kannten Palmblatt, das schon gegen die erwähnten Schreibmaterialien einen bedeutenden Fortschritt bezeichnete. Auch ist seine Herstellung mit außerordentlicher Einfachheit zu bewerkstelligen. Man schneidet aus den großen, lederartigen Palmblättern, namentlich zweier Palm- arten, der Borassus flabelliformis und der Corypha umbraculifera, passende Stücke aus, die man darauf im Schatten trocknen läßt und dann mit Öl einreibt. Das Papier, um unser heutiges Wort zu ge- brauchen, ist dann fertig. Man ritzt mit einem spitzen Griffel in das Palmblatt die Schrift ein, die sich in demselben, sogar ohne mit irgend einem Safte geschwärzt zu werden, sehr deutlich abhebt. Man kann natürlich auch, ähnlich wie die Chinesen vor 2000 Jahren mit Tusche auf Seide schrieben, mit einem festhaftenden Farbstoffe auf den Palm- blättern schreiben. Ein gewaltiger Fortschritt bestand aber in der Er- findung des Pergaments, die übrigens sehr weit in das Altertum zurückreicht, vielleicht weiter als die der Bereitung von Papier aus der Papyrusstaude. Es wurde hergestellt, indem ungegerbte Tierhäute, besonders Schaf-, Ziegen-, Hammel- oder Kalbfelle durch Schaben ent- haart, dann gereinigt und später mit Kalk gebeizt und gut geglättet wurden. Die Möglichkeit zur vollen Entfaltung der Schriftentwickelung wurde aber erst durch die allerdings wahrscheinlich uralte, bis ins 4. Jahrtausend v. Chr. Geburt zurückdatierende Erfindung des Papiers gegeben, das zunächst aus dem Zellengewebe der in Ägypten besonders häufigen, binsenartigen Papyrusstaude verfertigt wurde. Über die weitere Verbesserung dieses Materials durch Anwendung anderer, aber immer pflanzenartiger Rohstoffe ist an anderer Stelle (siehe S. 923) berichtet.
Wenden wir uns nun zu den Instrumenten, mit denen geschrieben wurde und wird, so hängen diese natürlich wesentlich von dem Schreib- material ab. Es war ein harter, spitzer Griffel für Stein- oder Metall- schrift, ein dünner Stift für Wachstafeln, ein vorn erweichtes Stäbchen für Leinewand und Seide, das frühere Schreibmaterial der Chinesen, und so fort. Für Pergament und Papyrus fand aber neben dem Pinsel, mit dem getuscht wurde, bald die zugespitzte Rohr- oder Kielfeder Anwendung, die in eine gefärbte Flüssigkeit, die Tinte, getaucht die Schriftzüge leicht auf das Papier zu übertragen erlaubte. An Stelle dieser Federn, zu denen in neueren Zeiten besonders Gänse- kiele genommen wurden, traten erst Ende der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts die Stahlfedern, die zuerst in England fabrikmäßig aus dünnem Stahlblech angefertigt wurden (siehe S. 683 bis 685), wenn auch bereits im 16. Jahrhundert Versuche auftauchten, Schreibfedern aus Metall herzustellen. Als bestes Erzeugnis der Federindustrie ist die Goldfeder mit harter Iridiumspitze zu erwähnen, die den zerstörenden Einflüssen der Tinte einen außerordentlichen Widerstand entgegensetzt. Eine ausnehmend glückliche Erfindung, streng genommen nur Ent- deckung, die für unsere heutige so gesteigerte Schreibthätigkeit und für
Das Papier und die vervielfältigenden Künſte.
kannten Palmblatt, das ſchon gegen die erwähnten Schreibmaterialien einen bedeutenden Fortſchritt bezeichnete. Auch iſt ſeine Herſtellung mit außerordentlicher Einfachheit zu bewerkſtelligen. Man ſchneidet aus den großen, lederartigen Palmblättern, namentlich zweier Palm- arten, der Borassus flabelliformis und der Corypha umbraculifera, paſſende Stücke aus, die man darauf im Schatten trocknen läßt und dann mit Öl einreibt. Das Papier, um unſer heutiges Wort zu ge- brauchen, iſt dann fertig. Man ritzt mit einem ſpitzen Griffel in das Palmblatt die Schrift ein, die ſich in demſelben, ſogar ohne mit irgend einem Safte geſchwärzt zu werden, ſehr deutlich abhebt. Man kann natürlich auch, ähnlich wie die Chineſen vor 2000 Jahren mit Tuſche auf Seide ſchrieben, mit einem feſthaftenden Farbſtoffe auf den Palm- blättern ſchreiben. Ein gewaltiger Fortſchritt beſtand aber in der Er- findung des Pergaments, die übrigens ſehr weit in das Altertum zurückreicht, vielleicht weiter als die der Bereitung von Papier aus der Papyrusſtaude. Es wurde hergeſtellt, indem ungegerbte Tierhäute, beſonders Schaf-, Ziegen-, Hammel- oder Kalbfelle durch Schaben ent- haart, dann gereinigt und ſpäter mit Kalk gebeizt und gut geglättet wurden. Die Möglichkeit zur vollen Entfaltung der Schriftentwickelung wurde aber erſt durch die allerdings wahrſcheinlich uralte, bis ins 4. Jahrtauſend v. Chr. Geburt zurückdatierende Erfindung des Papiers gegeben, das zunächſt aus dem Zellengewebe der in Ägypten beſonders häufigen, binſenartigen Papyrusſtaude verfertigt wurde. Über die weitere Verbeſſerung dieſes Materials durch Anwendung anderer, aber immer pflanzenartiger Rohſtoffe iſt an anderer Stelle (ſiehe S. 923) berichtet.
Wenden wir uns nun zu den Inſtrumenten, mit denen geſchrieben wurde und wird, ſo hängen dieſe natürlich weſentlich von dem Schreib- material ab. Es war ein harter, ſpitzer Griffel für Stein- oder Metall- ſchrift, ein dünner Stift für Wachstafeln, ein vorn erweichtes Stäbchen für Leinewand und Seide, das frühere Schreibmaterial der Chineſen, und ſo fort. Für Pergament und Papyrus fand aber neben dem Pinſel, mit dem getuſcht wurde, bald die zugeſpitzte Rohr- oder Kielfeder Anwendung, die in eine gefärbte Flüſſigkeit, die Tinte, getaucht die Schriftzüge leicht auf das Papier zu übertragen erlaubte. An Stelle dieſer Federn, zu denen in neueren Zeiten beſonders Gänſe- kiele genommen wurden, traten erſt Ende der zwanziger Jahre dieſes Jahrhunderts die Stahlfedern, die zuerſt in England fabrikmäßig aus dünnem Stahlblech angefertigt wurden (ſiehe S. 683 bis 685), wenn auch bereits im 16. Jahrhundert Verſuche auftauchten, Schreibfedern aus Metall herzuſtellen. Als beſtes Erzeugnis der Federinduſtrie iſt die Goldfeder mit harter Iridiumſpitze zu erwähnen, die den zerſtörenden Einflüſſen der Tinte einen außerordentlichen Widerſtand entgegenſetzt. Eine ausnehmend glückliche Erfindung, ſtreng genommen nur Ent- deckung, die für unſere heutige ſo geſteigerte Schreibthätigkeit und für
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[944/0962]
Das Papier und die vervielfältigenden Künſte.
kannten Palmblatt, das ſchon gegen die erwähnten Schreibmaterialien
einen bedeutenden Fortſchritt bezeichnete. Auch iſt ſeine Herſtellung
mit außerordentlicher Einfachheit zu bewerkſtelligen. Man ſchneidet
aus den großen, lederartigen Palmblättern, namentlich zweier Palm-
arten, der Borassus flabelliformis und der Corypha umbraculifera,
paſſende Stücke aus, die man darauf im Schatten trocknen läßt und
dann mit Öl einreibt. Das Papier, um unſer heutiges Wort zu ge-
brauchen, iſt dann fertig. Man ritzt mit einem ſpitzen Griffel in das
Palmblatt die Schrift ein, die ſich in demſelben, ſogar ohne mit irgend
einem Safte geſchwärzt zu werden, ſehr deutlich abhebt. Man kann
natürlich auch, ähnlich wie die Chineſen vor 2000 Jahren mit Tuſche
auf Seide ſchrieben, mit einem feſthaftenden Farbſtoffe auf den Palm-
blättern ſchreiben. Ein gewaltiger Fortſchritt beſtand aber in der Er-
findung des Pergaments, die übrigens ſehr weit in das Altertum
zurückreicht, vielleicht weiter als die der Bereitung von Papier aus
der Papyrusſtaude. Es wurde hergeſtellt, indem ungegerbte Tierhäute,
beſonders Schaf-, Ziegen-, Hammel- oder Kalbfelle durch Schaben ent-
haart, dann gereinigt und ſpäter mit Kalk gebeizt und gut geglättet
wurden. Die Möglichkeit zur vollen Entfaltung der Schriftentwickelung
wurde aber erſt durch die allerdings wahrſcheinlich uralte, bis ins
4. Jahrtauſend v. Chr. Geburt zurückdatierende Erfindung des Papiers
gegeben, das zunächſt aus dem Zellengewebe der in Ägypten beſonders
häufigen, binſenartigen Papyrusſtaude verfertigt wurde. Über die
weitere Verbeſſerung dieſes Materials durch Anwendung anderer, aber
immer pflanzenartiger Rohſtoffe iſt an anderer Stelle (ſiehe S. 923)
berichtet.
Wenden wir uns nun zu den Inſtrumenten, mit denen geſchrieben
wurde und wird, ſo hängen dieſe natürlich weſentlich von dem Schreib-
material ab. Es war ein harter, ſpitzer Griffel für Stein- oder Metall-
ſchrift, ein dünner Stift für Wachstafeln, ein vorn erweichtes Stäbchen
für Leinewand und Seide, das frühere Schreibmaterial der Chineſen,
und ſo fort. Für Pergament und Papyrus fand aber neben dem
Pinſel, mit dem getuſcht wurde, bald die zugeſpitzte Rohr- oder
Kielfeder Anwendung, die in eine gefärbte Flüſſigkeit, die Tinte,
getaucht die Schriftzüge leicht auf das Papier zu übertragen erlaubte.
An Stelle dieſer Federn, zu denen in neueren Zeiten beſonders Gänſe-
kiele genommen wurden, traten erſt Ende der zwanziger Jahre dieſes
Jahrhunderts die Stahlfedern, die zuerſt in England fabrikmäßig aus
dünnem Stahlblech angefertigt wurden (ſiehe S. 683 bis 685), wenn auch
bereits im 16. Jahrhundert Verſuche auftauchten, Schreibfedern aus
Metall herzuſtellen. Als beſtes Erzeugnis der Federinduſtrie iſt die
Goldfeder mit harter Iridiumſpitze zu erwähnen, die den zerſtörenden
Einflüſſen der Tinte einen außerordentlichen Widerſtand entgegenſetzt.
Eine ausnehmend glückliche Erfindung, ſtreng genommen nur Ent-
deckung, die für unſere heutige ſo geſteigerte Schreibthätigkeit und für
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 944. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/962>, abgerufen am 21.11.2024.
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