Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.Die Metallverarbeitung. einer geeigneten Schere durchschneidet, so daß zwei Drahtbündel vonje etwa 2,5 m Länge entstehen. Diese kommen in das Schaft- oder Schachtmodell, d. h. eine halbcylindrische Büchse oder Rinne, deren Boden so weit vom oberen Rande entfernt ist, als die doppelte Länge der Näh- nadeln beträgt. Ein einziger Schnitt mit der Bock- oder Maschinen- schere am Rande teilt das ganze Drahtbüschel in Schafte. Sind die Schafte geschnitten, so werden sie gerichtet, d. h. es werden 10 000 Stück in zwei eiserne Ringe fest hineingesteckt und im Holzkohlenfeuer erst geglüht und dann, wenn der Stahl weich geworden ist, auf eine gußeiserne, gut gehobelte Platte gelegt, die Einschnitte für die Ringe hat. Eine zweite ebensolche Platte mit Handhaben an der Seite legt man darauf, und schiebt sie mehrere Male hin und her, wodurch das Drahtbündel in rollende Bewegung versetzt wird. Dadurch erreicht man den doppelten Vorteil, daß die Drahtbündel gradlinig werden und die größte Menge Glühspan verlieren. Nach dem Glühen kommt das Schleifen, welches trocken geschehen muß, weil sonst die Nadeln so- fort rosten würden. Man benutzt 125 mm breite Schleifsteine aus hartem Sandstein, die man nach dem Vorgange von Elliot seit 1823 gänz- lich in einen eisernen Kasten einschließt, so daß nur eine kleine Öffnung zum Heranhalten der Schafte freibleibt. An der Rückseite des Steines ist ein Kanal, der zu einem für mehrere Steine gemeinschaftlichen Schornstein führt, durch welchen durch den starken beim Drehen hervor- gerufenen Luftzug der Schleifstaub ins Freie gebracht wird. So wird die Luft des Arbeitssaales von den schädlichen Stahl- und Stein- splitterchen freigehalten. Der Arbeiter nimmt immer eine größere An- zahl Schafte auf einmal und indem er fortwährend dreht, spitzt er sie alle gleichzeitig an und erreicht so eine Arbeitsleistung von 100 000 Stück täglich. Man hat aber auch Schleifmaschinen, die diese Arbeit selbstthätig ausführen und in einer Stunde 30 000 Nadeln bewältigen. Sind die Schafte gespitzt, so werden sie auf der Mitte ihrer Länge mit der Hand oder der Mittenschleifmaschine etwas blank geschliffen und dann dieselbe Stelle unter einem kleinen Fallwerk breit geschlagen und zugleich mit einem Stempel mit den Umrissen der beiden Nadel- öhre und mit Furchen versehen, wobei durch das Pressen ein geringes seitliches Aufwerfen entsteht, ein Bart oder Grat sich bildet. Nun fehlt nur noch das Durchstoßen der Öhre, das auf einer kleinen Loch- maschine durch zwei parallele Stiftchen am Stempel und entsprechende Löcher in der Matrize oder dem Unterstempel geschieht. Sind die Schafte so geöhrt, so zieht man ihrer 100 auf zwei Stahldrähte, legt sie auf ein festgestopftes Kissen oder Brett und klammert sie durch zwei darüber- gespannte Eisenschienen, die den mittleren Teil freilassen, fest. Dadurch wird die Stelle, wo der Bart sitzt, etwas nach oben gebogen, und es ist ein Leichtes, die sämtlichen Bärte auf einmal mit einer flachen Feile oder einem Schleifstein abzuschleifen und gleichzeitig in der Mitte zwischen beiden Öhren einen Einschnitt zu machen. Ist dies geschehen, Die Metallverarbeitung. einer geeigneten Schere durchſchneidet, ſo daß zwei Drahtbündel vonje etwa 2,5 m Länge entſtehen. Dieſe kommen in das Schaft- oder Schachtmodell, d. h. eine halbcylindriſche Büchſe oder Rinne, deren Boden ſo weit vom oberen Rande entfernt iſt, als die doppelte Länge der Näh- nadeln beträgt. Ein einziger Schnitt mit der Bock- oder Maſchinen- ſchere am Rande teilt das ganze Drahtbüſchel in Schafte. Sind die Schafte geſchnitten, ſo werden ſie gerichtet, d. h. es werden 10 000 Stück in zwei eiſerne Ringe feſt hineingeſteckt und im Holzkohlenfeuer erſt geglüht und dann, wenn der Stahl weich geworden iſt, auf eine gußeiſerne, gut gehobelte Platte gelegt, die Einſchnitte für die Ringe hat. Eine zweite ebenſolche Platte mit Handhaben an der Seite legt man darauf, und ſchiebt ſie mehrere Male hin und her, wodurch das Drahtbündel in rollende Bewegung verſetzt wird. Dadurch erreicht man den doppelten Vorteil, daß die Drahtbündel gradlinig werden und die größte Menge Glühſpan verlieren. Nach dem Glühen kommt das Schleifen, welches trocken geſchehen muß, weil ſonſt die Nadeln ſo- fort roſten würden. Man benutzt 125 mm breite Schleifſteine aus hartem Sandſtein, die man nach dem Vorgange von Elliot ſeit 1823 gänz- lich in einen eiſernen Kaſten einſchließt, ſo daß nur eine kleine Öffnung zum Heranhalten der Schafte freibleibt. An der Rückſeite des Steines iſt ein Kanal, der zu einem für mehrere Steine gemeinſchaftlichen Schornſtein führt, durch welchen durch den ſtarken beim Drehen hervor- gerufenen Luftzug der Schleifſtaub ins Freie gebracht wird. So wird die Luft des Arbeitsſaales von den ſchädlichen Stahl- und Stein- ſplitterchen freigehalten. Der Arbeiter nimmt immer eine größere An- zahl Schafte auf einmal und indem er fortwährend dreht, ſpitzt er ſie alle gleichzeitig an und erreicht ſo eine Arbeitsleiſtung von 100 000 Stück täglich. Man hat aber auch Schleifmaſchinen, die dieſe Arbeit ſelbſtthätig ausführen und in einer Stunde 30 000 Nadeln bewältigen. Sind die Schafte geſpitzt, ſo werden ſie auf der Mitte ihrer Länge mit der Hand oder der Mittenſchleifmaſchine etwas blank geſchliffen und dann dieſelbe Stelle unter einem kleinen Fallwerk breit geſchlagen und zugleich mit einem Stempel mit den Umriſſen der beiden Nadel- öhre und mit Furchen verſehen, wobei durch das Preſſen ein geringes ſeitliches Aufwerfen entſteht, ein Bart oder Grat ſich bildet. Nun fehlt nur noch das Durchſtoßen der Öhre, das auf einer kleinen Loch- maſchine durch zwei parallele Stiftchen am Stempel und entſprechende Löcher in der Matrize oder dem Unterſtempel geſchieht. Sind die Schafte ſo geöhrt, ſo zieht man ihrer 100 auf zwei Stahldrähte, legt ſie auf ein feſtgeſtopftes Kiſſen oder Brett und klammert ſie durch zwei darüber- geſpannte Eiſenſchienen, die den mittleren Teil freilaſſen, feſt. Dadurch wird die Stelle, wo der Bart ſitzt, etwas nach oben gebogen, und es iſt ein Leichtes, die ſämtlichen Bärte auf einmal mit einer flachen Feile oder einem Schleifſtein abzuſchleifen und gleichzeitig in der Mitte zwiſchen beiden Öhren einen Einſchnitt zu machen. Iſt dies geſchehen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0706" n="688"/><fw place="top" type="header">Die Metallverarbeitung.</fw><lb/> einer geeigneten Schere durchſchneidet, ſo daß zwei Drahtbündel von<lb/> je etwa 2,5 <hi rendition="#aq">m</hi> Länge entſtehen. Dieſe kommen in das Schaft- oder<lb/> Schachtmodell, d. h. eine halbcylindriſche Büchſe oder Rinne, deren Boden<lb/> ſo weit vom oberen Rande entfernt iſt, als die doppelte Länge der Näh-<lb/> nadeln beträgt. Ein einziger Schnitt mit der Bock- oder Maſchinen-<lb/> ſchere am Rande teilt das ganze Drahtbüſchel in Schafte. 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Die Metallverarbeitung.
einer geeigneten Schere durchſchneidet, ſo daß zwei Drahtbündel von
je etwa 2,5 m Länge entſtehen. Dieſe kommen in das Schaft- oder
Schachtmodell, d. h. eine halbcylindriſche Büchſe oder Rinne, deren Boden
ſo weit vom oberen Rande entfernt iſt, als die doppelte Länge der Näh-
nadeln beträgt. Ein einziger Schnitt mit der Bock- oder Maſchinen-
ſchere am Rande teilt das ganze Drahtbüſchel in Schafte. Sind die
Schafte geſchnitten, ſo werden ſie gerichtet, d. h. es werden 10 000
Stück in zwei eiſerne Ringe feſt hineingeſteckt und im Holzkohlenfeuer
erſt geglüht und dann, wenn der Stahl weich geworden iſt, auf eine
gußeiſerne, gut gehobelte Platte gelegt, die Einſchnitte für die Ringe
hat. Eine zweite ebenſolche Platte mit Handhaben an der Seite legt
man darauf, und ſchiebt ſie mehrere Male hin und her, wodurch das
Drahtbündel in rollende Bewegung verſetzt wird. Dadurch erreicht
man den doppelten Vorteil, daß die Drahtbündel gradlinig werden
und die größte Menge Glühſpan verlieren. Nach dem Glühen kommt
das Schleifen, welches trocken geſchehen muß, weil ſonſt die Nadeln ſo-
fort roſten würden. Man benutzt 125 mm breite Schleifſteine aus
hartem Sandſtein, die man nach dem Vorgange von Elliot ſeit 1823 gänz-
lich in einen eiſernen Kaſten einſchließt, ſo daß nur eine kleine Öffnung
zum Heranhalten der Schafte freibleibt. An der Rückſeite des Steines
iſt ein Kanal, der zu einem für mehrere Steine gemeinſchaftlichen
Schornſtein führt, durch welchen durch den ſtarken beim Drehen hervor-
gerufenen Luftzug der Schleifſtaub ins Freie gebracht wird. So wird
die Luft des Arbeitsſaales von den ſchädlichen Stahl- und Stein-
ſplitterchen freigehalten. Der Arbeiter nimmt immer eine größere An-
zahl Schafte auf einmal und indem er fortwährend dreht, ſpitzt er ſie
alle gleichzeitig an und erreicht ſo eine Arbeitsleiſtung von 100 000
Stück täglich. Man hat aber auch Schleifmaſchinen, die dieſe Arbeit
ſelbſtthätig ausführen und in einer Stunde 30 000 Nadeln bewältigen.
Sind die Schafte geſpitzt, ſo werden ſie auf der Mitte ihrer Länge
mit der Hand oder der Mittenſchleifmaſchine etwas blank geſchliffen
und dann dieſelbe Stelle unter einem kleinen Fallwerk breit geſchlagen
und zugleich mit einem Stempel mit den Umriſſen der beiden Nadel-
öhre und mit Furchen verſehen, wobei durch das Preſſen ein geringes
ſeitliches Aufwerfen entſteht, ein Bart oder Grat ſich bildet. Nun fehlt
nur noch das Durchſtoßen der Öhre, das auf einer kleinen Loch-
maſchine durch zwei parallele Stiftchen am Stempel und entſprechende
Löcher in der Matrize oder dem Unterſtempel geſchieht. Sind die Schafte
ſo geöhrt, ſo zieht man ihrer 100 auf zwei Stahldrähte, legt ſie auf
ein feſtgeſtopftes Kiſſen oder Brett und klammert ſie durch zwei darüber-
geſpannte Eiſenſchienen, die den mittleren Teil freilaſſen, feſt. Dadurch
wird die Stelle, wo der Bart ſitzt, etwas nach oben gebogen, und es
iſt ein Leichtes, die ſämtlichen Bärte auf einmal mit einer flachen Feile
oder einem Schleifſtein abzuſchleifen und gleichzeitig in der Mitte
zwiſchen beiden Öhren einen Einſchnitt zu machen. Iſt dies geſchehen,
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