Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.Die optischen Instrumente. Fernrohr, welches der berühmte Physiker Huyghens für die englischeGesellschaft der Wissenschaften fertigte, und welches im Jahre 1718 wohl das vorzüglichste seiner Zeit war, hatte eine Linse von 15 cm Durchmesser bei einer Länge von fast 38 m, und es giebt keine besseren Bilder als eines unserer heutigen Liebhaberfernröhre von 10 cm Durch- messer und 1 1/3 m Länge. Der Hauptfehler der damaligen Instrumente war anderswo zu suchen, und der große Newton, der Begründer der mathematischen Physik und der himmlischen Mechanik, war es, der ihn anzugeben vermochte. Die chromatische Abweichung, welche hier ganz dieselbe Bedeutung hat wie beim Mikroskop, war der Haupt- fehler der Refraktoren, und Newton, der in ihm ein unüberwindliches Hindernis erblickte, sah die einzige Abhilfe in der Ausbildung seines Spiegelteleskops, das er wenige Jahre vorher erfunden hatte. Hier ist [Abbildung]
Fig. 496. das Objektiv durch einen Hohlspiegel ersetzt, und die chromatische Ab-Gang der Strahlen im Newtonschen Spiegelteleskop. weichung ist vermieden. Die Fig. 496 zeigt in welcher Weise hier das Bild zustande kommt. Die von einem Hohlspiegel zurückgeworfenen Lichtstrahlen prallen auf ihrem Wege auf einen ebenen Spiegel auf und bringen ein seitliches Bild hervor, welches durch die konvexe Okularlinse betrachtet, vergrößert erscheint. In der That hat der An- stoß, den der bedeutende Physiker der Entwicklung der Fernrohrtechnik damit gab, während des ganzen vorigen Jahrhunderts nachgewirkt. Unbestritten war damals die Überlegenheit des Spiegelteleskops; aber die wissenschaftliche Ernte war gleich Null, wahrscheinlich weil der hohe Preis dieser Teleskope ihren Gebrauch nur wenigen Begüterten gestattete. Erst als Wilhelm Herschel, der frühere Musiker und spätere Glasschleifer und Instrumentenbauer, auf dem Höhepunkte seiner Lauf- bahn angelangt war, änderte sich die Sachlage. Schon einer von den kleinsten Spiegeln -- deren Herschel nicht weniger als vierhundert in Die optiſchen Inſtrumente. Fernrohr, welches der berühmte Phyſiker Huyghens für die engliſcheGeſellſchaft der Wiſſenſchaften fertigte, und welches im Jahre 1718 wohl das vorzüglichſte ſeiner Zeit war, hatte eine Linſe von 15 cm Durchmeſſer bei einer Länge von faſt 38 m, und es giebt keine beſſeren Bilder als eines unſerer heutigen Liebhaberfernröhre von 10 cm Durch- meſſer und 1⅓ m Länge. Der Hauptfehler der damaligen Inſtrumente war anderswo zu ſuchen, und der große Newton, der Begründer der mathematiſchen Phyſik und der himmliſchen Mechanik, war es, der ihn anzugeben vermochte. Die chromatiſche Abweichung, welche hier ganz dieſelbe Bedeutung hat wie beim Mikroſkop, war der Haupt- fehler der Refraktoren, und Newton, der in ihm ein unüberwindliches Hindernis erblickte, ſah die einzige Abhilfe in der Ausbildung ſeines Spiegelteleſkops, das er wenige Jahre vorher erfunden hatte. Hier iſt [Abbildung]
Fig. 496. das Objektiv durch einen Hohlſpiegel erſetzt, und die chromatiſche Ab-Gang der Strahlen im Newtonſchen Spiegelteleſkop. weichung iſt vermieden. Die Fig. 496 zeigt in welcher Weiſe hier das Bild zuſtande kommt. Die von einem Hohlſpiegel zurückgeworfenen Lichtſtrahlen prallen auf ihrem Wege auf einen ebenen Spiegel auf und bringen ein ſeitliches Bild hervor, welches durch die konvexe Okularlinſe betrachtet, vergrößert erſcheint. In der That hat der An- ſtoß, den der bedeutende Phyſiker der Entwicklung der Fernrohrtechnik damit gab, während des ganzen vorigen Jahrhunderts nachgewirkt. Unbeſtritten war damals die Überlegenheit des Spiegelteleſkops; aber die wiſſenſchaftliche Ernte war gleich Null, wahrſcheinlich weil der hohe Preis dieſer Teleſkope ihren Gebrauch nur wenigen Begüterten geſtattete. Erſt als Wilhelm Herſchel, der frühere Muſiker und ſpätere Glasſchleifer und Inſtrumentenbauer, auf dem Höhepunkte ſeiner Lauf- bahn angelangt war, änderte ſich die Sachlage. Schon einer von den kleinſten Spiegeln — deren Herſchel nicht weniger als vierhundert in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0928" n="910"/><fw place="top" type="header">Die optiſchen Inſtrumente.</fw><lb/> Fernrohr, welches der berühmte Phyſiker Huyghens für die engliſche<lb/> Geſellſchaft der Wiſſenſchaften fertigte, und welches im Jahre 1718<lb/> wohl das vorzüglichſte ſeiner Zeit war, hatte eine Linſe von 15 <hi rendition="#aq">cm</hi><lb/> Durchmeſſer bei einer Länge von faſt 38 <hi rendition="#aq">m</hi>, und es giebt keine beſſeren<lb/> Bilder als eines unſerer heutigen Liebhaberfernröhre von 10 <hi rendition="#aq">cm</hi> Durch-<lb/> meſſer und 1⅓ <hi rendition="#aq">m</hi> Länge. Der Hauptfehler der damaligen Inſtrumente<lb/> war anderswo zu ſuchen, und der große Newton, der Begründer der<lb/> mathematiſchen Phyſik und der himmliſchen Mechanik, war es, der ihn<lb/> anzugeben vermochte. Die chromatiſche Abweichung, welche hier<lb/> ganz dieſelbe Bedeutung hat wie beim Mikroſkop, war der Haupt-<lb/> fehler der Refraktoren, und Newton, der in ihm ein unüberwindliches<lb/> Hindernis erblickte, ſah die einzige Abhilfe in der Ausbildung ſeines<lb/> Spiegelteleſkops, das er wenige Jahre vorher erfunden hatte. Hier iſt<lb/><figure><head>Fig. 496. </head><p>Gang der Strahlen im Newtonſchen Spiegelteleſkop.</p></figure><lb/> das Objektiv durch einen Hohlſpiegel erſetzt, und die chromatiſche Ab-<lb/> weichung iſt vermieden. Die Fig. 496 zeigt in welcher Weiſe hier das<lb/> Bild zuſtande kommt. Die von einem Hohlſpiegel zurückgeworfenen<lb/> Lichtſtrahlen prallen auf ihrem Wege auf einen ebenen Spiegel auf<lb/> und bringen ein ſeitliches Bild hervor, welches durch die konvexe<lb/> Okularlinſe betrachtet, vergrößert erſcheint. In der That hat der An-<lb/> ſtoß, den der bedeutende Phyſiker der Entwicklung der Fernrohrtechnik<lb/> damit gab, während des ganzen vorigen Jahrhunderts nachgewirkt.<lb/> Unbeſtritten war damals die Überlegenheit des Spiegelteleſkops; aber<lb/> die wiſſenſchaftliche Ernte war gleich Null, wahrſcheinlich weil der<lb/> hohe Preis dieſer Teleſkope ihren Gebrauch nur wenigen Begüterten<lb/> geſtattete. Erſt als Wilhelm Herſchel, der frühere Muſiker und ſpätere<lb/> Glasſchleifer und Inſtrumentenbauer, auf dem Höhepunkte ſeiner Lauf-<lb/> bahn angelangt war, änderte ſich die Sachlage. Schon einer von den<lb/> kleinſten Spiegeln — deren Herſchel nicht weniger als vierhundert in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [910/0928]
Die optiſchen Inſtrumente.
Fernrohr, welches der berühmte Phyſiker Huyghens für die engliſche
Geſellſchaft der Wiſſenſchaften fertigte, und welches im Jahre 1718
wohl das vorzüglichſte ſeiner Zeit war, hatte eine Linſe von 15 cm
Durchmeſſer bei einer Länge von faſt 38 m, und es giebt keine beſſeren
Bilder als eines unſerer heutigen Liebhaberfernröhre von 10 cm Durch-
meſſer und 1⅓ m Länge. Der Hauptfehler der damaligen Inſtrumente
war anderswo zu ſuchen, und der große Newton, der Begründer der
mathematiſchen Phyſik und der himmliſchen Mechanik, war es, der ihn
anzugeben vermochte. Die chromatiſche Abweichung, welche hier
ganz dieſelbe Bedeutung hat wie beim Mikroſkop, war der Haupt-
fehler der Refraktoren, und Newton, der in ihm ein unüberwindliches
Hindernis erblickte, ſah die einzige Abhilfe in der Ausbildung ſeines
Spiegelteleſkops, das er wenige Jahre vorher erfunden hatte. Hier iſt
[Abbildung Fig. 496. Gang der Strahlen im Newtonſchen Spiegelteleſkop.]
das Objektiv durch einen Hohlſpiegel erſetzt, und die chromatiſche Ab-
weichung iſt vermieden. Die Fig. 496 zeigt in welcher Weiſe hier das
Bild zuſtande kommt. Die von einem Hohlſpiegel zurückgeworfenen
Lichtſtrahlen prallen auf ihrem Wege auf einen ebenen Spiegel auf
und bringen ein ſeitliches Bild hervor, welches durch die konvexe
Okularlinſe betrachtet, vergrößert erſcheint. In der That hat der An-
ſtoß, den der bedeutende Phyſiker der Entwicklung der Fernrohrtechnik
damit gab, während des ganzen vorigen Jahrhunderts nachgewirkt.
Unbeſtritten war damals die Überlegenheit des Spiegelteleſkops; aber
die wiſſenſchaftliche Ernte war gleich Null, wahrſcheinlich weil der
hohe Preis dieſer Teleſkope ihren Gebrauch nur wenigen Begüterten
geſtattete. Erſt als Wilhelm Herſchel, der frühere Muſiker und ſpätere
Glasſchleifer und Inſtrumentenbauer, auf dem Höhepunkte ſeiner Lauf-
bahn angelangt war, änderte ſich die Sachlage. Schon einer von den
kleinſten Spiegeln — deren Herſchel nicht weniger als vierhundert in
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