Glatte Flächen nun, welche infolge möglichst vollkommener Reflexion imstande sind, von Gegenständen Bilder zu erzeugen, nennt man Spiegel; dieselben können sowohl eben als gekrümmt sein. Stellt M N in Fig. 477 den Durchschnitt eines vollkommen ebenen Spiegels dar, so werden unter den unendlich vielen Strahlen, welche von dem leuchtenden Punkte A ausgehen, nur einige infolge der Spiegelung in das Auge eines Beobachters gelangen; die in Betracht kommenden Grenzstrahlen D c und FE des Bündels sind in der Figur bezeichnet. Denken wir uns diese über den Spiegel hinaus verlängert, so schneiden sie sich in einem Punkte a, der, wie leicht zu sehen ist, eben so weit hinter der Spiegelfläche liegen wird, wie der leuchtende Punkt A vor derselben. Da nun das Auge die Lichtquelle oder den leuchtenden Punkt stets in der Verlängerung der in dasselbe gelangenden Strahlen sucht, so folgt hieraus, daß ein Beobachter in dem Punkte a ein Bild des leuchtenden Punktes A erblicken wird. -- Was hier für einen leuchtenden Punkt nachgewiesen wurde, läßt sich ebenso leicht für eine beständige Folge von leuchtenden Punkten, also eine leuchtende Linie, und schließlich ganz allgemein zeigen, da man nur für jeden einzelnen Punkt eines Gegenstandes die vorstehend durchgeführte Betrachtung zu wieder- holen hat.
Die Geschichte des Spiegels, der als wichtiges Kulturmittel bei civilisierten und bei unkultivierten Völkern von jeher eine bedeutende Rolle gespielt hat, ist zweifellos uralt, und die auf uns überkommenen vielgestaltigen Muster und Formen aus der Zeit der alten Griechen und Römer beweisen, welche hohe Fertigkeit man schon frühzeitig in ihrer Herstellung erlangt, und welchen Luxus man mit ihnen zu treiben verstanden hatte.
Selbst die allerbesten spiegelnden Flächen können niemals so voll- kommen hergestellt werden, auch wenn sie auf das sorgfältigste poliert sind, daß der Anblick des Bildes im Spiegel denjenigen des Gegen- standes zu ersetzen vermöchte, da stets ein Teil des auffallenden Lichtes absorbiert, ein anderer zerstreut reflektiert wird. Die bekannten Glas- spiegel, deren Fabrikation auf S. 860 ff. eingehend behandelt worden ist, stehen in dieser Beziehung den vollkommeneren Metallspiegeln namentlich auch deswegen erheblich nach, weil nicht bloß ihre mit Zinnamalgam bedeckte Rückseite spiegelnd wirkt, sondern auch die vordere Fläche, wiewohl in geringerem Maße, diese Eigenschaft besitzt. Des- halb giebt man für wissenschaftliche und technische Zwecke, wo man zur Verwendung möglichst vollkommener Spiegel genötigt ist, fast aus- nahmslos den polierten Metallflächen oder den auf der Vorderseite mit einem Metallüberzuge versehenen ebenen Gläsern, deren Herstellung später zu besprechen sein wird, den Vorzug.
Noch einer anderen aus den obigen Darlegungen leicht zu folgernden Eigenschaft ebener Spiegel, die besonders häufig in der Praxis Anwendung findet, muß an dieser Stelle gedacht werden. Wird
Die optiſchen Inſtrumente.
Glatte Flächen nun, welche infolge möglichſt vollkommener Reflexion imſtande ſind, von Gegenſtänden Bilder zu erzeugen, nennt man Spiegel; dieſelben können ſowohl eben als gekrümmt ſein. Stellt M N in Fig. 477 den Durchſchnitt eines vollkommen ebenen Spiegels dar, ſo werden unter den unendlich vielen Strahlen, welche von dem leuchtenden Punkte A ausgehen, nur einige infolge der Spiegelung in das Auge eines Beobachters gelangen; die in Betracht kommenden Grenzſtrahlen D c und FE des Bündels ſind in der Figur bezeichnet. Denken wir uns dieſe über den Spiegel hinaus verlängert, ſo ſchneiden ſie ſich in einem Punkte a, der, wie leicht zu ſehen iſt, eben ſo weit hinter der Spiegelfläche liegen wird, wie der leuchtende Punkt A vor derſelben. Da nun das Auge die Lichtquelle oder den leuchtenden Punkt ſtets in der Verlängerung der in dasſelbe gelangenden Strahlen ſucht, ſo folgt hieraus, daß ein Beobachter in dem Punkte a ein Bild des leuchtenden Punktes A erblicken wird. — Was hier für einen leuchtenden Punkt nachgewieſen wurde, läßt ſich ebenſo leicht für eine beſtändige Folge von leuchtenden Punkten, alſo eine leuchtende Linie, und ſchließlich ganz allgemein zeigen, da man nur für jeden einzelnen Punkt eines Gegenſtandes die vorſtehend durchgeführte Betrachtung zu wieder- holen hat.
Die Geſchichte des Spiegels, der als wichtiges Kulturmittel bei civiliſierten und bei unkultivierten Völkern von jeher eine bedeutende Rolle geſpielt hat, iſt zweifellos uralt, und die auf uns überkommenen vielgeſtaltigen Muſter und Formen aus der Zeit der alten Griechen und Römer beweiſen, welche hohe Fertigkeit man ſchon frühzeitig in ihrer Herſtellung erlangt, und welchen Luxus man mit ihnen zu treiben verſtanden hatte.
Selbſt die allerbeſten ſpiegelnden Flächen können niemals ſo voll- kommen hergeſtellt werden, auch wenn ſie auf das ſorgfältigſte poliert ſind, daß der Anblick des Bildes im Spiegel denjenigen des Gegen- ſtandes zu erſetzen vermöchte, da ſtets ein Teil des auffallenden Lichtes abſorbiert, ein anderer zerſtreut reflektiert wird. Die bekannten Glas- ſpiegel, deren Fabrikation auf S. 860 ff. eingehend behandelt worden iſt, ſtehen in dieſer Beziehung den vollkommeneren Metallſpiegeln namentlich auch deswegen erheblich nach, weil nicht bloß ihre mit Zinnamalgam bedeckte Rückſeite ſpiegelnd wirkt, ſondern auch die vordere Fläche, wiewohl in geringerem Maße, dieſe Eigenſchaft beſitzt. Des- halb giebt man für wiſſenſchaftliche und techniſche Zwecke, wo man zur Verwendung möglichſt vollkommener Spiegel genötigt iſt, faſt aus- nahmslos den polierten Metallflächen oder den auf der Vorderſeite mit einem Metallüberzuge verſehenen ebenen Gläſern, deren Herſtellung ſpäter zu beſprechen ſein wird, den Vorzug.
Noch einer anderen aus den obigen Darlegungen leicht zu folgernden Eigenſchaft ebener Spiegel, die beſonders häufig in der Praxis Anwendung findet, muß an dieſer Stelle gedacht werden. Wird
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0904"n="886"/><fwplace="top"type="header">Die optiſchen Inſtrumente.</fw><lb/><p>Glatte Flächen nun, welche infolge möglichſt vollkommener Reflexion<lb/>
imſtande ſind, von Gegenſtänden Bilder zu erzeugen, nennt man Spiegel;<lb/>
dieſelben können ſowohl eben als gekrümmt ſein. Stellt <hirendition="#aq">M N</hi> in Fig. 477<lb/>
den Durchſchnitt eines vollkommen ebenen Spiegels dar, ſo werden<lb/>
unter den unendlich vielen Strahlen, welche von dem leuchtenden<lb/>
Punkte <hirendition="#aq">A</hi> ausgehen, nur einige infolge der Spiegelung in das Auge<lb/>
eines Beobachters gelangen; die in Betracht kommenden Grenzſtrahlen<lb/><hirendition="#aq">D c</hi> und <hirendition="#aq">FE</hi> des Bündels ſind in der Figur bezeichnet. Denken wir<lb/>
uns dieſe über den Spiegel hinaus verlängert, ſo ſchneiden ſie ſich in<lb/>
einem Punkte <hirendition="#aq">a</hi>, der, wie leicht zu ſehen iſt, eben ſo weit hinter der<lb/>
Spiegelfläche liegen wird, wie der leuchtende Punkt <hirendition="#aq">A</hi> vor derſelben.<lb/>
Da nun das Auge die Lichtquelle oder den leuchtenden Punkt ſtets in<lb/>
der Verlängerung der in dasſelbe gelangenden Strahlen ſucht, ſo folgt<lb/>
hieraus, daß ein Beobachter in dem Punkte <hirendition="#aq">a</hi> ein Bild des leuchtenden<lb/>
Punktes <hirendition="#aq">A</hi> erblicken wird. — Was hier für einen leuchtenden Punkt<lb/>
nachgewieſen wurde, läßt ſich ebenſo leicht für eine beſtändige Folge<lb/>
von leuchtenden Punkten, alſo eine leuchtende Linie, und ſchließlich<lb/>
ganz allgemein zeigen, da man nur für jeden einzelnen Punkt eines<lb/>
Gegenſtandes die vorſtehend durchgeführte Betrachtung zu wieder-<lb/>
holen hat.</p><lb/><p>Die Geſchichte des Spiegels, der als wichtiges Kulturmittel bei<lb/>
civiliſierten und bei unkultivierten Völkern von jeher eine bedeutende<lb/>
Rolle geſpielt hat, iſt zweifellos uralt, und die auf uns überkommenen<lb/>
vielgeſtaltigen Muſter und Formen aus der Zeit der alten Griechen<lb/>
und Römer beweiſen, welche hohe Fertigkeit man ſchon frühzeitig in<lb/>
ihrer Herſtellung erlangt, und welchen Luxus man mit ihnen zu treiben<lb/>
verſtanden hatte.</p><lb/><p>Selbſt die allerbeſten ſpiegelnden Flächen können niemals ſo voll-<lb/>
kommen hergeſtellt werden, auch wenn ſie auf das ſorgfältigſte poliert<lb/>ſind, daß der Anblick des Bildes im Spiegel denjenigen des Gegen-<lb/>ſtandes zu erſetzen vermöchte, da ſtets ein Teil des auffallenden Lichtes<lb/>
abſorbiert, ein anderer zerſtreut reflektiert wird. Die bekannten Glas-<lb/>ſpiegel, deren Fabrikation auf S. 860 ff. eingehend behandelt worden<lb/>
iſt, ſtehen in dieſer Beziehung den vollkommeneren Metallſpiegeln<lb/>
namentlich auch deswegen erheblich nach, weil nicht bloß ihre mit<lb/>
Zinnamalgam bedeckte Rückſeite ſpiegelnd wirkt, ſondern auch die vordere<lb/>
Fläche, wiewohl in geringerem Maße, dieſe Eigenſchaft beſitzt. Des-<lb/>
halb giebt man für wiſſenſchaftliche und techniſche Zwecke, wo man<lb/>
zur Verwendung möglichſt vollkommener Spiegel genötigt iſt, faſt aus-<lb/>
nahmslos den polierten Metallflächen oder den auf der Vorderſeite<lb/>
mit einem Metallüberzuge verſehenen ebenen Gläſern, deren Herſtellung<lb/>ſpäter zu beſprechen ſein wird, den Vorzug.</p><lb/><p>Noch einer anderen aus den obigen Darlegungen leicht zu<lb/>
folgernden Eigenſchaft ebener Spiegel, die beſonders häufig in der<lb/>
Praxis Anwendung findet, muß an dieſer Stelle gedacht werden. Wird<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[886/0904]
Die optiſchen Inſtrumente.
Glatte Flächen nun, welche infolge möglichſt vollkommener Reflexion
imſtande ſind, von Gegenſtänden Bilder zu erzeugen, nennt man Spiegel;
dieſelben können ſowohl eben als gekrümmt ſein. Stellt M N in Fig. 477
den Durchſchnitt eines vollkommen ebenen Spiegels dar, ſo werden
unter den unendlich vielen Strahlen, welche von dem leuchtenden
Punkte A ausgehen, nur einige infolge der Spiegelung in das Auge
eines Beobachters gelangen; die in Betracht kommenden Grenzſtrahlen
D c und FE des Bündels ſind in der Figur bezeichnet. Denken wir
uns dieſe über den Spiegel hinaus verlängert, ſo ſchneiden ſie ſich in
einem Punkte a, der, wie leicht zu ſehen iſt, eben ſo weit hinter der
Spiegelfläche liegen wird, wie der leuchtende Punkt A vor derſelben.
Da nun das Auge die Lichtquelle oder den leuchtenden Punkt ſtets in
der Verlängerung der in dasſelbe gelangenden Strahlen ſucht, ſo folgt
hieraus, daß ein Beobachter in dem Punkte a ein Bild des leuchtenden
Punktes A erblicken wird. — Was hier für einen leuchtenden Punkt
nachgewieſen wurde, läßt ſich ebenſo leicht für eine beſtändige Folge
von leuchtenden Punkten, alſo eine leuchtende Linie, und ſchließlich
ganz allgemein zeigen, da man nur für jeden einzelnen Punkt eines
Gegenſtandes die vorſtehend durchgeführte Betrachtung zu wieder-
holen hat.
Die Geſchichte des Spiegels, der als wichtiges Kulturmittel bei
civiliſierten und bei unkultivierten Völkern von jeher eine bedeutende
Rolle geſpielt hat, iſt zweifellos uralt, und die auf uns überkommenen
vielgeſtaltigen Muſter und Formen aus der Zeit der alten Griechen
und Römer beweiſen, welche hohe Fertigkeit man ſchon frühzeitig in
ihrer Herſtellung erlangt, und welchen Luxus man mit ihnen zu treiben
verſtanden hatte.
Selbſt die allerbeſten ſpiegelnden Flächen können niemals ſo voll-
kommen hergeſtellt werden, auch wenn ſie auf das ſorgfältigſte poliert
ſind, daß der Anblick des Bildes im Spiegel denjenigen des Gegen-
ſtandes zu erſetzen vermöchte, da ſtets ein Teil des auffallenden Lichtes
abſorbiert, ein anderer zerſtreut reflektiert wird. Die bekannten Glas-
ſpiegel, deren Fabrikation auf S. 860 ff. eingehend behandelt worden
iſt, ſtehen in dieſer Beziehung den vollkommeneren Metallſpiegeln
namentlich auch deswegen erheblich nach, weil nicht bloß ihre mit
Zinnamalgam bedeckte Rückſeite ſpiegelnd wirkt, ſondern auch die vordere
Fläche, wiewohl in geringerem Maße, dieſe Eigenſchaft beſitzt. Des-
halb giebt man für wiſſenſchaftliche und techniſche Zwecke, wo man
zur Verwendung möglichſt vollkommener Spiegel genötigt iſt, faſt aus-
nahmslos den polierten Metallflächen oder den auf der Vorderſeite
mit einem Metallüberzuge verſehenen ebenen Gläſern, deren Herſtellung
ſpäter zu beſprechen ſein wird, den Vorzug.
Noch einer anderen aus den obigen Darlegungen leicht zu
folgernden Eigenſchaft ebener Spiegel, die beſonders häufig in der
Praxis Anwendung findet, muß an dieſer Stelle gedacht werden. Wird
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 886. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/904>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.