwas bekannt zu machen. Ich ſah ſeine Grasſammlung aus dieſen Gegenden durch, worin viele neue, unbekannte Arten vor- kamen. Er hat Briefe von Hallern, Linne’ und an- dern Kraͤuterkundigen, denen er viel geſchickt hat. Er beklagt ſich aber uͤber manche Gelehrte, daß ſie ihm nicht antworten und nichts wieder ſchicken. Von Banks in London, der ihn hier beſuchte, hat er viele ſuͤdlaͤndiſche Pflanzen bekommen. Sein Zimmer iſt mit den ſchoͤn- ſten Kopien von Roͤſel’s Inſektenwerk tapeziert, die er alle ſelbſt gemacht und illuminirt hat. Er beſitzt auch eine Muͤnzſammlung, worin viele ſeltene Stuͤcke vor- kamen. Aber ſeit 12. Jahren leidet der gute Mann er- ſtaunend viel, und hat, weil er taͤglich den Tod erwartet, bereits uͤber ſeine Sachen disponirt. Indes, daß der Engellaͤnder und ich die Sachen durchſahen, ſchrie er oft und winſelte. Sobald ich zu ihm kam, und wir uͤber hunderterlei Dinge in der Natur ſprachen, vergas er alle Schmer- **) **) von Inſtrumenten, die der dortige geſchickte Inſtru- mentverfertiger Klay verfertigt. Die von dieſer Ge- ſellſchaft herausgegebenen Schriften ſind betittelt: Verhandelingen van het Bataafſeh Genootſhap et cet. Herausgeber.

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/494>, abgerufen am 22.11.2024.