dem zur Aufnahme des Mühl- werkes dienenden Gebäude so verbunden war, daß bei Rich- tung der Änderung des Windes das gesamte Gebäude um einen senkrechten festen Ständer, den sogenannten Hausbaum, ge- dreht werden mußte. Diese An- ordnung erforderte jedoch einen außerordentlich hohen Aufwand an Kraft und Zeit. Zur Ver- meidung dessen ging man in Holland schon im 16. Jahr- hundert dazu über, das eigent- liche Mühlengebäude massiv auszuführen, das Windrad in dem Dache desselben anzu- ordnen und dieses mit einer Vorrichtung zu versehen, welche es ermöglichte, das Windrad und das Dach zugleich nach
[Abbildung]
Fig. 49.
Wassermotor von Möller & Blum.
der jeweilig herrschenden Windrichtung einzustellen. Die letztere Art der Windmühlen bezeichnet man als holländische Windmühlen.
In der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts erfuhren diese holländischen Windmühlen in England eine sehr wesentliche Verbesserung durch die Hinzufügung eines zweiten Windrades, welches entgegengesetzt zu dem eigentlichen Windmotor auf der andern Seite des beweglichen Daches angeordnet ist und den Zweck hat, das Dach nebst dem Wind- motor selbstthätig in die erforderliche Stellung zu der Richtung des Windes zu bringen.
Gegenwärtig findet man zahlreiche Exemplare der sämtlichen vor- stehend beschriebenen Arten von Windmühlen in Gebrauch, nämlich sowohl die deutsche mit festem Ständer, wie die holländische Windmühle mit durch Menschenkraft oder selbstthätig verstellbarem Dache.
Was zunächst die Konstruktion der Windflügel betrifft, so ist die- selbe in den Figuren 50 und 51 in größerem Maßstabe dargestellt.
An der Flügelwelle a, welche in der Wand bezw. in dem Dache des Mühlengebäudes drehbar gelagert ist, sind die Flügel, meist deren vier, befestigt. Jeder Flügel besteht aus der sogenannten Rute f von Tannen- oder Kiefernholz; dieselbe hat an der Welle a eine Stärke von 30 bis 32 cm und verjüngt sich an ihrem äußersten Ende bis auf etwa 15 cm; ihre Länge beträgt bis zu 25 m. Durch diese Rute f sind dann die Sprossen k hindurchgesteckt, welche mit Segeltuch überspannt werden und auf diese Weise den Winddruck aufnehmen, infolge dessen die Welle a sich dreht und das eigentliche Mühlenwerk in Bewegung setzt.
Die Windmotoren.
dem zur Aufnahme des Mühl- werkes dienenden Gebäude ſo verbunden war, daß bei Rich- tung der Änderung des Windes das geſamte Gebäude um einen ſenkrechten feſten Ständer, den ſogenannten Hausbaum, ge- dreht werden mußte. Dieſe An- ordnung erforderte jedoch einen außerordentlich hohen Aufwand an Kraft und Zeit. Zur Ver- meidung deſſen ging man in Holland ſchon im 16. Jahr- hundert dazu über, das eigent- liche Mühlengebäude maſſiv auszuführen, das Windrad in dem Dache deſſelben anzu- ordnen und dieſes mit einer Vorrichtung zu verſehen, welche es ermöglichte, das Windrad und das Dach zugleich nach
[Abbildung]
Fig. 49.
Waſſermotor von Möller & Blum.
der jeweilig herrſchenden Windrichtung einzuſtellen. Die letztere Art der Windmühlen bezeichnet man als holländiſche Windmühlen.
In der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts erfuhren dieſe holländiſchen Windmühlen in England eine ſehr weſentliche Verbeſſerung durch die Hinzufügung eines zweiten Windrades, welches entgegengeſetzt zu dem eigentlichen Windmotor auf der andern Seite des beweglichen Daches angeordnet iſt und den Zweck hat, das Dach nebſt dem Wind- motor ſelbſtthätig in die erforderliche Stellung zu der Richtung des Windes zu bringen.
Gegenwärtig findet man zahlreiche Exemplare der ſämtlichen vor- ſtehend beſchriebenen Arten von Windmühlen in Gebrauch, nämlich ſowohl die deutſche mit feſtem Ständer, wie die holländiſche Windmühle mit durch Menſchenkraft oder ſelbſtthätig verſtellbarem Dache.
Was zunächſt die Konſtruktion der Windflügel betrifft, ſo iſt die- ſelbe in den Figuren 50 und 51 in größerem Maßſtabe dargeſtellt.
An der Flügelwelle a, welche in der Wand bezw. in dem Dache des Mühlengebäudes drehbar gelagert iſt, ſind die Flügel, meiſt deren vier, befeſtigt. Jeder Flügel beſteht aus der ſogenannten Rute f von Tannen- oder Kiefernholz; dieſelbe hat an der Welle a eine Stärke von 30 bis 32 cm und verjüngt ſich an ihrem äußerſten Ende bis auf etwa 15 cm; ihre Länge beträgt bis zu 25 m. Durch dieſe Rute f ſind dann die Sproſſen k hindurchgeſteckt, welche mit Segeltuch überſpannt werden und auf dieſe Weiſe den Winddruck aufnehmen, infolge deſſen die Welle a ſich dreht und das eigentliche Mühlenwerk in Bewegung ſetzt.
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Die Windmotoren.
dem zur Aufnahme des Mühl-
werkes dienenden Gebäude ſo
verbunden war, daß bei Rich-
tung der Änderung des Windes
das geſamte Gebäude um einen
ſenkrechten feſten Ständer, den
ſogenannten Hausbaum, ge-
dreht werden mußte. Dieſe An-
ordnung erforderte jedoch einen
außerordentlich hohen Aufwand
an Kraft und Zeit. Zur Ver-
meidung deſſen ging man in
Holland ſchon im 16. Jahr-
hundert dazu über, das eigent-
liche Mühlengebäude maſſiv
auszuführen, das Windrad in
dem Dache deſſelben anzu-
ordnen und dieſes mit einer
Vorrichtung zu verſehen, welche
es ermöglichte, das Windrad
und das Dach zugleich nach
[Abbildung Fig. 49.
Waſſermotor von Möller & Blum.]
der jeweilig herrſchenden Windrichtung einzuſtellen. Die letztere Art
der Windmühlen bezeichnet man als holländiſche Windmühlen.
In der letzten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts erfuhren dieſe
holländiſchen Windmühlen in England eine ſehr weſentliche Verbeſſerung
durch die Hinzufügung eines zweiten Windrades, welches entgegengeſetzt
zu dem eigentlichen Windmotor auf der andern Seite des beweglichen
Daches angeordnet iſt und den Zweck hat, das Dach nebſt dem Wind-
motor ſelbſtthätig in die erforderliche Stellung zu der Richtung des
Windes zu bringen.
Gegenwärtig findet man zahlreiche Exemplare der ſämtlichen vor-
ſtehend beſchriebenen Arten von Windmühlen in Gebrauch, nämlich ſowohl
die deutſche mit feſtem Ständer, wie die holländiſche Windmühle mit durch
Menſchenkraft oder ſelbſtthätig verſtellbarem Dache.
Was zunächſt die Konſtruktion der Windflügel betrifft, ſo iſt die-
ſelbe in den Figuren 50 und 51 in größerem Maßſtabe dargeſtellt.
An der Flügelwelle a, welche in der Wand bezw. in dem Dache
des Mühlengebäudes drehbar gelagert iſt, ſind die Flügel, meiſt deren
vier, befeſtigt. Jeder Flügel beſteht aus der ſogenannten Rute f von
Tannen- oder Kiefernholz; dieſelbe hat an der Welle a eine Stärke von
30 bis 32 cm und verjüngt ſich an ihrem äußerſten Ende bis auf etwa
15 cm; ihre Länge beträgt bis zu 25 m. Durch dieſe Rute f ſind
dann die Sproſſen k hindurchgeſteckt, welche mit Segeltuch überſpannt
werden und auf dieſe Weiſe den Winddruck aufnehmen, infolge deſſen die
Welle a ſich dreht und das eigentliche Mühlenwerk in Bewegung ſetzt.
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/93>, abgerufen am 24.11.2024.
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