schen Lilien, wie die meisten Bücher hier, bestempelt. Man sieht an diesem Buche so recht den Geschmack der vorigen Zeiten, und besonders der Italiäner. Eine Menge Stellen aus den Alten, Griechen und Lateinern und ihre Scholialisten dazu. Zwischen physischen Sa- chen alle Augenblicke eine Digression, um ihre Kollekta- nen anzubringen. Man muß das, was zum Zweck ge- hört, erstaunlich zusammen klauben. Es ist ganz uner- träglich geschrieben, obs gleich noch manch Gutes ent- hält. Physik, Hieroglyphen, Mythologie, philosophi- sche Streitfragen von Definitionen etc. philologische und etymologische Untersuchungen, Fabeln, Poesien, Epigrammen, Stellen aus den Kirchenvätern, vom Geier und den Egyptern angefangen, und nach zwei Quartblättern endlich zur Sache; und alles verbrämt mit Antiquitäten, so daß das Brauchbare davon auf 2. Bogen ging. Zum Erstaunen ists, wie Angustinus bei allen seinen superficiellen Kenntnissen, und bei seiner schwachen Beurtheilungskraft, doch so ein grosses Ansehen erhalten konte. Ihm sagt Aemilian S. 1. nach; Pferde und Geier würden vom Winde schwanger, bald von die- sem, bald von jenem, je nachdem sie sich dreheten. Da- her wären die Geier alle Weibchen, und nisteten deswe- gen so hoch, damit sie der Wind recht treffen könnte!! -- -- Wenn ein Prediger in unsern Zeiten solch abge- schmaktes Zeug vorbringen wollte, wieviel würde er lei- den müssen. Noch ein Pröbchen vom damahligen Ge- schmack in der Naturkunde. Das Buch ist dem Kard. Buoncompagni zugeeignet; -- Weil das öftere Nach- denken in der h. Schrift Wiederkäuen genannt werde, und da die wiederkäuenden Thiere den Huf spalten; -- so bedeute dies das lautere Verständnis der Bibel etc. --
Zum
G 5
ſchen Lilien, wie die meiſten Buͤcher hier, beſtempelt. Man ſieht an dieſem Buche ſo recht den Geſchmack der vorigen Zeiten, und beſonders der Italiaͤner. Eine Menge Stellen aus den Alten, Griechen und Lateinern und ihre Scholialiſten dazu. Zwiſchen phyſiſchen Sa- chen alle Augenblicke eine Digreſſion, um ihre Kollekta- nen anzubringen. Man muß das, was zum Zweck ge- hoͤrt, erſtaunlich zuſammen klauben. Es iſt ganz uner- traͤglich geſchrieben, obs gleich noch manch Gutes ent- haͤlt. Phyſik, Hieroglyphen, Mythologie, philoſophi- ſche Streitfragen von Definitionen ꝛc. philologiſche und etymologiſche Unterſuchungen, Fabeln, Poeſien, Epigrammen, Stellen aus den Kirchenvaͤtern, vom Geier und den Egyptern angefangen, und nach zwei Quartblaͤttern endlich zur Sache; und alles verbraͤmt mit Antiquitaͤten, ſo daß das Brauchbare davon auf 2. Bogen ging. Zum Erſtaunen iſts, wie Anguſtinus bei allen ſeinen ſuperficiellen Kenntniſſen, und bei ſeiner ſchwachen Beurtheilungskraft, doch ſo ein groſſes Anſehen erhalten konte. Ihm ſagt Aemilian S. 1. nach; Pferde und Geier wuͤrden vom Winde ſchwanger, bald von die- ſem, bald von jenem, je nachdem ſie ſich dreheten. Da- her waͤren die Geier alle Weibchen, und niſteten deswe- gen ſo hoch, damit ſie der Wind recht treffen koͤnnte!! — — Wenn ein Prediger in unſern Zeiten ſolch abge- ſchmaktes Zeug vorbringen wollte, wieviel wuͤrde er lei- den muͤſſen. Noch ein Proͤbchen vom damahligen Ge- ſchmack in der Naturkunde. Das Buch iſt dem Kard. Buoncompagni zugeeignet; — Weil das oͤftere Nach- denken in der h. Schrift Wiederkaͤuen genannt werde, und da die wiederkaͤuenden Thiere den Huf ſpalten; — ſo bedeute dies das lautere Verſtaͤndnis der Bibel ꝛc. —
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ſchen Lilien, wie die meiſten Buͤcher hier, beſtempelt.
Man ſieht an dieſem Buche ſo recht den Geſchmack der
vorigen Zeiten, und beſonders der Italiaͤner. Eine
Menge Stellen aus den Alten, Griechen und Lateinern
und ihre Scholialiſten dazu. Zwiſchen phyſiſchen Sa-
chen alle Augenblicke eine Digreſſion, um ihre Kollekta-
nen anzubringen. Man muß das, was zum Zweck ge-
hoͤrt, erſtaunlich zuſammen klauben. Es iſt ganz uner-
traͤglich geſchrieben, obs gleich noch manch Gutes ent-
haͤlt. Phyſik, Hieroglyphen, Mythologie, philoſophi-
ſche Streitfragen von Definitionen ꝛc. philologiſche
und etymologiſche Unterſuchungen, Fabeln, Poeſien,
Epigrammen, Stellen aus den Kirchenvaͤtern, vom
Geier und den Egyptern angefangen, und nach zwei
Quartblaͤttern endlich zur Sache; und alles verbraͤmt
mit Antiquitaͤten, ſo daß das Brauchbare davon auf 2.
Bogen ging. Zum Erſtaunen iſts, wie Anguſtinus
bei allen ſeinen ſuperficiellen Kenntniſſen, und bei ſeiner
ſchwachen Beurtheilungskraft, doch ſo ein groſſes Anſehen
erhalten konte. Ihm ſagt Aemilian S. 1. nach; Pferde
und Geier wuͤrden vom Winde ſchwanger, bald von die-
ſem, bald von jenem, je nachdem ſie ſich dreheten. Da-
her waͤren die Geier alle Weibchen, und niſteten deswe-
gen ſo hoch, damit ſie der Wind recht treffen koͤnnte!!
— — Wenn ein Prediger in unſern Zeiten ſolch abge-
ſchmaktes Zeug vorbringen wollte, wieviel wuͤrde er lei-
den muͤſſen. Noch ein Proͤbchen vom damahligen Ge-
ſchmack in der Naturkunde. Das Buch iſt dem Kard.
Buoncompagni zugeeignet; — Weil das oͤftere Nach-
denken in der h. Schrift Wiederkaͤuen genannt werde, und
da die wiederkaͤuenden Thiere den Huf ſpalten; — ſo
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/129>, abgerufen am 21.11.2024.
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