Händen zu schwingen vermag, höchstens 20 Kilogramm. Diese Zuschlag- hämmer führt ein Gehilfe des Schmiedes, während beim eigentlichen Schmieden nur Hämmer von 1 bis 2 Kilogramm Gewicht zur Ver- wendung kommen. Eine solche Handschmiede bietet einen recht malerischen Anblick, namentlich am Abend; die lodernde Esse, deren Flamme die wunderlichsten Schatten an die Wände malt, das glühende Metall, die rußigen Gestalten, und endlich der taktgemäße Hammer- schlag. -- Ja, wozu eigentlich der Takt?
Obgleich derselbe mit der Verarbeitung selbst nichts zu schaffen hat, ist er, namentlich überall da dringend nötig, wo mehrere Zuschläger helfend thätig sind, weil sonst leicht mehrere gleichzeitig zuschlagen und dann wohl ihre Hämmer nicht aber das Werkstück treffen. So müssen die Schmiede taktvolle Leute sein.
Solange man nur Handhämmer zur Verfügung hatte, waren der Größe der zu verarbeitenden Werkstücke sehr schnell Grenzen gesteckt, aber der erfinderische Menschengeist bleibt vor keiner Schwierigkeit stehen, und nicht allzu lange mag es gedauert haben, bis man das Wasser zwang, der Menschen Muskeln zu ersetzen und Hammerwerke zu treiben. Nach und nach hat man an diesen Hammerwerken eine Reihe von Verbesserungen eingeführt. Das Gewicht der Hämmer wurde vergrößert, der Hammerstiel wurde mit dem Kopf zusammen aus einem Ganzen von Eisen gegossen, die Holzgestelle wurden durch eiserne Gerüste ersetzt. Bei den Handhämmern erhebt man den Stiel samt dem Kopfe, bei allen Maschinenhämmern ist der Stiel in einem Punkte, dem Dreh- punkte unterstützt, und kann sich in diesem um eine horizontale Achse drehen; der Hammerkopf bewegt sich also beim Auf- und Niederfallen in einer Kreislinie. Das Anheben geschieht durch eine Trommel, auf welcher Daumen befestigt sind, die den Hammerstiel ergreifen. Je nach- dem der Angriff am Kopfe des Hammers, zwischen Kopf und Dreh- punkt oder hinter dem Drehpunkt stattfindet, unterscheidet man Stirn- hämmer, Aufwerfhämmer und Schwanzhämmer. Alle diese Hämmer sind Stielhämmer, und ihre Wirkung ist keine geringe. Es muß schon ein ganz beträchtliches Stückchen Eisen sein, das ihren gewaltigen Streichen Widerstand entgegen zu setzen wagt, aber was wollen sie sagen gegen die Cyklopen der Neuzeit, jene gewaltigen Riesen, denen fast nichts zu widerstehen vermag, die ungeheuren Dampfhämmer. Hier ist der Stiel verschwunden und der Hammerkopf ist direkt mit der Kolbenstange eines über ihm befindlichen Dampfcylinders verbunden, und mit dem Kolben hebt und senkt er sich. Fast ins Unermeßliche vermag bei diesen Hämmern das Gewicht des Hammers gesteigert zu werden, seine Wirkung kann vergrößert werden durch eine beträchtliche Höhe, aus der man ihn fallen läßt, ja noch mehr: während bei den Stielhämmern der Kopf allein durch seine eigene Schwere nieder- sauste, vermag man bei den Dampfhämmern, indem im richtigen Augen- blicke der Dampf über den Kolben tritt, dem Hammer noch außer
Die Metallverarbeitung.
Händen zu ſchwingen vermag, höchſtens 20 Kilogramm. Dieſe Zuſchlag- hämmer führt ein Gehilfe des Schmiedes, während beim eigentlichen Schmieden nur Hämmer von 1 bis 2 Kilogramm Gewicht zur Ver- wendung kommen. Eine ſolche Handſchmiede bietet einen recht maleriſchen Anblick, namentlich am Abend; die lodernde Eſſe, deren Flamme die wunderlichſten Schatten an die Wände malt, das glühende Metall, die rußigen Geſtalten, und endlich der taktgemäße Hammer- ſchlag. — Ja, wozu eigentlich der Takt?
Obgleich derſelbe mit der Verarbeitung ſelbſt nichts zu ſchaffen hat, iſt er, namentlich überall da dringend nötig, wo mehrere Zuſchläger helfend thätig ſind, weil ſonſt leicht mehrere gleichzeitig zuſchlagen und dann wohl ihre Hämmer nicht aber das Werkſtück treffen. So müſſen die Schmiede taktvolle Leute ſein.
Solange man nur Handhämmer zur Verfügung hatte, waren der Größe der zu verarbeitenden Werkſtücke ſehr ſchnell Grenzen geſteckt, aber der erfinderiſche Menſchengeiſt bleibt vor keiner Schwierigkeit ſtehen, und nicht allzu lange mag es gedauert haben, bis man das Waſſer zwang, der Menſchen Muskeln zu erſetzen und Hammerwerke zu treiben. Nach und nach hat man an dieſen Hammerwerken eine Reihe von Verbeſſerungen eingeführt. Das Gewicht der Hämmer wurde vergrößert, der Hammerſtiel wurde mit dem Kopf zuſammen aus einem Ganzen von Eiſen gegoſſen, die Holzgeſtelle wurden durch eiſerne Gerüſte erſetzt. Bei den Handhämmern erhebt man den Stiel ſamt dem Kopfe, bei allen Maſchinenhämmern iſt der Stiel in einem Punkte, dem Dreh- punkte unterſtützt, und kann ſich in dieſem um eine horizontale Achſe drehen; der Hammerkopf bewegt ſich alſo beim Auf- und Niederfallen in einer Kreislinie. Das Anheben geſchieht durch eine Trommel, auf welcher Daumen befeſtigt ſind, die den Hammerſtiel ergreifen. Je nach- dem der Angriff am Kopfe des Hammers, zwiſchen Kopf und Dreh- punkt oder hinter dem Drehpunkt ſtattfindet, unterſcheidet man Stirn- hämmer, Aufwerfhämmer und Schwanzhämmer. Alle dieſe Hämmer ſind Stielhämmer, und ihre Wirkung iſt keine geringe. Es muß ſchon ein ganz beträchtliches Stückchen Eiſen ſein, das ihren gewaltigen Streichen Widerſtand entgegen zu ſetzen wagt, aber was wollen ſie ſagen gegen die Cyklopen der Neuzeit, jene gewaltigen Rieſen, denen faſt nichts zu widerſtehen vermag, die ungeheuren Dampfhämmer. Hier iſt der Stiel verſchwunden und der Hammerkopf iſt direkt mit der Kolbenſtange eines über ihm befindlichen Dampfcylinders verbunden, und mit dem Kolben hebt und ſenkt er ſich. Faſt ins Unermeßliche vermag bei dieſen Hämmern das Gewicht des Hammers geſteigert zu werden, ſeine Wirkung kann vergrößert werden durch eine beträchtliche Höhe, aus der man ihn fallen läßt, ja noch mehr: während bei den Stielhämmern der Kopf allein durch ſeine eigene Schwere nieder- ſauſte, vermag man bei den Dampfhämmern, indem im richtigen Augen- blicke der Dampf über den Kolben tritt, dem Hammer noch außer
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Die Metallverarbeitung.
Händen zu ſchwingen vermag, höchſtens 20 Kilogramm. Dieſe Zuſchlag-
hämmer führt ein Gehilfe des Schmiedes, während beim eigentlichen
Schmieden nur Hämmer von 1 bis 2 Kilogramm Gewicht zur Ver-
wendung kommen. Eine ſolche Handſchmiede bietet einen recht
maleriſchen Anblick, namentlich am Abend; die lodernde Eſſe, deren
Flamme die wunderlichſten Schatten an die Wände malt, das glühende
Metall, die rußigen Geſtalten, und endlich der taktgemäße Hammer-
ſchlag. — Ja, wozu eigentlich der Takt?
Obgleich derſelbe mit der Verarbeitung ſelbſt nichts zu ſchaffen hat,
iſt er, namentlich überall da dringend nötig, wo mehrere Zuſchläger
helfend thätig ſind, weil ſonſt leicht mehrere gleichzeitig zuſchlagen und
dann wohl ihre Hämmer nicht aber das Werkſtück treffen. So müſſen
die Schmiede taktvolle Leute ſein.
Solange man nur Handhämmer zur Verfügung hatte, waren der
Größe der zu verarbeitenden Werkſtücke ſehr ſchnell Grenzen geſteckt,
aber der erfinderiſche Menſchengeiſt bleibt vor keiner Schwierigkeit ſtehen,
und nicht allzu lange mag es gedauert haben, bis man das Waſſer
zwang, der Menſchen Muskeln zu erſetzen und Hammerwerke zu treiben.
Nach und nach hat man an dieſen Hammerwerken eine Reihe von
Verbeſſerungen eingeführt. Das Gewicht der Hämmer wurde vergrößert,
der Hammerſtiel wurde mit dem Kopf zuſammen aus einem Ganzen
von Eiſen gegoſſen, die Holzgeſtelle wurden durch eiſerne Gerüſte erſetzt.
Bei den Handhämmern erhebt man den Stiel ſamt dem Kopfe, bei
allen Maſchinenhämmern iſt der Stiel in einem Punkte, dem Dreh-
punkte unterſtützt, und kann ſich in dieſem um eine horizontale Achſe
drehen; der Hammerkopf bewegt ſich alſo beim Auf- und Niederfallen
in einer Kreislinie. Das Anheben geſchieht durch eine Trommel, auf
welcher Daumen befeſtigt ſind, die den Hammerſtiel ergreifen. Je nach-
dem der Angriff am Kopfe des Hammers, zwiſchen Kopf und Dreh-
punkt oder hinter dem Drehpunkt ſtattfindet, unterſcheidet man Stirn-
hämmer, Aufwerfhämmer und Schwanzhämmer. Alle dieſe Hämmer
ſind Stielhämmer, und ihre Wirkung iſt keine geringe. Es muß ſchon
ein ganz beträchtliches Stückchen Eiſen ſein, das ihren gewaltigen
Streichen Widerſtand entgegen zu ſetzen wagt, aber was wollen ſie
ſagen gegen die Cyklopen der Neuzeit, jene gewaltigen Rieſen, denen
faſt nichts zu widerſtehen vermag, die ungeheuren Dampfhämmer.
Hier iſt der Stiel verſchwunden und der Hammerkopf iſt direkt mit der
Kolbenſtange eines über ihm befindlichen Dampfcylinders verbunden,
und mit dem Kolben hebt und ſenkt er ſich. Faſt ins Unermeßliche
vermag bei dieſen Hämmern das Gewicht des Hammers geſteigert zu
werden, ſeine Wirkung kann vergrößert werden durch eine beträchtliche
Höhe, aus der man ihn fallen läßt, ja noch mehr: während bei
den Stielhämmern der Kopf allein durch ſeine eigene Schwere nieder-
ſauſte, vermag man bei den Dampfhämmern, indem im richtigen Augen-
blicke der Dampf über den Kolben tritt, dem Hammer noch außer
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/666>, abgerufen am 22.11.2024.
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