von Vauxhall, und Maitre de la Chapelle de Mu- sique ist. Er kam von einer musikalischen Reise nach Manheim, Stuttgard, München und Italien hierher, hatte einen Brief von der Königin von Nea- pel, vor der er sich hören lassen, an ihre Schwester, die Königin von Frankreich, und reißte nach Versailles, um ihr ihn zu überreichen, und von dieser Empfehlung Gebrauch zu machen. Beim Gespräch über die franzö- sische Musik urtheilte er sehr gründlich, daß das Singen der Franzosen immer den Fehler hätte, daß sie keine No- te soutenirten, sondern immer mit der Stimme zitterten: ein Fehler, den ich oft bemerkt hatte. Er meinte, daß dieser Uebelstand, den ein deutsches und ein englisches Ohr gleich bemerkt, daher komme, weil man die Kinder singen lehre, ohne ein Klavier dabei zu gebrauchen, und darauf den Ton anzugeben, wobel sie weder Melodie, noch Harmonie lernen könnten. In dem in solchen gemischten Gesellschaften so gewöhnlichen Discours über die Vorzüge und wechselseitige Verhältnisse der verschiede- nen Nationen gab er den Deutschen grosse Lobsprüche, wegen ihrer Solidite' und Ehrlichkeit. Er erzählte eine Anekdote, die zu schön ist, daß ich sie vergessen sollte. In Bruchsal trank er 2. Tassen Kaffee, seine Frau auch 2. sein Kind 2. Tassen Thee, und aß ein Butterbrod dazu; dafür foderte der Posthalter 4. Gulden: Barthelemon ward unwillig, gab ihm aber doch 2. Gulden, der Po- stillion hörte das, kam herein, schlug mit seiner Peitsche auf den Tisch, zankte mit seinem Herrn, und fluchte, daß er so einem öffentlichen Spitzbuben nicht mehr dienen wolte. Es saß ein Franzose neben uns, der noch nie von seinem Seinewasser weggekommen war, und bei die- ser Gelegenheit manche bittre Wahrheit hören muste.
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von Vauxhall, und Maitre de la Chapelle de Mu- ſique iſt. Er kam von einer muſikaliſchen Reiſe nach Manheim, Stuttgard, Muͤnchen und Italien hierher, hatte einen Brief von der Koͤnigin von Nea- pel, vor der er ſich hoͤren laſſen, an ihre Schweſter, die Koͤnigin von Frankreich, und reißte nach Verſailles, um ihr ihn zu uͤberreichen, und von dieſer Empfehlung Gebrauch zu machen. Beim Geſpraͤch uͤber die franzoͤ- ſiſche Muſik urtheilte er ſehr gruͤndlich, daß das Singen der Franzoſen immer den Fehler haͤtte, daß ſie keine No- te ſoutenirten, ſondern immer mit der Stimme zitterten: ein Fehler, den ich oft bemerkt hatte. Er meinte, daß dieſer Uebelſtand, den ein deutſches und ein engliſches Ohr gleich bemerkt, daher komme, weil man die Kinder ſingen lehre, ohne ein Klavier dabei zu gebrauchen, und darauf den Ton anzugeben, wobel ſie weder Melodie, noch Harmonie lernen koͤnnten. In dem in ſolchen gemiſchten Geſellſchaften ſo gewoͤhnlichen Discours uͤber die Vorzuͤge und wechſelſeitige Verhaͤltniſſe der verſchiede- nen Nationen gab er den Deutſchen groſſe Lobſpruͤche, wegen ihrer Solidite’ und Ehrlichkeit. Er erzaͤhlte eine Anekdote, die zu ſchoͤn iſt, daß ich ſie vergeſſen ſollte. In Bruchſal trank er 2. Taſſen Kaffee, ſeine Frau auch 2. ſein Kind 2. Taſſen Thee, und aß ein Butterbrod dazu; dafuͤr foderte der Poſthalter 4. Gulden: Barthelemon ward unwillig, gab ihm aber doch 2. Gulden, der Po- ſtillion hoͤrte das, kam herein, ſchlug mit ſeiner Peitſche auf den Tiſch, zankte mit ſeinem Herrn, und fluchte, daß er ſo einem oͤffentlichen Spitzbuben nicht mehr dienen wolte. Es ſaß ein Franzoſe neben uns, der noch nie von ſeinem Seinewaſſer weggekommen war, und bei die- ſer Gelegenheit manche bittre Wahrheit hoͤren muſte.
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von Vauxhall, und Maitre de la Chapelle de Mu-
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Manheim, Stuttgard, Muͤnchen und Italien
hierher, hatte einen Brief von der Koͤnigin von Nea-
pel, vor der er ſich hoͤren laſſen, an ihre Schweſter, die
Koͤnigin von Frankreich, und reißte nach Verſailles,
um ihr ihn zu uͤberreichen, und von dieſer Empfehlung
Gebrauch zu machen. Beim Geſpraͤch uͤber die franzoͤ-
ſiſche Muſik urtheilte er ſehr gruͤndlich, daß das Singen
der Franzoſen immer den Fehler haͤtte, daß ſie keine No-
te ſoutenirten, ſondern immer mit der Stimme zitterten:
ein Fehler, den ich oft bemerkt hatte. Er meinte, daß
dieſer Uebelſtand, den ein deutſches und ein engliſches
Ohr gleich bemerkt, daher komme, weil man die Kinder
ſingen lehre, ohne ein Klavier dabei zu gebrauchen, und
darauf den Ton anzugeben, wobel ſie weder Melodie,
noch Harmonie lernen koͤnnten. In dem in ſolchen
gemiſchten Geſellſchaften ſo gewoͤhnlichen Discours uͤber
die Vorzuͤge und wechſelſeitige Verhaͤltniſſe der verſchiede-
nen Nationen gab er den Deutſchen groſſe Lobſpruͤche,
wegen ihrer Solidite’ und Ehrlichkeit. Er erzaͤhlte eine
Anekdote, die zu ſchoͤn iſt, daß ich ſie vergeſſen ſollte. In
Bruchſal trank er 2. Taſſen Kaffee, ſeine Frau auch 2.
ſein Kind 2. Taſſen Thee, und aß ein Butterbrod dazu;
dafuͤr foderte der Poſthalter 4. Gulden: Barthelemon
ward unwillig, gab ihm aber doch 2. Gulden, der Po-
ſtillion hoͤrte das, kam herein, ſchlug mit ſeiner Peitſche
auf den Tiſch, zankte mit ſeinem Herrn, und fluchte,
daß er ſo einem oͤffentlichen Spitzbuben nicht mehr dienen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/313>, abgerufen am 21.11.2024.
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