Zur Erhitzung dienen Ofen von der in Fig. 451 abgebildeten Form. Sie gehören zur Kategorie der Flammöfen, bei welchen die Feuerung -- mit gewöhnlichem Rost -- durch eine Feuerbrücke von dem seitlich davon liegenden Erhitzungsraum getrennt ist. Die Erwärmung erfolgt
[Abbildung]
Fig. 451.
Sulfatofen einer Sodafabrik.
daher nur durch die über die Feuerbrücke fortschlagende, den Erhitzungs- raum von oben her treffende Flamme; dies bedingt, daß die Flamm- öfen einen sehr starken Zug haben müssen.
Bei dem Sulfatofen zerfällt der Erhitzungsraum in einen kleinen vorderen und einen größeren hinteren, mit Blei ausgefütterten Raum, welcher seinerseits durch die Zuglöcher mit dem gleich zu beschreibenden Kondensationsapparat für die Salzsäure und durch diesen mit dem hohen Schornstein in Verbindung steht. Das Steinsalz kommt in Ladungen von 150 bis 400 kg in den hinteren Raum und wird durch eine obere Öffnung dieses Raumes mit der nötigen Menge Schwefel- säure übergossen. Sofort beginnt eine heftige Gasentwicklung, welche sich durch verstärktes Heizen steigert, um nach einigen Stunden nach- zulassen. Dann läßt man durch eine unten liegende Öffnung die Masse herausfallen, erkalten, und bringt sie nun in den vorderen Ofenraum, während der hintere von neuem beschickt wird. In diesem vorderen Raum wird alle überschüssige Säure, sowie alles Wasser aus dem Sulfat vertrieben und dieses selbst endlich bis zum Schmelzen erhitzt. In der geschilderten Weise arbeitet der Ofen kontinuierlich fort.
Da die Schwefelsäure am besten nicht konzentriert gebraucht wird, so ist jede größere Sodafabrik gleichzeitig mit Bleikammern ausgerüstet; sie gewinnt auf diese Weise ihre Schwefelsäure zu viel billigerem Preise, da sie die Kammersäure direkt verwenden, also die beträchtlichen Abdampf- kosten sparen kann.
Die mit Chlorwasserstoffgas reichlich beladenen Feuergase strömen gewöhnlich aus dem Feuerraume zunächst in mit Wasser gefüllte aus Sandstein aufgemauerte Kammern, in welchen sich der größte Teil des Chlorwasserstoffs auflöst. Man gewinnt so Salzsäure, die zu vielen noch zu erwähnenden Zweigen der chemischen Technik benutzt wird. Um die letzten Spuren des salzsauren Gases, welche den Umgebungen der Fabrik sehr lästig und schädlich sein würden, zu vertilgen, führt
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Die Sodafabrikation.
Zur Erhitzung dienen Ofen von der in Fig. 451 abgebildeten Form. Sie gehören zur Kategorie der Flammöfen, bei welchen die Feuerung — mit gewöhnlichem Roſt — durch eine Feuerbrücke von dem ſeitlich davon liegenden Erhitzungsraum getrennt iſt. Die Erwärmung erfolgt
[Abbildung]
Fig. 451.
Sulfatofen einer Sodafabrik.
daher nur durch die über die Feuerbrücke fortſchlagende, den Erhitzungs- raum von oben her treffende Flamme; dies bedingt, daß die Flamm- öfen einen ſehr ſtarken Zug haben müſſen.
Bei dem Sulfatofen zerfällt der Erhitzungsraum in einen kleinen vorderen und einen größeren hinteren, mit Blei ausgefütterten Raum, welcher ſeinerſeits durch die Zuglöcher mit dem gleich zu beſchreibenden Kondenſationsapparat für die Salzſäure und durch dieſen mit dem hohen Schornſtein in Verbindung ſteht. Das Steinſalz kommt in Ladungen von 150 bis 400 kg in den hinteren Raum und wird durch eine obere Öffnung dieſes Raumes mit der nötigen Menge Schwefel- ſäure übergoſſen. Sofort beginnt eine heftige Gasentwicklung, welche ſich durch verſtärktes Heizen ſteigert, um nach einigen Stunden nach- zulaſſen. Dann läßt man durch eine unten liegende Öffnung die Maſſe herausfallen, erkalten, und bringt ſie nun in den vorderen Ofenraum, während der hintere von neuem beſchickt wird. In dieſem vorderen Raum wird alle überſchüſſige Säure, ſowie alles Waſſer aus dem Sulfat vertrieben und dieſes ſelbſt endlich bis zum Schmelzen erhitzt. In der geſchilderten Weiſe arbeitet der Ofen kontinuierlich fort.
Da die Schwefelſäure am beſten nicht konzentriert gebraucht wird, ſo iſt jede größere Sodafabrik gleichzeitig mit Bleikammern ausgerüſtet; ſie gewinnt auf dieſe Weiſe ihre Schwefelſäure zu viel billigerem Preiſe, da ſie die Kammerſäure direkt verwenden, alſo die beträchtlichen Abdampf- koſten ſparen kann.
Die mit Chlorwaſſerſtoffgas reichlich beladenen Feuergaſe ſtrömen gewöhnlich aus dem Feuerraume zunächſt in mit Waſſer gefüllte aus Sandſtein aufgemauerte Kammern, in welchen ſich der größte Teil des Chlorwaſſerſtoffs auflöſt. Man gewinnt ſo Salzſäure, die zu vielen noch zu erwähnenden Zweigen der chemiſchen Technik benutzt wird. Um die letzten Spuren des ſalzſauren Gaſes, welche den Umgebungen der Fabrik ſehr läſtig und ſchädlich ſein würden, zu vertilgen, führt
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Die Sodafabrikation.
Zur Erhitzung dienen Ofen von der in Fig. 451 abgebildeten Form.
Sie gehören zur Kategorie der Flammöfen, bei welchen die Feuerung
— mit gewöhnlichem Roſt — durch eine Feuerbrücke von dem ſeitlich
davon liegenden Erhitzungsraum getrennt iſt. Die Erwärmung erfolgt
[Abbildung Fig. 451. Sulfatofen einer Sodafabrik.]
daher nur durch die über die Feuerbrücke fortſchlagende, den Erhitzungs-
raum von oben her treffende Flamme; dies bedingt, daß die Flamm-
öfen einen ſehr ſtarken Zug haben müſſen.
Bei dem Sulfatofen zerfällt der Erhitzungsraum in einen kleinen
vorderen und einen größeren hinteren, mit Blei ausgefütterten Raum,
welcher ſeinerſeits durch die Zuglöcher mit dem gleich zu beſchreibenden
Kondenſationsapparat für die Salzſäure und durch dieſen mit dem
hohen Schornſtein in Verbindung ſteht. Das Steinſalz kommt in
Ladungen von 150 bis 400 kg in den hinteren Raum und wird durch
eine obere Öffnung dieſes Raumes mit der nötigen Menge Schwefel-
ſäure übergoſſen. Sofort beginnt eine heftige Gasentwicklung, welche
ſich durch verſtärktes Heizen ſteigert, um nach einigen Stunden nach-
zulaſſen. Dann läßt man durch eine unten liegende Öffnung die
Maſſe herausfallen, erkalten, und bringt ſie nun in den vorderen
Ofenraum, während der hintere von neuem beſchickt wird. In dieſem
vorderen Raum wird alle überſchüſſige Säure, ſowie alles Waſſer aus
dem Sulfat vertrieben und dieſes ſelbſt endlich bis zum Schmelzen
erhitzt. In der geſchilderten Weiſe arbeitet der Ofen kontinuierlich fort.
Da die Schwefelſäure am beſten nicht konzentriert gebraucht wird,
ſo iſt jede größere Sodafabrik gleichzeitig mit Bleikammern ausgerüſtet;
ſie gewinnt auf dieſe Weiſe ihre Schwefelſäure zu viel billigerem Preiſe,
da ſie die Kammerſäure direkt verwenden, alſo die beträchtlichen Abdampf-
koſten ſparen kann.
Die mit Chlorwaſſerſtoffgas reichlich beladenen Feuergaſe ſtrömen
gewöhnlich aus dem Feuerraume zunächſt in mit Waſſer gefüllte aus
Sandſtein aufgemauerte Kammern, in welchen ſich der größte Teil des
Chlorwaſſerſtoffs auflöſt. Man gewinnt ſo Salzſäure, die zu vielen
noch zu erwähnenden Zweigen der chemiſchen Technik benutzt wird.
Um die letzten Spuren des ſalzſauren Gaſes, welche den Umgebungen
der Fabrik ſehr läſtig und ſchädlich ſein würden, zu vertilgen, führt
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 835. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/853>, abgerufen am 23.11.2024.
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