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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Bereitung der Bierwürze.
An den Dampfzuführungsröhren f sitzen Manometer g, um den Druck
sowohl in den Walzen, als auch in den Muldenwandungen beobachten
und so eine Explosion derselben verhüten zu können.

Wir kehren nun zu der Bierwürze zurück, welche wir nach dem
Abläutern aus dem Läuterbottich in der Braupfanne verlassen haben.
Die Stärke dieser Würze, d. h. ihr Zuckergehalt, wird mittelst Saccharo-
meter festgestellt und natürlich nach der Art des Bieres bemessen, welches
gebraut werden soll. Der Extraktgehalt der verschiedenen Biere variiert
von 4 bis 15 %, ihr Alkoholgehalt von 2 bis 8 %, und 1 % Zucker
in der Würze liefert bei der später zu beschreibenden geistigen Gährung
derselben ca. 0,5 % Alkohol. Beim Kochen der Würze mit Hopfen
werden -- abgesehen von einigen anderen Wirkungen des letzteren --
die in ihr enthaltenen Eiweißstoffe durch die Gerbsäure des Hopfens
koaguliert und in großen Flocken herausgefällt. Diese Flocken setzen sich
dann beim Abkühlen des gekochten Bieres auf dem Kühlschiff zu Boden,
von dem sie als sog. Kühlgeläger abgefegt zu Viehfutter Verwendung
finden. Dieses Ausscheiden der Eiweißstoffe ist sehr wichtig, denn sie
sind -- wie alle stickstoffhaltigen Substanzen -- sehr geneigt in Fäul-
nis überzugehen und würden die Haltbarkeit des Bieres nicht nur be-
einträchtigen, sondern sogar vollständig unmöglich machen. Anderseits
ist diese technische Notwendigkeit sehr zu bedauern, denn könnte man
die Eiweißstoffe im Biere lassen, so würde der Nährwert desselben ein
wesentlich höherer sein, als er es jetzt ist.

Die Bierpfanne ist eine große runde oder viereckige eiserne Pfanne,
unter welcher sich eine Feuerungsanlage befindet, welche so konstruiert
ist, daß die Flamme nicht nur den
Boden der Pfanne, sondern auch
einen Teil der Seitenwandung
bestreicht, und das ist notwendig,
weil das Kochen der Würze ein
sehr langes und sehr intensives
sein muß. Wird die Bierpfanne
-- wie in sehr häufigen Fällen --
auch gleichzeitig zum Kochen der
Maische benutzt, so befindet sich
in derselben ein Rührwerk, welches
durch auf dem Boden der Pfanne
schleifende bewegliche Hämmer
oder Ketten ein Anbrennen der
sich auf den zu Boden setzenden
Treberteilchen der Maische ver-
hindert. Mit großem Vorteil
ist neuerdings für die direkte
Feuerung die Dampfkochpfanne
(Fig. 289) eingeführt. Diese be-

[Abbildung] Fig. 289.

Dampf-Kochpfanne.

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Die Bereitung der Bierwürze.
An den Dampfzuführungsröhren f ſitzen Manometer g, um den Druck
ſowohl in den Walzen, als auch in den Muldenwandungen beobachten
und ſo eine Exploſion derſelben verhüten zu können.

Wir kehren nun zu der Bierwürze zurück, welche wir nach dem
Abläutern aus dem Läuterbottich in der Braupfanne verlaſſen haben.
Die Stärke dieſer Würze, d. h. ihr Zuckergehalt, wird mittelſt Saccharo-
meter feſtgeſtellt und natürlich nach der Art des Bieres bemeſſen, welches
gebraut werden ſoll. Der Extraktgehalt der verſchiedenen Biere variiert
von 4 bis 15 %, ihr Alkoholgehalt von 2 bis 8 %, und 1 % Zucker
in der Würze liefert bei der ſpäter zu beſchreibenden geiſtigen Gährung
derſelben ca. 0,5 % Alkohol. Beim Kochen der Würze mit Hopfen
werden — abgeſehen von einigen anderen Wirkungen des letzteren —
die in ihr enthaltenen Eiweißſtoffe durch die Gerbſäure des Hopfens
koaguliert und in großen Flocken herausgefällt. Dieſe Flocken ſetzen ſich
dann beim Abkühlen des gekochten Bieres auf dem Kühlſchiff zu Boden,
von dem ſie als ſog. Kühlgeläger abgefegt zu Viehfutter Verwendung
finden. Dieſes Ausſcheiden der Eiweißſtoffe iſt ſehr wichtig, denn ſie
ſind — wie alle ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen — ſehr geneigt in Fäul-
nis überzugehen und würden die Haltbarkeit des Bieres nicht nur be-
einträchtigen, ſondern ſogar vollſtändig unmöglich machen. Anderſeits
iſt dieſe techniſche Notwendigkeit ſehr zu bedauern, denn könnte man
die Eiweißſtoffe im Biere laſſen, ſo würde der Nährwert desſelben ein
weſentlich höherer ſein, als er es jetzt iſt.

Die Bierpfanne iſt eine große runde oder viereckige eiſerne Pfanne,
unter welcher ſich eine Feuerungsanlage befindet, welche ſo konſtruiert
iſt, daß die Flamme nicht nur den
Boden der Pfanne, ſondern auch
einen Teil der Seitenwandung
beſtreicht, und das iſt notwendig,
weil das Kochen der Würze ein
ſehr langes und ſehr intenſives
ſein muß. Wird die Bierpfanne
— wie in ſehr häufigen Fällen —
auch gleichzeitig zum Kochen der
Maiſche benutzt, ſo befindet ſich
in derſelben ein Rührwerk, welches
durch auf dem Boden der Pfanne
ſchleifende bewegliche Hämmer
oder Ketten ein Anbrennen der
ſich auf den zu Boden ſetzenden
Treberteilchen der Maiſche ver-
hindert. Mit großem Vorteil
iſt neuerdings für die direkte
Feuerung die Dampfkochpfanne
(Fig. 289) eingeführt. Dieſe be-

[Abbildung] Fig. 289.

Dampf-Kochpfanne.

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[499/0517] Die Bereitung der Bierwürze. An den Dampfzuführungsröhren f ſitzen Manometer g, um den Druck ſowohl in den Walzen, als auch in den Muldenwandungen beobachten und ſo eine Exploſion derſelben verhüten zu können. Wir kehren nun zu der Bierwürze zurück, welche wir nach dem Abläutern aus dem Läuterbottich in der Braupfanne verlaſſen haben. Die Stärke dieſer Würze, d. h. ihr Zuckergehalt, wird mittelſt Saccharo- meter feſtgeſtellt und natürlich nach der Art des Bieres bemeſſen, welches gebraut werden ſoll. Der Extraktgehalt der verſchiedenen Biere variiert von 4 bis 15 %, ihr Alkoholgehalt von 2 bis 8 %, und 1 % Zucker in der Würze liefert bei der ſpäter zu beſchreibenden geiſtigen Gährung derſelben ca. 0,5 % Alkohol. Beim Kochen der Würze mit Hopfen werden — abgeſehen von einigen anderen Wirkungen des letzteren — die in ihr enthaltenen Eiweißſtoffe durch die Gerbſäure des Hopfens koaguliert und in großen Flocken herausgefällt. Dieſe Flocken ſetzen ſich dann beim Abkühlen des gekochten Bieres auf dem Kühlſchiff zu Boden, von dem ſie als ſog. Kühlgeläger abgefegt zu Viehfutter Verwendung finden. Dieſes Ausſcheiden der Eiweißſtoffe iſt ſehr wichtig, denn ſie ſind — wie alle ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen — ſehr geneigt in Fäul- nis überzugehen und würden die Haltbarkeit des Bieres nicht nur be- einträchtigen, ſondern ſogar vollſtändig unmöglich machen. Anderſeits iſt dieſe techniſche Notwendigkeit ſehr zu bedauern, denn könnte man die Eiweißſtoffe im Biere laſſen, ſo würde der Nährwert desſelben ein weſentlich höherer ſein, als er es jetzt iſt. Die Bierpfanne iſt eine große runde oder viereckige eiſerne Pfanne, unter welcher ſich eine Feuerungsanlage befindet, welche ſo konſtruiert iſt, daß die Flamme nicht nur den Boden der Pfanne, ſondern auch einen Teil der Seitenwandung beſtreicht, und das iſt notwendig, weil das Kochen der Würze ein ſehr langes und ſehr intenſives ſein muß. Wird die Bierpfanne — wie in ſehr häufigen Fällen — auch gleichzeitig zum Kochen der Maiſche benutzt, ſo befindet ſich in derſelben ein Rührwerk, welches durch auf dem Boden der Pfanne ſchleifende bewegliche Hämmer oder Ketten ein Anbrennen der ſich auf den zu Boden ſetzenden Treberteilchen der Maiſche ver- hindert. Mit großem Vorteil iſt neuerdings für die direkte Feuerung die Dampfkochpfanne (Fig. 289) eingeführt. Dieſe be- [Abbildung Fig. 289. Dampf-Kochpfanne.] 32*

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/517>, abgerufen am 06.07.2024.