stellt ein Kreuz neben seine linke Hand. Zu seinen Füs- sen steht Frankreich, als ein Frauenzimmer mit dem Schild an sich gelehnt, deckt mit der rechten Hand die Hälfte des Gesichts zu, und sieht bestürzt aus. Hinter ihm steht die Pyramide. Vor einer Urne steht ein An- ker, neben dem sitzt die Hofnung, auch als eine weibliche Figur, streckt die eine Hand gegen den Sterbenden aus, sieht auf ihn hinab und tröstet ihn. Unten liegt der Kar- dinalshut, ein Cordon mit vielen Quasten, der Bischofs- stab etc. Alles ist gar rührend, einnehmend, hat etwas Sanftes, Bezauberndes etc.
Le Tombeau de Mad. Girardon. -- In der alten Cite de Paris in einem vieleckichten Winkel in der kleinen finstern Kirche St. Landry, wo niemand, dem mans nicht sagt, etwas Sehenswürdiges sucht, steht dies herrliche Stück. Girardon ein berühmter Bild- hauer und zärtlicher Ehegatte hat es für seine Frau ent- worfen, und zwei seiner Schüler habens ausgeführt. Un- ser Erlöser liegt todt zu den Füssen seiner Mutter. Der stille, finstre, mütterliche Schmerz ist unvergleichlich in ihrem Gesicht ausgedrückt: Gegen über stehen drei En- gel, die auch durch die schönsten Stellungen ihren Kum- mer ausdrücken. Oben steht noch das Kreuz mit einem Tuch umwunden.
La Galerie des Tableaux du Palais Royal. Dieses prächtige Gebäude hat die schönsten Facaden, tos- canische Säulen, breite Treppen, hohe prächtig meublir- te Apartements, Spiegel 9. Spannenbreit, Bronzen in Menge, und sonderlich so grosse hohe Zimmer hinter- einander, die alle voll Malereien sind, von den beiden Coypels und andern grossen französischen Malern. Ich
würde
ſtellt ein Kreuz neben ſeine linke Hand. Zu ſeinen Fuͤſ- ſen ſteht Frankreich, als ein Frauenzimmer mit dem Schild an ſich gelehnt, deckt mit der rechten Hand die Haͤlfte des Geſichts zu, und ſieht beſtuͤrzt aus. Hinter ihm ſteht die Pyramide. Vor einer Urne ſteht ein An- ker, neben dem ſitzt die Hofnung, auch als eine weibliche Figur, ſtreckt die eine Hand gegen den Sterbenden aus, ſieht auf ihn hinab und troͤſtet ihn. Unten liegt der Kar- dinalshut, ein Cordon mit vielen Quaſten, der Biſchofs- ſtab ꝛc. Alles iſt gar ruͤhrend, einnehmend, hat etwas Sanftes, Bezauberndes ꝛc.
Le Tombeau de Mad. Girardon. — In der alten Cité de Paris in einem vieleckichten Winkel in der kleinen finſtern Kirche St. Landry, wo niemand, dem mans nicht ſagt, etwas Sehenswuͤrdiges ſucht, ſteht dies herrliche Stuͤck. Girardon ein beruͤhmter Bild- hauer und zaͤrtlicher Ehegatte hat es fuͤr ſeine Frau ent- worfen, und zwei ſeiner Schuͤler habens ausgefuͤhrt. Un- ſer Erloͤſer liegt todt zu den Fuͤſſen ſeiner Mutter. Der ſtille, finſtre, muͤtterliche Schmerz iſt unvergleichlich in ihrem Geſicht ausgedruͤckt: Gegen uͤber ſtehen drei En- gel, die auch durch die ſchoͤnſten Stellungen ihren Kum- mer ausdruͤcken. Oben ſteht noch das Kreuz mit einem Tuch umwunden.
La Galerie des Tableaux du Palais Royal. Dieſes praͤchtige Gebaͤude hat die ſchoͤnſten Façaden, toſ- caniſche Saͤulen, breite Treppen, hohe praͤchtig meublir- te Apartements, Spiegel 9. Spannenbreit, Bronzen in Menge, und ſonderlich ſo groſſe hohe Zimmer hinter- einander, die alle voll Malereien ſind, von den beiden Coypels und andern groſſen franzoͤſiſchen Malern. Ich
wuͤrde
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ſtellt ein Kreuz neben ſeine linke Hand. Zu ſeinen Fuͤſ-
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Haͤlfte des Geſichts zu, und ſieht beſtuͤrzt aus. Hinter
ihm ſteht die Pyramide. Vor einer Urne ſteht ein An-
ker, neben dem ſitzt die Hofnung, auch als eine weibliche
Figur, ſtreckt die eine Hand gegen den Sterbenden aus,
ſieht auf ihn hinab und troͤſtet ihn. Unten liegt der Kar-
dinalshut, ein Cordon mit vielen Quaſten, der Biſchofs-
ſtab ꝛc. Alles iſt gar ruͤhrend, einnehmend, hat etwas
Sanftes, Bezauberndes ꝛc.
Le Tombeau de Mad. Girardon. — In der
alten Cité de Paris in einem vieleckichten Winkel in
der kleinen finſtern Kirche St. Landry, wo niemand,
dem mans nicht ſagt, etwas Sehenswuͤrdiges ſucht, ſteht
dies herrliche Stuͤck. Girardon ein beruͤhmter Bild-
hauer und zaͤrtlicher Ehegatte hat es fuͤr ſeine Frau ent-
worfen, und zwei ſeiner Schuͤler habens ausgefuͤhrt. Un-
ſer Erloͤſer liegt todt zu den Fuͤſſen ſeiner Mutter. Der
ſtille, finſtre, muͤtterliche Schmerz iſt unvergleichlich in
ihrem Geſicht ausgedruͤckt: Gegen uͤber ſtehen drei En-
gel, die auch durch die ſchoͤnſten Stellungen ihren Kum-
mer ausdruͤcken. Oben ſteht noch das Kreuz mit einem
Tuch umwunden.
La Galerie des Tableaux du Palais Royal.
Dieſes praͤchtige Gebaͤude hat die ſchoͤnſten Façaden, toſ-
caniſche Saͤulen, breite Treppen, hohe praͤchtig meublir-
te Apartements, Spiegel 9. Spannenbreit, Bronzen
in Menge, und ſonderlich ſo groſſe hohe Zimmer hinter-
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Coypels und andern groſſen franzoͤſiſchen Malern. Ich
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/246>, abgerufen am 04.05.2024.
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