zweites Genußmittel, unsere Magenwände, die nötigen Verdauungssäfte abzusondern, und wird darum auch mit Recht gewöhnlich beim Beginn der Hauptmahlzeit genommen, sondern sie ist gleichzeitig das einzige Genuß- mittel, daß, trotzdem es uns belebt und erregt, keine nachteiligen Wir- kungen zurückläßt. Ihren hohen Wert bezeichnet der berühmte Chemiker Justus von Liebig mit folgenden Worten: "Eine Tasse Fleischbrühe hat häufig eine kräftigende Wirkung, nicht darum, weil ihre Bestandteile Kraft erzeugen, wo keine ist, sondern weil sie auf unsere Nerven so wirkt, daß wir uns der vorhandenen Kraft bewußt werden und empfinden, daß diese Kraft verfügbar ist."
Von den zur Unterstützung der Zubereitung des Fleisches gemachten Erfindungen sind vor allen Dingen die Fleischhackmaschinen zu erwähnen. Für den Großbetrieb ist bei denselben an der Konstruktion wenig ge- ändert, denn das große, sechs oder achtklingige Wiegemesser und der runde Holzklotz, auf dem es die Fleischmassen zerwiegt, sind geblieben. Anstatt daß es aber von zwei langsam um den Wiegeblock herumgehenden Männern gehandhabt wird, setzt es heute die Motorenkraft in wiegende Bewegung und führt gleichzeitig den Wiegeblock, ihn um die eigene Achse drehend, unter dem stets auf derselben Stelle arbeitenden Wiegemesser durch, wobei immer eine andere Stelle des auf dem Block ausgebreiteten Fleisches von den Messern getroffen wird. Die kleineren, für die Wirtschaft bestimmten Hackmaschinen, bestehen im wesentlichen aus Walzen, auf welchen in spiralförmiger Windung Messerklingen sitzen, und welche in einem hohlen, aufklappbaren Cylinder gedreht werden, dessen obere Hälfte eine Offnung zur Einführung des Fleisches hat. Die neueste Verbesserung dieser Konstruktion besteht darin, daß anstatt der Messer an der Walze scharfkantige, viereckige Stifte befestigt sind, welche beim Drehen der Walze genau durch den Zwischenraum gehen, den je zwei an dem Cylinder selbst sitzende Messer bilden. Diese Messer nehmen, durch den genannten Zwischenraum getrennt, die ganze Länge des Cylinders ein, und ihre Anzahl ist daher durch die Länge desselben bestimmt.
Wesentlich wichtiger sind die Erfindungen auf chemischem Gebiete, welche für die Zubereitung des Fleisches gemacht wurden, und welche durch Herstellung von Fleischpräparaten das Fleisch oder wenigstens seine wirksamen Bestandteile für weitere Entfernungen versendbar machen wollen. Da ist vor allen Dingen der Fleischextrakt, welcher in Buenos-Ayres, Mexiko, Australien, Podolien etc. von den dort ge- schlachteten Rindern, an Ort und Stelle dargestellt und weit versandt, auch in Europa viel konsumiert wird. Besonders hat diese Fabrikation in Süd-Amerika durch spezielle Anleitung Liebigs außerordentliche Dimensionen angenommen. Dieser Fleischextrakt ist nicht mit jenen Präparaten zu verwechseln, welche die Brühe ersetzen sollen und ge- wöhnlich in der Form von Tafeln oder Kapseln in den Handel gebracht werden. Hierbei handelt es sich darum, die Brühe in eine feste, leicht
Nahrungs- und Genußmittel.
zweites Genußmittel, unſere Magenwände, die nötigen Verdauungsſäfte abzuſondern, und wird darum auch mit Recht gewöhnlich beim Beginn der Hauptmahlzeit genommen, ſondern ſie iſt gleichzeitig das einzige Genuß- mittel, daß, trotzdem es uns belebt und erregt, keine nachteiligen Wir- kungen zurückläßt. Ihren hohen Wert bezeichnet der berühmte Chemiker Juſtus von Liebig mit folgenden Worten: „Eine Taſſe Fleiſchbrühe hat häufig eine kräftigende Wirkung, nicht darum, weil ihre Beſtandteile Kraft erzeugen, wo keine iſt, ſondern weil ſie auf unſere Nerven ſo wirkt, daß wir uns der vorhandenen Kraft bewußt werden und empfinden, daß dieſe Kraft verfügbar iſt.“
Von den zur Unterſtützung der Zubereitung des Fleiſches gemachten Erfindungen ſind vor allen Dingen die Fleiſchhackmaſchinen zu erwähnen. Für den Großbetrieb iſt bei denſelben an der Konſtruktion wenig ge- ändert, denn das große, ſechs oder achtklingige Wiegemeſſer und der runde Holzklotz, auf dem es die Fleiſchmaſſen zerwiegt, ſind geblieben. Anſtatt daß es aber von zwei langſam um den Wiegeblock herumgehenden Männern gehandhabt wird, ſetzt es heute die Motorenkraft in wiegende Bewegung und führt gleichzeitig den Wiegeblock, ihn um die eigene Achſe drehend, unter dem ſtets auf derſelben Stelle arbeitenden Wiegemeſſer durch, wobei immer eine andere Stelle des auf dem Block ausgebreiteten Fleiſches von den Meſſern getroffen wird. Die kleineren, für die Wirtſchaft beſtimmten Hackmaſchinen, beſtehen im weſentlichen aus Walzen, auf welchen in ſpiralförmiger Windung Meſſerklingen ſitzen, und welche in einem hohlen, aufklappbaren Cylinder gedreht werden, deſſen obere Hälfte eine Offnung zur Einführung des Fleiſches hat. Die neueſte Verbeſſerung dieſer Konſtruktion beſteht darin, daß anſtatt der Meſſer an der Walze ſcharfkantige, viereckige Stifte befeſtigt ſind, welche beim Drehen der Walze genau durch den Zwiſchenraum gehen, den je zwei an dem Cylinder ſelbſt ſitzende Meſſer bilden. Dieſe Meſſer nehmen, durch den genannten Zwiſchenraum getrennt, die ganze Länge des Cylinders ein, und ihre Anzahl iſt daher durch die Länge desſelben beſtimmt.
Weſentlich wichtiger ſind die Erfindungen auf chemiſchem Gebiete, welche für die Zubereitung des Fleiſches gemacht wurden, und welche durch Herſtellung von Fleiſchpräparaten das Fleiſch oder wenigſtens ſeine wirkſamen Beſtandteile für weitere Entfernungen verſendbar machen wollen. Da iſt vor allen Dingen der Fleiſchextrakt, welcher in Buenos-Ayres, Mexiko, Auſtralien, Podolien ꝛc. von den dort ge- ſchlachteten Rindern, an Ort und Stelle dargeſtellt und weit verſandt, auch in Europa viel konſumiert wird. Beſonders hat dieſe Fabrikation in Süd-Amerika durch ſpezielle Anleitung Liebigs außerordentliche Dimenſionen angenommen. Dieſer Fleiſchextrakt iſt nicht mit jenen Präparaten zu verwechſeln, welche die Brühe erſetzen ſollen und ge- wöhnlich in der Form von Tafeln oder Kapſeln in den Handel gebracht werden. Hierbei handelt es ſich darum, die Brühe in eine feſte, leicht
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Nahrungs- und Genußmittel.
zweites Genußmittel, unſere Magenwände, die nötigen Verdauungsſäfte
abzuſondern, und wird darum auch mit Recht gewöhnlich beim Beginn
der Hauptmahlzeit genommen, ſondern ſie iſt gleichzeitig das einzige Genuß-
mittel, daß, trotzdem es uns belebt und erregt, keine nachteiligen Wir-
kungen zurückläßt. Ihren hohen Wert bezeichnet der berühmte Chemiker
Juſtus von Liebig mit folgenden Worten: „Eine Taſſe Fleiſchbrühe hat
häufig eine kräftigende Wirkung, nicht darum, weil ihre Beſtandteile
Kraft erzeugen, wo keine iſt, ſondern weil ſie auf unſere Nerven ſo
wirkt, daß wir uns der vorhandenen Kraft bewußt werden und empfinden,
daß dieſe Kraft verfügbar iſt.“
Von den zur Unterſtützung der Zubereitung des Fleiſches gemachten
Erfindungen ſind vor allen Dingen die Fleiſchhackmaſchinen zu erwähnen.
Für den Großbetrieb iſt bei denſelben an der Konſtruktion wenig ge-
ändert, denn das große, ſechs oder achtklingige Wiegemeſſer und der
runde Holzklotz, auf dem es die Fleiſchmaſſen zerwiegt, ſind geblieben.
Anſtatt daß es aber von zwei langſam um den Wiegeblock herumgehenden
Männern gehandhabt wird, ſetzt es heute die Motorenkraft in
wiegende Bewegung und führt gleichzeitig den Wiegeblock, ihn um
die eigene Achſe drehend, unter dem ſtets auf derſelben Stelle arbeitenden
Wiegemeſſer durch, wobei immer eine andere Stelle des auf dem Block
ausgebreiteten Fleiſches von den Meſſern getroffen wird. Die kleineren,
für die Wirtſchaft beſtimmten Hackmaſchinen, beſtehen im weſentlichen
aus Walzen, auf welchen in ſpiralförmiger Windung Meſſerklingen ſitzen,
und welche in einem hohlen, aufklappbaren Cylinder gedreht werden,
deſſen obere Hälfte eine Offnung zur Einführung des Fleiſches hat. Die
neueſte Verbeſſerung dieſer Konſtruktion beſteht darin, daß anſtatt der
Meſſer an der Walze ſcharfkantige, viereckige Stifte befeſtigt ſind, welche
beim Drehen der Walze genau durch den Zwiſchenraum gehen, den
je zwei an dem Cylinder ſelbſt ſitzende Meſſer bilden. Dieſe Meſſer
nehmen, durch den genannten Zwiſchenraum getrennt, die ganze Länge
des Cylinders ein, und ihre Anzahl iſt daher durch die Länge desſelben
beſtimmt.
Weſentlich wichtiger ſind die Erfindungen auf chemiſchem Gebiete,
welche für die Zubereitung des Fleiſches gemacht wurden, und welche
durch Herſtellung von Fleiſchpräparaten das Fleiſch oder wenigſtens
ſeine wirkſamen Beſtandteile für weitere Entfernungen verſendbar
machen wollen. Da iſt vor allen Dingen der Fleiſchextrakt, welcher
in Buenos-Ayres, Mexiko, Auſtralien, Podolien ꝛc. von den dort ge-
ſchlachteten Rindern, an Ort und Stelle dargeſtellt und weit verſandt,
auch in Europa viel konſumiert wird. Beſonders hat dieſe Fabrikation
in Süd-Amerika durch ſpezielle Anleitung Liebigs außerordentliche
Dimenſionen angenommen. Dieſer Fleiſchextrakt iſt nicht mit jenen
Präparaten zu verwechſeln, welche die Brühe erſetzen ſollen und ge-
wöhnlich in der Form von Tafeln oder Kapſeln in den Handel gebracht
werden. Hierbei handelt es ſich darum, die Brühe in eine feſte, leicht
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/584>, abgerufen am 22.11.2024.
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