gangen werden können. Für die Überwindung der Terrainhindernisse in Gestalt von Gebirgszügen können bei dem Bau von Kanälen ver- schiedene Einrichtungen Anwendung finden:
1. Schiefe Ebenen.
Bei dieser Anordnung wird zwischen die Enden der beiden mit- einander zu verbindenden Kanalstrecken -- der sogenannten "Haltungen" -- eine geneigte, mit Schienengleisen versehene schiefe Ebene eingelegt. Auf dieser Bahn laufen große, stark gebaute Wagen, welche entweder eine Wasserkammer tragen, in welcher das Schiff schwimmt, oder welche die Schiffe direkt, also ohne Vermittelung eines Wasserbeckens auf- nehmen. Die Schiffe werden unmittelbar aus dem Wasser der unteren Kanalstrecke herausgezogen, können jedoch naturgemäß nicht ohne wei- teres in das Wasser der oberen Haltung eingeführt werden, sondern werden zunächst in eine mit dieser verbundene Kammer einge- fahren, von wo sie dann erst in den eigentlichen Oberkanal übergehen. Diese Kammer muß demnach abwechselnd gefüllt und geleert werden. Die schiefen Ebenen sind vielfach praktisch angewendet, so z. B. bei zahlreichen englischen Kanälen, sowie auch bei dem 175 km langen oberländischen Kanal in Preußen. Eine der großartigsten Anwendungen der schiefen Ebenen war seitens des Kapitäns Eads für den Panama- kanal projektiert worden; hiernach sollten die transatlantischen Schiffe in fahrbaren Bassins durch Drahtseilbetrieb über die Gebirgskette der Kordilleren gezogen werden.
2. Schleusen.
Diese Art der Überwindung der den Kanalverkehr hemmenden Terrainerhöhungen ist die bei weitem verbreitetste.
Eine Schleuse besteht aus einer meist in Mauerwerk ausgeführten Kammer, welche in die tiefer liegende Kanalstrecke zwischen beiden Haltungen eingebaut ist und genügend Platz für ein oder mehrere Schiffe bietet. Die beiden Stirnseiten der Schleuse sind mit wasser- dichten Thoren versehen, welche einen Abschluß gegen das Unter- bez. gegen das Oberwasser ermöglichen. Soll nun beispielsweise ein Schiff von der einen Kanalstrecke auf den Wasserspiegel einer höher gelegenen gehoben werden, so geschieht dieses in der Weise, daß dasselbe, nach- dem das untere, d. h. das nach der tiefer gelegenen Strecke gelegene Thor geöffnet wurde, in die Schleuse hineinfährt. Nun wird das obere Thor geöffnet; die Folge hiervon ist, daß das Oberwasser sich in die Schleuse ergießt und das Schiff allmählich auf die Höhe des in der oberen Kanalhaltung befindlichen Wasserspiegels hebt. Bei der Thal- fahrt der Schiffe, d. h. bei dem Hinabsteigen von der oberen zu der unteren Strecke, wird in umgekehrter Weise vorgegangen.
Die Schleusen haben in dem Laufe der Zeit eine sehr ausgedehnte Verwendung gefunden. So besitzt z. B. der unter Ludwig Philipp er- baute 315 km lange Rhein-Rhonekanal 172, der Canal du midi eben- falls mehr als 100, der Rhein-Marnekanal 180 Schleusen. Belgien
Der Verkehr zu Waſſer.
gangen werden können. Für die Überwindung der Terrainhinderniſſe in Geſtalt von Gebirgszügen können bei dem Bau von Kanälen ver- ſchiedene Einrichtungen Anwendung finden:
1. Schiefe Ebenen.
Bei dieſer Anordnung wird zwiſchen die Enden der beiden mit- einander zu verbindenden Kanalſtrecken — der ſogenannten „Haltungen“ — eine geneigte, mit Schienengleiſen verſehene ſchiefe Ebene eingelegt. Auf dieſer Bahn laufen große, ſtark gebaute Wagen, welche entweder eine Waſſerkammer tragen, in welcher das Schiff ſchwimmt, oder welche die Schiffe direkt, alſo ohne Vermittelung eines Waſſerbeckens auf- nehmen. Die Schiffe werden unmittelbar aus dem Waſſer der unteren Kanalſtrecke herausgezogen, können jedoch naturgemäß nicht ohne wei- teres in das Waſſer der oberen Haltung eingeführt werden, ſondern werden zunächſt in eine mit dieſer verbundene Kammer einge- fahren, von wo ſie dann erſt in den eigentlichen Oberkanal übergehen. Dieſe Kammer muß demnach abwechſelnd gefüllt und geleert werden. Die ſchiefen Ebenen ſind vielfach praktiſch angewendet, ſo z. B. bei zahlreichen engliſchen Kanälen, ſowie auch bei dem 175 km langen oberländiſchen Kanal in Preußen. Eine der großartigſten Anwendungen der ſchiefen Ebenen war ſeitens des Kapitäns Eads für den Panama- kanal projektiert worden; hiernach ſollten die transatlantiſchen Schiffe in fahrbaren Baſſins durch Drahtſeilbetrieb über die Gebirgskette der Kordilleren gezogen werden.
2. Schleuſen.
Dieſe Art der Überwindung der den Kanalverkehr hemmenden Terrainerhöhungen iſt die bei weitem verbreitetſte.
Eine Schleuſe beſteht aus einer meiſt in Mauerwerk ausgeführten Kammer, welche in die tiefer liegende Kanalſtrecke zwiſchen beiden Haltungen eingebaut iſt und genügend Platz für ein oder mehrere Schiffe bietet. Die beiden Stirnſeiten der Schleuſe ſind mit waſſer- dichten Thoren verſehen, welche einen Abſchluß gegen das Unter- bez. gegen das Oberwaſſer ermöglichen. Soll nun beiſpielsweiſe ein Schiff von der einen Kanalſtrecke auf den Waſſerſpiegel einer höher gelegenen gehoben werden, ſo geſchieht dieſes in der Weiſe, daß dasſelbe, nach- dem das untere, d. h. das nach der tiefer gelegenen Strecke gelegene Thor geöffnet wurde, in die Schleuſe hineinfährt. Nun wird das obere Thor geöffnet; die Folge hiervon iſt, daß das Oberwaſſer ſich in die Schleuſe ergießt und das Schiff allmählich auf die Höhe des in der oberen Kanalhaltung befindlichen Waſſerſpiegels hebt. Bei der Thal- fahrt der Schiffe, d. h. bei dem Hinabſteigen von der oberen zu der unteren Strecke, wird in umgekehrter Weiſe vorgegangen.
Die Schleuſen haben in dem Laufe der Zeit eine ſehr ausgedehnte Verwendung gefunden. So beſitzt z. B. der unter Ludwig Philipp er- baute 315 km lange Rhein-Rhonekanal 172, der Canal du midi eben- falls mehr als 100, der Rhein-Marnekanal 180 Schleuſen. Belgien
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Der Verkehr zu Waſſer.
gangen werden können. Für die Überwindung der Terrainhinderniſſe
in Geſtalt von Gebirgszügen können bei dem Bau von Kanälen ver-
ſchiedene Einrichtungen Anwendung finden:
1. Schiefe Ebenen.
Bei dieſer Anordnung wird zwiſchen die Enden der beiden mit-
einander zu verbindenden Kanalſtrecken — der ſogenannten „Haltungen“
— eine geneigte, mit Schienengleiſen verſehene ſchiefe Ebene eingelegt.
Auf dieſer Bahn laufen große, ſtark gebaute Wagen, welche entweder
eine Waſſerkammer tragen, in welcher das Schiff ſchwimmt, oder welche
die Schiffe direkt, alſo ohne Vermittelung eines Waſſerbeckens auf-
nehmen. Die Schiffe werden unmittelbar aus dem Waſſer der unteren
Kanalſtrecke herausgezogen, können jedoch naturgemäß nicht ohne wei-
teres in das Waſſer der oberen Haltung eingeführt werden, ſondern
werden zunächſt in eine mit dieſer verbundene Kammer einge-
fahren, von wo ſie dann erſt in den eigentlichen Oberkanal übergehen.
Dieſe Kammer muß demnach abwechſelnd gefüllt und geleert werden.
Die ſchiefen Ebenen ſind vielfach praktiſch angewendet, ſo z. B. bei
zahlreichen engliſchen Kanälen, ſowie auch bei dem 175 km langen
oberländiſchen Kanal in Preußen. Eine der großartigſten Anwendungen
der ſchiefen Ebenen war ſeitens des Kapitäns Eads für den Panama-
kanal projektiert worden; hiernach ſollten die transatlantiſchen Schiffe
in fahrbaren Baſſins durch Drahtſeilbetrieb über die Gebirgskette der
Kordilleren gezogen werden.
2. Schleuſen.
Dieſe Art der Überwindung der den Kanalverkehr hemmenden
Terrainerhöhungen iſt die bei weitem verbreitetſte.
Eine Schleuſe beſteht aus einer meiſt in Mauerwerk ausgeführten
Kammer, welche in die tiefer liegende Kanalſtrecke zwiſchen beiden
Haltungen eingebaut iſt und genügend Platz für ein oder mehrere
Schiffe bietet. Die beiden Stirnſeiten der Schleuſe ſind mit waſſer-
dichten Thoren verſehen, welche einen Abſchluß gegen das Unter- bez.
gegen das Oberwaſſer ermöglichen. Soll nun beiſpielsweiſe ein Schiff
von der einen Kanalſtrecke auf den Waſſerſpiegel einer höher gelegenen
gehoben werden, ſo geſchieht dieſes in der Weiſe, daß dasſelbe, nach-
dem das untere, d. h. das nach der tiefer gelegenen Strecke gelegene
Thor geöffnet wurde, in die Schleuſe hineinfährt. Nun wird das obere
Thor geöffnet; die Folge hiervon iſt, daß das Oberwaſſer ſich in die
Schleuſe ergießt und das Schiff allmählich auf die Höhe des in der
oberen Kanalhaltung befindlichen Waſſerſpiegels hebt. Bei der Thal-
fahrt der Schiffe, d. h. bei dem Hinabſteigen von der oberen zu der
unteren Strecke, wird in umgekehrter Weiſe vorgegangen.
Die Schleuſen haben in dem Laufe der Zeit eine ſehr ausgedehnte
Verwendung gefunden. So beſitzt z. B. der unter Ludwig Philipp er-
baute 315 km lange Rhein-Rhonekanal 172, der Canal du midi eben-
falls mehr als 100, der Rhein-Marnekanal 180 Schleuſen. Belgien
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 776. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/794>, abgerufen am 22.11.2024.
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