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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Das Hohlglas.

Das Flaschenglas erhält man, da es hierbei nur auf Wohl-
feilheit ankommt, durch Zusammenschmelzen von ziemlich unreinen
Materialien. Das Produkt ist gewöhnlich durch Eisenoxydul grün
gefärbt. Die Verfertigung einer gewöhnlichen Flasche bietet in ihren
Einzelnheiten eine günstige Gelegenheit, um die wichtigsten, auch bei
anderen Fällen sich wiederholenden Handgriffe des Hohlglasmachens
kennen zu lernen.

Das wichtigste Werkzeug des Glasmachens ist die Pfeife, ein
11/2 m langes, 2 cm dickes Eisenrohr mit knopfförmigen Enden, auf
deren eines ein langer
Holzgriff c aufgeschoben ist
(Fig. 457). Der Arbeiter
befestigt durch wiederholtes

[Abbildung] Fig. 457.

Glasbläserpfeife.

Eintauchen des unteren Endes der Pfeife in den Hafen soviel Glas-
masse, wie etwa zum Blasen einer Flasche gehört. Um die Masse
gleichmäßig zu runden, wird sie in der aus dem Arbeitsloch heraus-
schlagenden Flamme erweicht und dann in den halbkugeligen Ver-
tiefungen des Marbels (Fig. 458 b), eines angefeuchteten, dicken Brettes
gleichmäßig gedreht, während der Arbeiter sie durch sehr gelindes
Einblasen von Luft in die Pfeife vor dem Zusammensinken bewahrt.
So erhält er eine sehr dickwandige Hohlkugel a, deren Wand nach der
Pfeife zu schwächer wird.
Er wärmt nun von neuem
an und zwar so, daß die
Wölbung der Kugel am
stärksten erhitzt wird; hier-
auf verlängert er sie zur
Flaschenform c durch drei
gleichzeitig ausgeführte Ope-
rationen, nämlich durch
stärkeres Blasen, Schwenken
und Drehen der Pfeife.
Der letztgenannte Hand-
griff, welcher beim Glas-
blasen ganz allgemein an-
gewendet wird, bezweckt die
Wirkung des Blasens zu
[Abbildung] Fig. 458.

Anfertigung einer Flasche.

einer gleichmäßigen zu machen; ohne das Drehen würde der von
dem Arbeitsstück aufsteigende heiße Luftstrom bewirken, daß die oberen
Teile sich stärker ausdehnten, als die unteren, was besonders bei
mehr wagerechter Lage der Pfeife schädlich wäre. Ist die Flasche
so weit wie beschrieben gediehen, so senkt der Arbeiter ihren unteren
Teil in eine glatte cylindrische Holzform d, an deren Wände er durch
starkes Blasen das Glas angepreßt, während er durch einen Ruck nach
oben den Hals verlängert. Die mittlerweile erstarrte Flasche wird aus

Das Hohlglas.

Das Flaſchenglas erhält man, da es hierbei nur auf Wohl-
feilheit ankommt, durch Zuſammenſchmelzen von ziemlich unreinen
Materialien. Das Produkt iſt gewöhnlich durch Eiſenoxydul grün
gefärbt. Die Verfertigung einer gewöhnlichen Flaſche bietet in ihren
Einzelnheiten eine günſtige Gelegenheit, um die wichtigſten, auch bei
anderen Fällen ſich wiederholenden Handgriffe des Hohlglasmachens
kennen zu lernen.

Das wichtigſte Werkzeug des Glasmachens iſt die Pfeife, ein
m langes, 2 cm dickes Eiſenrohr mit knopfförmigen Enden, auf
deren eines ein langer
Holzgriff c aufgeſchoben iſt
(Fig. 457). Der Arbeiter
befeſtigt durch wiederholtes

[Abbildung] Fig. 457.

Glasbläſerpfeife.

Eintauchen des unteren Endes der Pfeife in den Hafen ſoviel Glas-
maſſe, wie etwa zum Blaſen einer Flaſche gehört. Um die Maſſe
gleichmäßig zu runden, wird ſie in der aus dem Arbeitsloch heraus-
ſchlagenden Flamme erweicht und dann in den halbkugeligen Ver-
tiefungen des Marbels (Fig. 458 b), eines angefeuchteten, dicken Brettes
gleichmäßig gedreht, während der Arbeiter ſie durch ſehr gelindes
Einblaſen von Luft in die Pfeife vor dem Zuſammenſinken bewahrt.
So erhält er eine ſehr dickwandige Hohlkugel a, deren Wand nach der
Pfeife zu ſchwächer wird.
Er wärmt nun von neuem
an und zwar ſo, daß die
Wölbung der Kugel am
ſtärkſten erhitzt wird; hier-
auf verlängert er ſie zur
Flaſchenform c durch drei
gleichzeitig ausgeführte Ope-
rationen, nämlich durch
ſtärkeres Blaſen, Schwenken
und Drehen der Pfeife.
Der letztgenannte Hand-
griff, welcher beim Glas-
blaſen ganz allgemein an-
gewendet wird, bezweckt die
Wirkung des Blaſens zu
[Abbildung] Fig. 458.

Anfertigung einer Flaſche.

einer gleichmäßigen zu machen; ohne das Drehen würde der von
dem Arbeitsſtück aufſteigende heiße Luftſtrom bewirken, daß die oberen
Teile ſich ſtärker ausdehnten, als die unteren, was beſonders bei
mehr wagerechter Lage der Pfeife ſchädlich wäre. Iſt die Flaſche
ſo weit wie beſchrieben gediehen, ſo ſenkt der Arbeiter ihren unteren
Teil in eine glatte cylindriſche Holzform d, an deren Wände er durch
ſtarkes Blaſen das Glas angepreßt, während er durch einen Ruck nach
oben den Hals verlängert. Die mittlerweile erſtarrte Flaſche wird aus

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[855/0873] Das Hohlglas. Das Flaſchenglas erhält man, da es hierbei nur auf Wohl- feilheit ankommt, durch Zuſammenſchmelzen von ziemlich unreinen Materialien. Das Produkt iſt gewöhnlich durch Eiſenoxydul grün gefärbt. Die Verfertigung einer gewöhnlichen Flaſche bietet in ihren Einzelnheiten eine günſtige Gelegenheit, um die wichtigſten, auch bei anderen Fällen ſich wiederholenden Handgriffe des Hohlglasmachens kennen zu lernen. Das wichtigſte Werkzeug des Glasmachens iſt die Pfeife, ein 1½ m langes, 2 cm dickes Eiſenrohr mit knopfförmigen Enden, auf deren eines ein langer Holzgriff c aufgeſchoben iſt (Fig. 457). Der Arbeiter befeſtigt durch wiederholtes [Abbildung Fig. 457. Glasbläſerpfeife.] Eintauchen des unteren Endes der Pfeife in den Hafen ſoviel Glas- maſſe, wie etwa zum Blaſen einer Flaſche gehört. Um die Maſſe gleichmäßig zu runden, wird ſie in der aus dem Arbeitsloch heraus- ſchlagenden Flamme erweicht und dann in den halbkugeligen Ver- tiefungen des Marbels (Fig. 458 b), eines angefeuchteten, dicken Brettes gleichmäßig gedreht, während der Arbeiter ſie durch ſehr gelindes Einblaſen von Luft in die Pfeife vor dem Zuſammenſinken bewahrt. So erhält er eine ſehr dickwandige Hohlkugel a, deren Wand nach der Pfeife zu ſchwächer wird. Er wärmt nun von neuem an und zwar ſo, daß die Wölbung der Kugel am ſtärkſten erhitzt wird; hier- auf verlängert er ſie zur Flaſchenform c durch drei gleichzeitig ausgeführte Ope- rationen, nämlich durch ſtärkeres Blaſen, Schwenken und Drehen der Pfeife. Der letztgenannte Hand- griff, welcher beim Glas- blaſen ganz allgemein an- gewendet wird, bezweckt die Wirkung des Blaſens zu [Abbildung Fig. 458. Anfertigung einer Flaſche.] einer gleichmäßigen zu machen; ohne das Drehen würde der von dem Arbeitsſtück aufſteigende heiße Luftſtrom bewirken, daß die oberen Teile ſich ſtärker ausdehnten, als die unteren, was beſonders bei mehr wagerechter Lage der Pfeife ſchädlich wäre. Iſt die Flaſche ſo weit wie beſchrieben gediehen, ſo ſenkt der Arbeiter ihren unteren Teil in eine glatte cylindriſche Holzform d, an deren Wände er durch ſtarkes Blaſen das Glas angepreßt, während er durch einen Ruck nach oben den Hals verlängert. Die mittlerweile erſtarrte Flaſche wird aus

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/873>, abgerufen am 24.11.2024.