Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Beleuchtung.
Wasser, Öle, Paraffinöle. In dem Destillationsapparat bleibt als Rück-
stand Asphalt. Die Öle werden zur Reinigung erst mit Ratronlauge,
dann mit Schwefelsäure gewaschen. Endlich destilliert man die ge-
reinigten Öle nochmals mit überhitztem Wasserdampf; sie trennen sich
in flüssige Öle (Benzin, Solaröl, Photogen) und erstarrende Öle. Diese
letzteren werden nochmals mit Lauge und Schwefelsäure raffiniert und
das erhaltene Rohparaffin schließlich nochmals mit Dampf destilliert.

Außer aus Braunkohle erhält man Paraffin auch aus bestimmten
Sorten Petroleum (z. B. dem aus Birma stammenden), sowie aus dem
Ozokerit oder Erdwachs, welches man in Galizien und am kaspischen
Meer, neuerdings auch in den amerikanischen Staaten Utah und Arizona
in Menge gefunden hat. Man bedient sich in diesem Falle einfach der
Destillation mit überhitztem Wasserdampf und raffiniert das Rohprodukt
in der eben geschilderten Weise.

Walrat findet sich als eine krystallinische, wachsähnliche, in
flüssigen, fetten Kohlenwasserstoffen gelöste Masse in besonderen Höhlen
des Schädels von Physeter macrocephalus, dem Pottwal. Das nach
dem Tode des Tieres dem Schädel entnommene Fett wird ausgepreßt
und der sich ausscheidende feste Bestandteil nochmals mit Kalilauge
gewaschen, welche die letzten Spuren flüssigen Fettes beseitigt, ohne
die festen Fette, den eigentlichen Walrat, stark anzugreifen. Durch
Schmelzen mit Tierkohle wird der Walrat vollends gereinigt und
entfärbt. Er bildet dann eine glänzend weiße, krystallinische Masse,
welche eine Verbindung der oben genannten festen Fettsäuren mit einem
dem Glycerin ähnlich zusammengesetzten Körper, dem Cetylalkohol, ist.
Das abgepreßte Walratöl läßt sich in Lampen brennen, während der
feste Walrat zur Kerzenfabrikation dient.

Wachs stammt zum Teil aus dem Tierreich, zum Teil von Pflanzen.
Das Bienenwachs, welches zwischen den Hinterleibsringen unserer
Honigbiene in winzigen Blättchen hervortritt und dem Tiere zum
Wabenbau dient, wird zuvörderst von anhängendem Honig gereinigt
und dann in siedendem Wasser geschmelzt. Das so erhaltene rohe
Wachs ist gelb bis bräunlich, weil es durch aus Blütenstaub und
Honig herstammende Verunreinigungen gefärbt wird. Da diese bei
der Anwendung des Wachses als Beleuchtungsstoff stören, so entfernt
man sie durch einen Bleichprozeß. Am besten wirkt die Sonnenbleiche;
alle anderen Methoden liefern kein Wachs von haltbarer Weiße.
Man schmilzt das Wachs über Wasser mit einem geringen Zusatz von
Weinsteinpulver (zum Klären) und läßt es in ein zweites Gefäß laufen,
welches laues Wasser von einer Temperatur enthält, welche der des
Schmelzpunktes des Wachses nahe liegt. Aus diesem Gefäß läuft die
geschmolzene Masse langsam in dünnem Strahl in einen flachen und
weiten, steinernen, stets naß gehaltenen Cylinder; man erhält das
Wachs hierdurch in dünnen Bändern (das "Bändern" des Wachses).
Diese werden auf Leinwand gebreitet und den Sonnenstrahlen aus-

Die Beleuchtung.
Waſſer, Öle, Paraffinöle. In dem Deſtillationsapparat bleibt als Rück-
ſtand Asphalt. Die Öle werden zur Reinigung erſt mit Ratronlauge,
dann mit Schwefelſäure gewaſchen. Endlich deſtilliert man die ge-
reinigten Öle nochmals mit überhitztem Waſſerdampf; ſie trennen ſich
in flüſſige Öle (Benzin, Solaröl, Photogen) und erſtarrende Öle. Dieſe
letzteren werden nochmals mit Lauge und Schwefelſäure raffiniert und
das erhaltene Rohparaffin ſchließlich nochmals mit Dampf deſtilliert.

Außer aus Braunkohle erhält man Paraffin auch aus beſtimmten
Sorten Petroleum (z. B. dem aus Birma ſtammenden), ſowie aus dem
Ozokerit oder Erdwachs, welches man in Galizien und am kaspiſchen
Meer, neuerdings auch in den amerikaniſchen Staaten Utah und Arizona
in Menge gefunden hat. Man bedient ſich in dieſem Falle einfach der
Deſtillation mit überhitztem Waſſerdampf und raffiniert das Rohprodukt
in der eben geſchilderten Weiſe.

Walrat findet ſich als eine kryſtalliniſche, wachsähnliche, in
flüſſigen, fetten Kohlenwaſſerſtoffen gelöſte Maſſe in beſonderen Höhlen
des Schädels von Physeter macrocephalus, dem Pottwal. Das nach
dem Tode des Tieres dem Schädel entnommene Fett wird ausgepreßt
und der ſich ausſcheidende feſte Beſtandteil nochmals mit Kalilauge
gewaſchen, welche die letzten Spuren flüſſigen Fettes beſeitigt, ohne
die feſten Fette, den eigentlichen Walrat, ſtark anzugreifen. Durch
Schmelzen mit Tierkohle wird der Walrat vollends gereinigt und
entfärbt. Er bildet dann eine glänzend weiße, kryſtalliniſche Maſſe,
welche eine Verbindung der oben genannten feſten Fettſäuren mit einem
dem Glycerin ähnlich zuſammengeſetzten Körper, dem Cetylalkohol, iſt.
Das abgepreßte Walratöl läßt ſich in Lampen brennen, während der
feſte Walrat zur Kerzenfabrikation dient.

Wachs ſtammt zum Teil aus dem Tierreich, zum Teil von Pflanzen.
Das Bienenwachs, welches zwiſchen den Hinterleibsringen unſerer
Honigbiene in winzigen Blättchen hervortritt und dem Tiere zum
Wabenbau dient, wird zuvörderſt von anhängendem Honig gereinigt
und dann in ſiedendem Waſſer geſchmelzt. Das ſo erhaltene rohe
Wachs iſt gelb bis bräunlich, weil es durch aus Blütenſtaub und
Honig herſtammende Verunreinigungen gefärbt wird. Da dieſe bei
der Anwendung des Wachſes als Beleuchtungsſtoff ſtören, ſo entfernt
man ſie durch einen Bleichprozeß. Am beſten wirkt die Sonnenbleiche;
alle anderen Methoden liefern kein Wachs von haltbarer Weiße.
Man ſchmilzt das Wachs über Waſſer mit einem geringen Zuſatz von
Weinſteinpulver (zum Klären) und läßt es in ein zweites Gefäß laufen,
welches laues Waſſer von einer Temperatur enthält, welche der des
Schmelzpunktes des Wachſes nahe liegt. Aus dieſem Gefäß läuft die
geſchmolzene Maſſe langſam in dünnem Strahl in einen flachen und
weiten, ſteinernen, ſtets naß gehaltenen Cylinder; man erhält das
Wachs hierdurch in dünnen Bändern (das „Bändern“ des Wachſes).
Dieſe werden auf Leinwand gebreitet und den Sonnenſtrahlen aus-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0304" n="286"/><fw place="top" type="header">Die Beleuchtung.</fw><lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er, Öle, Paraffinöle. In dem De&#x017F;tillationsapparat bleibt als Rück-<lb/>
&#x017F;tand Asphalt. Die Öle werden zur Reinigung er&#x017F;t mit Ratronlauge,<lb/>
dann mit Schwefel&#x017F;äure gewa&#x017F;chen. Endlich de&#x017F;tilliert man die ge-<lb/>
reinigten Öle nochmals mit überhitztem Wa&#x017F;&#x017F;erdampf; &#x017F;ie trennen &#x017F;ich<lb/>
in flü&#x017F;&#x017F;ige Öle (Benzin, Solaröl, Photogen) und er&#x017F;tarrende Öle. Die&#x017F;e<lb/>
letzteren werden nochmals mit Lauge und Schwefel&#x017F;äure raffiniert und<lb/>
das erhaltene Rohparaffin &#x017F;chließlich nochmals mit Dampf de&#x017F;tilliert.</p><lb/>
              <p>Außer aus Braunkohle erhält man Paraffin auch aus be&#x017F;timmten<lb/>
Sorten Petroleum (z. B. dem aus Birma &#x017F;tammenden), &#x017F;owie aus dem<lb/>
Ozokerit oder Erdwachs, welches man in Galizien und am kaspi&#x017F;chen<lb/>
Meer, neuerdings auch in den amerikani&#x017F;chen Staaten Utah und Arizona<lb/>
in Menge gefunden hat. Man bedient &#x017F;ich in die&#x017F;em Falle einfach der<lb/>
De&#x017F;tillation mit überhitztem Wa&#x017F;&#x017F;erdampf und raffiniert das Rohprodukt<lb/>
in der eben ge&#x017F;childerten Wei&#x017F;e.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Walrat</hi> findet &#x017F;ich als eine kry&#x017F;tallini&#x017F;che, wachsähnliche, in<lb/>
flü&#x017F;&#x017F;igen, fetten Kohlenwa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffen gelö&#x017F;te Ma&#x017F;&#x017F;e in be&#x017F;onderen Höhlen<lb/>
des Schädels von <hi rendition="#aq">Physeter macrocephalus,</hi> dem Pottwal. Das nach<lb/>
dem Tode des Tieres dem Schädel entnommene Fett wird ausgepreßt<lb/>
und der &#x017F;ich aus&#x017F;cheidende fe&#x017F;te Be&#x017F;tandteil nochmals mit Kalilauge<lb/>
gewa&#x017F;chen, welche die letzten Spuren flü&#x017F;&#x017F;igen Fettes be&#x017F;eitigt, ohne<lb/>
die fe&#x017F;ten Fette, den eigentlichen Walrat, &#x017F;tark anzugreifen. Durch<lb/>
Schmelzen mit Tierkohle wird der Walrat vollends gereinigt und<lb/>
entfärbt. Er bildet dann eine glänzend weiße, kry&#x017F;tallini&#x017F;che Ma&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
welche eine Verbindung der oben genannten fe&#x017F;ten Fett&#x017F;äuren mit einem<lb/>
dem Glycerin ähnlich zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Körper, dem Cetylalkohol, i&#x017F;t.<lb/>
Das abgepreßte Walratöl läßt &#x017F;ich in Lampen brennen, während der<lb/>
fe&#x017F;te Walrat zur Kerzenfabrikation dient.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Wachs</hi> &#x017F;tammt zum Teil aus dem Tierreich, zum Teil von Pflanzen.<lb/>
Das Bienenwachs, welches zwi&#x017F;chen den Hinterleibsringen un&#x017F;erer<lb/>
Honigbiene in winzigen Blättchen hervortritt und dem Tiere zum<lb/>
Wabenbau dient, wird zuvörder&#x017F;t von anhängendem Honig gereinigt<lb/>
und dann in &#x017F;iedendem Wa&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;chmelzt. Das &#x017F;o erhaltene rohe<lb/>
Wachs i&#x017F;t gelb bis bräunlich, weil es durch aus Blüten&#x017F;taub und<lb/>
Honig her&#x017F;tammende Verunreinigungen gefärbt wird. Da die&#x017F;e bei<lb/>
der Anwendung des Wach&#x017F;es als Beleuchtungs&#x017F;toff &#x017F;tören, &#x017F;o entfernt<lb/>
man &#x017F;ie durch einen Bleichprozeß. Am be&#x017F;ten wirkt die Sonnenbleiche;<lb/>
alle anderen Methoden liefern kein Wachs von haltbarer Weiße.<lb/>
Man &#x017F;chmilzt das Wachs über Wa&#x017F;&#x017F;er mit einem geringen Zu&#x017F;atz von<lb/>
Wein&#x017F;teinpulver (zum Klären) und läßt es in ein zweites Gefäß laufen,<lb/>
welches laues Wa&#x017F;&#x017F;er von einer Temperatur enthält, welche der des<lb/>
Schmelzpunktes des Wach&#x017F;es nahe liegt. Aus die&#x017F;em Gefäß läuft die<lb/>
ge&#x017F;chmolzene Ma&#x017F;&#x017F;e lang&#x017F;am in dünnem Strahl in einen flachen und<lb/>
weiten, &#x017F;teinernen, &#x017F;tets naß gehaltenen Cylinder; man erhält das<lb/>
Wachs hierdurch in dünnen Bändern (das &#x201E;Bändern&#x201C; des Wach&#x017F;es).<lb/>
Die&#x017F;e werden auf Leinwand gebreitet und den Sonnen&#x017F;trahlen aus-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0304] Die Beleuchtung. Waſſer, Öle, Paraffinöle. In dem Deſtillationsapparat bleibt als Rück- ſtand Asphalt. Die Öle werden zur Reinigung erſt mit Ratronlauge, dann mit Schwefelſäure gewaſchen. Endlich deſtilliert man die ge- reinigten Öle nochmals mit überhitztem Waſſerdampf; ſie trennen ſich in flüſſige Öle (Benzin, Solaröl, Photogen) und erſtarrende Öle. Dieſe letzteren werden nochmals mit Lauge und Schwefelſäure raffiniert und das erhaltene Rohparaffin ſchließlich nochmals mit Dampf deſtilliert. Außer aus Braunkohle erhält man Paraffin auch aus beſtimmten Sorten Petroleum (z. B. dem aus Birma ſtammenden), ſowie aus dem Ozokerit oder Erdwachs, welches man in Galizien und am kaspiſchen Meer, neuerdings auch in den amerikaniſchen Staaten Utah und Arizona in Menge gefunden hat. Man bedient ſich in dieſem Falle einfach der Deſtillation mit überhitztem Waſſerdampf und raffiniert das Rohprodukt in der eben geſchilderten Weiſe. Walrat findet ſich als eine kryſtalliniſche, wachsähnliche, in flüſſigen, fetten Kohlenwaſſerſtoffen gelöſte Maſſe in beſonderen Höhlen des Schädels von Physeter macrocephalus, dem Pottwal. Das nach dem Tode des Tieres dem Schädel entnommene Fett wird ausgepreßt und der ſich ausſcheidende feſte Beſtandteil nochmals mit Kalilauge gewaſchen, welche die letzten Spuren flüſſigen Fettes beſeitigt, ohne die feſten Fette, den eigentlichen Walrat, ſtark anzugreifen. Durch Schmelzen mit Tierkohle wird der Walrat vollends gereinigt und entfärbt. Er bildet dann eine glänzend weiße, kryſtalliniſche Maſſe, welche eine Verbindung der oben genannten feſten Fettſäuren mit einem dem Glycerin ähnlich zuſammengeſetzten Körper, dem Cetylalkohol, iſt. Das abgepreßte Walratöl läßt ſich in Lampen brennen, während der feſte Walrat zur Kerzenfabrikation dient. Wachs ſtammt zum Teil aus dem Tierreich, zum Teil von Pflanzen. Das Bienenwachs, welches zwiſchen den Hinterleibsringen unſerer Honigbiene in winzigen Blättchen hervortritt und dem Tiere zum Wabenbau dient, wird zuvörderſt von anhängendem Honig gereinigt und dann in ſiedendem Waſſer geſchmelzt. Das ſo erhaltene rohe Wachs iſt gelb bis bräunlich, weil es durch aus Blütenſtaub und Honig herſtammende Verunreinigungen gefärbt wird. Da dieſe bei der Anwendung des Wachſes als Beleuchtungsſtoff ſtören, ſo entfernt man ſie durch einen Bleichprozeß. Am beſten wirkt die Sonnenbleiche; alle anderen Methoden liefern kein Wachs von haltbarer Weiße. Man ſchmilzt das Wachs über Waſſer mit einem geringen Zuſatz von Weinſteinpulver (zum Klären) und läßt es in ein zweites Gefäß laufen, welches laues Waſſer von einer Temperatur enthält, welche der des Schmelzpunktes des Wachſes nahe liegt. Aus dieſem Gefäß läuft die geſchmolzene Maſſe langſam in dünnem Strahl in einen flachen und weiten, ſteinernen, ſtets naß gehaltenen Cylinder; man erhält das Wachs hierdurch in dünnen Bändern (das „Bändern“ des Wachſes). Dieſe werden auf Leinwand gebreitet und den Sonnenſtrahlen aus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/304
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/304>, abgerufen am 22.11.2024.