einflüsse, wird sich der linke Arm durch die Handwärme ungleich stärker ausdehnen, wie der rechte; man erhält ein zu geringes Gewicht für die Last. Gegen Erwärmung von außen, sowie gegen Luftströmungen, wie sie entstehen, wenn z. B. die Thür des Wagenzimmers geöffnet wird, hat man sich zu schützen gesucht, indem man die Wagen mit einem Umschlußkasten versieht, gegen die Handwärme, indem man die Gewichte mit Pinzetten anfaßt und aufsetzt, aber erst die Erfindung der Bordaschen Wägungsmethode führte zu genaueren Resultaten.
Borda's Methode sucht die niemals zu umgehenden konstruktiven Unzulänglichkeiten der Wage, sowie die von außen herantretenden Störungen des Verfahrens durch die Anordnung der Beobachtungen aufzuheben. Auf die rechte Schale wird zuerst das Normalgewicht gesetzt und durch links aufzulegende gewöhnliche Gewichtsstücke aus- tariert. Dann wird nach Ablesung der Gleichgewichtslage an der Wagenskala rechts das Normal durch die Last, ein Gewichtsstück oder was sonst bestimmt werden soll, ersetzt und werden rechts oder links soviel Zulagegewichte hinzugefügt, bis wieder Gleichgewicht eintritt. Endlich wird rückwärts dieselbe Anordnung wiederholt. Sei das Normal- gewicht N, das zu bestimmende P, die Zulage z, so hat man auf der rechten Schale nach einander N, P + z, P + z, N. Durch diese Methode werden in der That viele Ungenauigkeiten vermieden. Wäre z. B. der rechte Walkebalken länger wie der linke, so würde beim Austarieren links allerdings mehr hinaufgelegt werden müssen, als der Schwere des Stückes entspricht, aber da ja P auf dieselbe Schale kommt, so würde dieser Konstruktionsfehler bei N und P genau gleich wirken, P + z also genau so schwer sein müssen, wie N. Oder wenn z. B. der linke Balken während der Wägung sich durch Wärmeeinflüsse stetig ver- längerte, so würde freilich links die Tara scheinbar immer schwerer werden, aber beim Wiederaufsetzen des Normals würde der Fehler sich bemerkbar machen, und in der Rechnung würde er verschwinden. Nämlich so: gegeben seien 2 Kilogrammstücke, das fehlerfreie Normal, das zweite um 5 mg zu leicht. Jetzt legt man erst das Normal auf, tariert aus, bis Gleichgewicht eingetreten ist, nimmt das Normal herunter, und legt das zweite Kilogramm auf die rechte Schale, dann werden zunächst rechts noch 5 mg zugelegt werden müssen, damit wieder Gleichgewicht eintritt. Nun soll aber der linke Balkenarm sich soweit verlängert haben, daß rechts noch 1 mg nöthig ist, um dieses scheinbare Schwererwerden der Tara auszugleichen, es müssen also rechts 6 mg zu gefügt werden. Bei der folgenden Wägung ist der Arm abermals länger geworden um denselben Betrag, wenn also das zweite Kilogramm der Vorschrift gemäß abermals aufgesetzt wird, so müssen 7 mg hinzugefügt werden.
Jetzt kommt das Normal an die Reihe und da der Balken sich fortgesetzt verlängert, stimmt die Tara nicht mehr, sondern zu dem Normal müssen 3 mg hinzugethan werden, bis Gleichgewicht eintritt. Die Wägung ist also fehlerhaft, aber durch die Anordnung geht der
Die Erfindung der Maße und Gewichte.
einflüſſe, wird ſich der linke Arm durch die Handwärme ungleich ſtärker ausdehnen, wie der rechte; man erhält ein zu geringes Gewicht für die Laſt. Gegen Erwärmung von außen, ſowie gegen Luftſtrömungen, wie ſie entſtehen, wenn z. B. die Thür des Wagenzimmers geöffnet wird, hat man ſich zu ſchützen geſucht, indem man die Wagen mit einem Umſchlußkaſten verſieht, gegen die Handwärme, indem man die Gewichte mit Pinzetten anfaßt und aufſetzt, aber erſt die Erfindung der Bordaſchen Wägungsmethode führte zu genaueren Reſultaten.
Borda’s Methode ſucht die niemals zu umgehenden konſtruktiven Unzulänglichkeiten der Wage, ſowie die von außen herantretenden Störungen des Verfahrens durch die Anordnung der Beobachtungen aufzuheben. Auf die rechte Schale wird zuerſt das Normalgewicht geſetzt und durch links aufzulegende gewöhnliche Gewichtsſtücke aus- tariert. Dann wird nach Ableſung der Gleichgewichtslage an der Wagenſkala rechts das Normal durch die Laſt, ein Gewichtsſtück oder was ſonſt beſtimmt werden ſoll, erſetzt und werden rechts oder links ſoviel Zulagegewichte hinzugefügt, bis wieder Gleichgewicht eintritt. Endlich wird rückwärts dieſelbe Anordnung wiederholt. Sei das Normal- gewicht N, das zu beſtimmende P, die Zulage z, ſo hat man auf der rechten Schale nach einander N, P + z, P + z, N. Durch dieſe Methode werden in der That viele Ungenauigkeiten vermieden. Wäre z. B. der rechte Walkebalken länger wie der linke, ſo würde beim Austarieren links allerdings mehr hinaufgelegt werden müſſen, als der Schwere des Stückes entſpricht, aber da ja P auf dieſelbe Schale kommt, ſo würde dieſer Konſtruktionsfehler bei N und P genau gleich wirken, P + z alſo genau ſo ſchwer ſein müſſen, wie N. Oder wenn z. B. der linke Balken während der Wägung ſich durch Wärmeeinflüſſe ſtetig ver- längerte, ſo würde freilich links die Tara ſcheinbar immer ſchwerer werden, aber beim Wiederaufſetzen des Normals würde der Fehler ſich bemerkbar machen, und in der Rechnung würde er verſchwinden. Nämlich ſo: gegeben ſeien 2 Kilogrammſtücke, das fehlerfreie Normal, das zweite um 5 mg zu leicht. Jetzt legt man erſt das Normal auf, tariert aus, bis Gleichgewicht eingetreten iſt, nimmt das Normal herunter, und legt das zweite Kilogramm auf die rechte Schale, dann werden zunächſt rechts noch 5 mg zugelegt werden müſſen, damit wieder Gleichgewicht eintritt. Nun ſoll aber der linke Balkenarm ſich ſoweit verlängert haben, daß rechts noch 1 mg nöthig iſt, um dieſes ſcheinbare Schwererwerden der Tara auszugleichen, es müſſen alſo rechts 6 mg zu gefügt werden. Bei der folgenden Wägung iſt der Arm abermals länger geworden um denſelben Betrag, wenn alſo das zweite Kilogramm der Vorſchrift gemäß abermals aufgeſetzt wird, ſo müſſen 7 mg hinzugefügt werden.
Jetzt kommt das Normal an die Reihe und da der Balken ſich fortgeſetzt verlängert, ſtimmt die Tara nicht mehr, ſondern zu dem Normal müſſen 3 mg hinzugethan werden, bis Gleichgewicht eintritt. Die Wägung iſt alſo fehlerhaft, aber durch die Anordnung geht der
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[18/0036]
Die Erfindung der Maße und Gewichte.
einflüſſe, wird ſich der linke Arm durch die Handwärme ungleich ſtärker
ausdehnen, wie der rechte; man erhält ein zu geringes Gewicht für
die Laſt. Gegen Erwärmung von außen, ſowie gegen Luftſtrömungen,
wie ſie entſtehen, wenn z. B. die Thür des Wagenzimmers geöffnet
wird, hat man ſich zu ſchützen geſucht, indem man die Wagen mit
einem Umſchlußkaſten verſieht, gegen die Handwärme, indem man die
Gewichte mit Pinzetten anfaßt und aufſetzt, aber erſt die Erfindung
der Bordaſchen Wägungsmethode führte zu genaueren Reſultaten.
Borda’s Methode ſucht die niemals zu umgehenden konſtruktiven
Unzulänglichkeiten der Wage, ſowie die von außen herantretenden
Störungen des Verfahrens durch die Anordnung der Beobachtungen
aufzuheben. Auf die rechte Schale wird zuerſt das Normalgewicht
geſetzt und durch links aufzulegende gewöhnliche Gewichtsſtücke aus-
tariert. Dann wird nach Ableſung der Gleichgewichtslage an der
Wagenſkala rechts das Normal durch die Laſt, ein Gewichtsſtück oder
was ſonſt beſtimmt werden ſoll, erſetzt und werden rechts oder links ſoviel
Zulagegewichte hinzugefügt, bis wieder Gleichgewicht eintritt. Endlich
wird rückwärts dieſelbe Anordnung wiederholt. Sei das Normal-
gewicht N, das zu beſtimmende P, die Zulage z, ſo hat man auf der
rechten Schale nach einander N, P + z, P + z, N. Durch dieſe Methode
werden in der That viele Ungenauigkeiten vermieden. Wäre z. B. der
rechte Walkebalken länger wie der linke, ſo würde beim Austarieren
links allerdings mehr hinaufgelegt werden müſſen, als der Schwere
des Stückes entſpricht, aber da ja P auf dieſelbe Schale kommt, ſo
würde dieſer Konſtruktionsfehler bei N und P genau gleich wirken,
P + z alſo genau ſo ſchwer ſein müſſen, wie N. Oder wenn z. B. der
linke Balken während der Wägung ſich durch Wärmeeinflüſſe ſtetig ver-
längerte, ſo würde freilich links die Tara ſcheinbar immer ſchwerer
werden, aber beim Wiederaufſetzen des Normals würde der Fehler ſich
bemerkbar machen, und in der Rechnung würde er verſchwinden. Nämlich
ſo: gegeben ſeien 2 Kilogrammſtücke, das fehlerfreie Normal, das
zweite um 5 mg zu leicht. Jetzt legt man erſt das Normal auf, tariert
aus, bis Gleichgewicht eingetreten iſt, nimmt das Normal herunter, und
legt das zweite Kilogramm auf die rechte Schale, dann werden zunächſt
rechts noch 5 mg zugelegt werden müſſen, damit wieder Gleichgewicht
eintritt. Nun ſoll aber der linke Balkenarm ſich ſoweit verlängert haben,
daß rechts noch 1 mg nöthig iſt, um dieſes ſcheinbare Schwererwerden
der Tara auszugleichen, es müſſen alſo rechts 6 mg zu gefügt werden.
Bei der folgenden Wägung iſt der Arm abermals länger geworden
um denſelben Betrag, wenn alſo das zweite Kilogramm der Vorſchrift
gemäß abermals aufgeſetzt wird, ſo müſſen 7 mg hinzugefügt werden.
Jetzt kommt das Normal an die Reihe und da der Balken ſich
fortgeſetzt verlängert, ſtimmt die Tara nicht mehr, ſondern zu dem
Normal müſſen 3 mg hinzugethan werden, bis Gleichgewicht eintritt.
Die Wägung iſt alſo fehlerhaft, aber durch die Anordnung geht der
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/36>, abgerufen am 24.11.2024.
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