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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Der Verkehr zu Lande.

George Stephenson wurde am 9. Juni 1781 zu Wylam in
Northumberland geboren, wo sein Vater auf einer Kohlengrube als
Heizer beschäftigt war. Schon früh machte sich in dem Knaben das
angeborene mechanische Talent geltend, und es entsprach seiner innersten
Neigung, als er später ebenfalls neben seinem Vater in dem Maschinen-
betriebe zu Dewley Beschäftigung fand. Hier wurde ihm alsbald
wegen seiner Zuverlässigkeit und Kaltblütigkeit die Wartung und Be-
dienung der Fördermaschine übertragen. Im Jahre 1803, am 16. De-
zember, wurde ihm sein Sohn Robert, der spätere Teilhaber seiner großen
Triumphe, geboren. Trotz seiner Tüchtigkeit wäre George Stephenson
dennoch vielleicht im Elende versunken, hätte ihn nicht in der Zeit
höchster Not ein glücklicher Zufall im Jahre 1810 zu den Gruben von
Killingworth geführt. Hier war eine neue Pumpmaschine aufgestellt
worden, hatte jedoch die auf sie gesetzten Erwartungen derartig getäuscht,
daß ein neu abgeteufter Schacht überhaupt nicht in Betrieb genommen
werden konnte. Was zahlreiche hervorragende Maschineningenieure
nicht vermocht hatten, das brachte Stephenson in 4 Tage zu stande;
in dieser kurzen Zeit gab er der Maschine die gewünschte Leistungs-
fähigkeit, infolge dessen er sofort das Amt eines Maschinenmeisters der
Killingworther Gruben erhielt. Hier fand er Muße, sich im Zeichnen
und in der Theorie weiter auszubilden, so daß er bereits im Jahre 1812
zum Grubeningenieur aufrückte. Diese Stellung ließ ihn alsbald auf
Mittel und Wege sinnen, den Transport der Kohlen nach Möglichkeit
zu erleichtern. Die Frucht dieses Strebens war die von ihm innerhalb
10 Monaten erbaute, als "Travelling Machine" ("Reisemaschine") be-
zeichnete Lokomotive "Blutcher". Dieselbe zog bei einer am 25. Juli 1814
angestellten Probefahrt bei einer Steigung von 1:450 acht Wagen von
30 Tonnen Gewicht mit einer Geschwindigkeit von 4 englischen Meilen
in der Stunde.

Wenngleich diese Maschine regelmäßigen Dienst auf der Killing-
worther Grubenbahn verrichtete, so wies dieselbe dennoch sehr schwer-
wiegende Mängel auf, an deren Beseitigung Stephenson während der
folgenden Jahre eifrigst arbeitete. Was diesen vor seinem Vorläufer
Trevithick ganz besonders auszeichnet, und was auch in erster Linie
die Ursache seiner späteren Erfolge war, das ist der Umstand, daß
Stephenson sich nicht einseitig auf die Vervollkommnung der Lokomotive
warf, sondern daß er auch den Oberbau der Schienenbahn, also die
Konstruktion der Geleise, in den Kreis seiner Thätigkeit zog. Er war
daher eine mehr universelle und dabei zugleich sehr nachhaltige Natur
und vermochte die Verhältnisse von einer höheren Warte zu überblicken
als seine Vorgänger. Es möge hier kurz erwähnt werden, daß
Stephenson in jener Zeit gleichzeitig mit Davy die Erfindung der die
Gefahr der Explosion schlagender Wetter wesentlich vermindernden
Sicherheitslampe (s. Fig. 189, S. 297) machte. Inzwischen brachte John
Berkinshaw durch die Erfindung der erheblich widerstandsfähigeren,

Der Verkehr zu Lande.

George Stephenſon wurde am 9. Juni 1781 zu Wylam in
Northumberland geboren, wo ſein Vater auf einer Kohlengrube als
Heizer beſchäftigt war. Schon früh machte ſich in dem Knaben das
angeborene mechaniſche Talent geltend, und es entſprach ſeiner innerſten
Neigung, als er ſpäter ebenfalls neben ſeinem Vater in dem Maſchinen-
betriebe zu Dewley Beſchäftigung fand. Hier wurde ihm alsbald
wegen ſeiner Zuverläſſigkeit und Kaltblütigkeit die Wartung und Be-
dienung der Fördermaſchine übertragen. Im Jahre 1803, am 16. De-
zember, wurde ihm ſein Sohn Robert, der ſpätere Teilhaber ſeiner großen
Triumphe, geboren. Trotz ſeiner Tüchtigkeit wäre George Stephenſon
dennoch vielleicht im Elende verſunken, hätte ihn nicht in der Zeit
höchſter Not ein glücklicher Zufall im Jahre 1810 zu den Gruben von
Killingworth geführt. Hier war eine neue Pumpmaſchine aufgeſtellt
worden, hatte jedoch die auf ſie geſetzten Erwartungen derartig getäuſcht,
daß ein neu abgeteufter Schacht überhaupt nicht in Betrieb genommen
werden konnte. Was zahlreiche hervorragende Maſchineningenieure
nicht vermocht hatten, das brachte Stephenſon in 4 Tage zu ſtande;
in dieſer kurzen Zeit gab er der Maſchine die gewünſchte Leiſtungs-
fähigkeit, infolge deſſen er ſofort das Amt eines Maſchinenmeiſters der
Killingworther Gruben erhielt. Hier fand er Muße, ſich im Zeichnen
und in der Theorie weiter auszubilden, ſo daß er bereits im Jahre 1812
zum Grubeningenieur aufrückte. Dieſe Stellung ließ ihn alsbald auf
Mittel und Wege ſinnen, den Transport der Kohlen nach Möglichkeit
zu erleichtern. Die Frucht dieſes Strebens war die von ihm innerhalb
10 Monaten erbaute, als „Travelling Machine“ („Reiſemaſchine“) be-
zeichnete Lokomotive „Blutcher“. Dieſelbe zog bei einer am 25. Juli 1814
angeſtellten Probefahrt bei einer Steigung von 1:450 acht Wagen von
30 Tonnen Gewicht mit einer Geſchwindigkeit von 4 engliſchen Meilen
in der Stunde.

Wenngleich dieſe Maſchine regelmäßigen Dienſt auf der Killing-
worther Grubenbahn verrichtete, ſo wies dieſelbe dennoch ſehr ſchwer-
wiegende Mängel auf, an deren Beſeitigung Stephenſon während der
folgenden Jahre eifrigſt arbeitete. Was dieſen vor ſeinem Vorläufer
Trevithick ganz beſonders auszeichnet, und was auch in erſter Linie
die Urſache ſeiner ſpäteren Erfolge war, das iſt der Umſtand, daß
Stephenſon ſich nicht einſeitig auf die Vervollkommnung der Lokomotive
warf, ſondern daß er auch den Oberbau der Schienenbahn, alſo die
Konſtruktion der Geleiſe, in den Kreis ſeiner Thätigkeit zog. Er war
daher eine mehr univerſelle und dabei zugleich ſehr nachhaltige Natur
und vermochte die Verhältniſſe von einer höheren Warte zu überblicken
als ſeine Vorgänger. Es möge hier kurz erwähnt werden, daß
Stephenſon in jener Zeit gleichzeitig mit Davy die Erfindung der die
Gefahr der Exploſion ſchlagender Wetter weſentlich vermindernden
Sicherheitslampe (ſ. Fig. 189, S. 297) machte. Inzwiſchen brachte John
Berkinshaw durch die Erfindung der erheblich widerſtandsfähigeren,

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[740/0758] Der Verkehr zu Lande. George Stephenſon wurde am 9. Juni 1781 zu Wylam in Northumberland geboren, wo ſein Vater auf einer Kohlengrube als Heizer beſchäftigt war. Schon früh machte ſich in dem Knaben das angeborene mechaniſche Talent geltend, und es entſprach ſeiner innerſten Neigung, als er ſpäter ebenfalls neben ſeinem Vater in dem Maſchinen- betriebe zu Dewley Beſchäftigung fand. Hier wurde ihm alsbald wegen ſeiner Zuverläſſigkeit und Kaltblütigkeit die Wartung und Be- dienung der Fördermaſchine übertragen. Im Jahre 1803, am 16. De- zember, wurde ihm ſein Sohn Robert, der ſpätere Teilhaber ſeiner großen Triumphe, geboren. Trotz ſeiner Tüchtigkeit wäre George Stephenſon dennoch vielleicht im Elende verſunken, hätte ihn nicht in der Zeit höchſter Not ein glücklicher Zufall im Jahre 1810 zu den Gruben von Killingworth geführt. Hier war eine neue Pumpmaſchine aufgeſtellt worden, hatte jedoch die auf ſie geſetzten Erwartungen derartig getäuſcht, daß ein neu abgeteufter Schacht überhaupt nicht in Betrieb genommen werden konnte. Was zahlreiche hervorragende Maſchineningenieure nicht vermocht hatten, das brachte Stephenſon in 4 Tage zu ſtande; in dieſer kurzen Zeit gab er der Maſchine die gewünſchte Leiſtungs- fähigkeit, infolge deſſen er ſofort das Amt eines Maſchinenmeiſters der Killingworther Gruben erhielt. Hier fand er Muße, ſich im Zeichnen und in der Theorie weiter auszubilden, ſo daß er bereits im Jahre 1812 zum Grubeningenieur aufrückte. Dieſe Stellung ließ ihn alsbald auf Mittel und Wege ſinnen, den Transport der Kohlen nach Möglichkeit zu erleichtern. Die Frucht dieſes Strebens war die von ihm innerhalb 10 Monaten erbaute, als „Travelling Machine“ („Reiſemaſchine“) be- zeichnete Lokomotive „Blutcher“. Dieſelbe zog bei einer am 25. Juli 1814 angeſtellten Probefahrt bei einer Steigung von 1:450 acht Wagen von 30 Tonnen Gewicht mit einer Geſchwindigkeit von 4 engliſchen Meilen in der Stunde. Wenngleich dieſe Maſchine regelmäßigen Dienſt auf der Killing- worther Grubenbahn verrichtete, ſo wies dieſelbe dennoch ſehr ſchwer- wiegende Mängel auf, an deren Beſeitigung Stephenſon während der folgenden Jahre eifrigſt arbeitete. Was dieſen vor ſeinem Vorläufer Trevithick ganz beſonders auszeichnet, und was auch in erſter Linie die Urſache ſeiner ſpäteren Erfolge war, das iſt der Umſtand, daß Stephenſon ſich nicht einſeitig auf die Vervollkommnung der Lokomotive warf, ſondern daß er auch den Oberbau der Schienenbahn, alſo die Konſtruktion der Geleiſe, in den Kreis ſeiner Thätigkeit zog. Er war daher eine mehr univerſelle und dabei zugleich ſehr nachhaltige Natur und vermochte die Verhältniſſe von einer höheren Warte zu überblicken als ſeine Vorgänger. Es möge hier kurz erwähnt werden, daß Stephenſon in jener Zeit gleichzeitig mit Davy die Erfindung der die Gefahr der Exploſion ſchlagender Wetter weſentlich vermindernden Sicherheitslampe (ſ. Fig. 189, S. 297) machte. Inzwiſchen brachte John Berkinshaw durch die Erfindung der erheblich widerſtandsfähigeren,

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 740. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/758>, abgerufen am 23.11.2024.