Alle diese Vorläufer müssen zurückstehen hinter dem Namen des- jenigen Mannes, welchem es, nachdem die physikalischen Kenntnisse von dem Wesen des Luftdruckes durch Galilei, Torricelli und Otto v. Gericke in völlig neue Bahnen gelenkt waren, endlich gelang, auf Grund wissenschaftlicher Kenntnisse die erste, grundlegende Erfindung auf dem Gebiete des Dampfmaschinenbaues zu machen. Es ist dieses der französische Arzt Dionysius Papin, geboren 1647 zu Blois. An- geregt durch den bekannten Huygens hatte sich Papin dem Studium der Physik mit großem Eifer zugewendet und nach dieser Richtung bereits in Paris und London sehr wertvolle Arbeiten veröffentlicht; wir erinnern nur an den noch heute bekannten Papin'schen Kochtopf, in welchem gespannter Dampf zum Kochen Verwendung findet. Eine gewisse Unstetigkeit des Wesens ließ diesen bedeutenden Mann aber nirgends zu längerer Ruhe gelangen, und diese Untugend sollte denn auch die Ursache sein, weswegen ein durchschlagender und nachhaltiger Erfolg erst von den auf Papin's Schultern stehenden Epigonen erzielt wurde. Nach mehrfachen Aufenthalten in Paris, London und Venedig finden wir Papin im Jahre 1687 als Professor der Mathematik an der Universität zu Marburg. Hier entdeckte er die wichtige Eigenschaft des Dampfes sich niederzuschlagen und eine Luftleere zu bilden, wenn er abgekühlt wird; er hatte somit das hochwichtige Prinzip der Kondensation des Dampfes und deren Folgewirkungen entdeckt. Es handelte sich nunmehr noch darum, diese wichtige Errungenschaft für den Bau der Dampfmaschinen praktisch auszunutzen. Papin that dies folgendermaßen. Unterhalb des Kolbens einer gewöhnlichen, damals bereits bekannten Pumpe, führte er Dampf in den Pumpencylinder ein; die Folge hiervon war, daß der Kolben in dem Cylinder empor- stieg. Hatte der Kolben seinen höchsten Stand erreicht, so wurde er mittels eines Riegels festgestellt, worauf dann der Dampf unterhalb desselben sich alsbald abkühlte, kondensirte und ein Vakuum bildete. Wurde alsdann der Riegel, welcher den Kolben festhielt, entfernt, so wurde letzterer durch den auf ihm lastenden Druck der Atmosphäre abwärts getrieben. So unvollkommen diese erste Dampfmaschine nach unseren heutigen Begriffen auch war, so ging der Landgraf Karl von Hessen doch schon mit dem Bau einer Dampf-Wasserkunst zur Speisung des Fulda-Diemel-Kanals vor. Der zu diesem Zwecke im Jahre 1700 gegossene Dampfcylinder wird noch heute im Museum zu Kassel auf- bewahrt und erweckte im Jahre 1879 auf Anregung des Geheimrat Reuleaux in der Londoner "Ausstellung wissenschaftlicher Apparate" das Interesse weitester Kreise. Wirklich in Thätigkeit ist aber diese Pump- maschine niemals gewesen. Ja sogar zum Antrieb eines Schiffes ver- wendete Papin seine Dampfmaschine. Als er sich auf diesem ersten Dampfschiffe die Weser hinab nach England begeben wollte, wurde ihm dasselbe von Schiffern, welche instinktiv die ihnen drohende Con- currenz ahnten, zertrümmert. Nach zahlreichen Enttäuschungen starb
Die Dampfmaſchinen.
Alle dieſe Vorläufer müſſen zurückſtehen hinter dem Namen des- jenigen Mannes, welchem es, nachdem die phyſikaliſchen Kenntniſſe von dem Weſen des Luftdruckes durch Galilei, Torricelli und Otto v. Gericke in völlig neue Bahnen gelenkt waren, endlich gelang, auf Grund wiſſenſchaftlicher Kenntniſſe die erſte, grundlegende Erfindung auf dem Gebiete des Dampfmaſchinenbaues zu machen. Es iſt dieſes der franzöſiſche Arzt Dionyſius Papin, geboren 1647 zu Blois. An- geregt durch den bekannten Huygens hatte ſich Papin dem Studium der Phyſik mit großem Eifer zugewendet und nach dieſer Richtung bereits in Paris und London ſehr wertvolle Arbeiten veröffentlicht; wir erinnern nur an den noch heute bekannten Papin’ſchen Kochtopf, in welchem geſpannter Dampf zum Kochen Verwendung findet. Eine gewiſſe Unſtetigkeit des Weſens ließ dieſen bedeutenden Mann aber nirgends zu längerer Ruhe gelangen, und dieſe Untugend ſollte denn auch die Urſache ſein, weswegen ein durchſchlagender und nachhaltiger Erfolg erſt von den auf Papin’s Schultern ſtehenden Epigonen erzielt wurde. Nach mehrfachen Aufenthalten in Paris, London und Venedig finden wir Papin im Jahre 1687 als Profeſſor der Mathematik an der Univerſität zu Marburg. Hier entdeckte er die wichtige Eigenſchaft des Dampfes ſich niederzuſchlagen und eine Luftleere zu bilden, wenn er abgekühlt wird; er hatte ſomit das hochwichtige Prinzip der Kondenſation des Dampfes und deren Folgewirkungen entdeckt. Es handelte ſich nunmehr noch darum, dieſe wichtige Errungenſchaft für den Bau der Dampfmaſchinen praktiſch auszunutzen. Papin that dies folgendermaßen. Unterhalb des Kolbens einer gewöhnlichen, damals bereits bekannten Pumpe, führte er Dampf in den Pumpencylinder ein; die Folge hiervon war, daß der Kolben in dem Cylinder empor- ſtieg. Hatte der Kolben ſeinen höchſten Stand erreicht, ſo wurde er mittels eines Riegels feſtgeſtellt, worauf dann der Dampf unterhalb desſelben ſich alsbald abkühlte, kondenſirte und ein Vakuum bildete. Wurde alsdann der Riegel, welcher den Kolben feſthielt, entfernt, ſo wurde letzterer durch den auf ihm laſtenden Druck der Atmoſphäre abwärts getrieben. So unvollkommen dieſe erſte Dampfmaſchine nach unſeren heutigen Begriffen auch war, ſo ging der Landgraf Karl von Heſſen doch ſchon mit dem Bau einer Dampf-Waſſerkunſt zur Speiſung des Fulda-Diemel-Kanals vor. Der zu dieſem Zwecke im Jahre 1700 gegoſſene Dampfcylinder wird noch heute im Muſeum zu Kaſſel auf- bewahrt und erweckte im Jahre 1879 auf Anregung des Geheimrat Reuleaux in der Londoner „Ausſtellung wiſſenſchaftlicher Apparate“ das Intereſſe weiteſter Kreiſe. Wirklich in Thätigkeit iſt aber dieſe Pump- maſchine niemals geweſen. Ja ſogar zum Antrieb eines Schiffes ver- wendete Papin ſeine Dampfmaſchine. Als er ſich auf dieſem erſten Dampfſchiffe die Weſer hinab nach England begeben wollte, wurde ihm dasſelbe von Schiffern, welche inſtinktiv die ihnen drohende Con- currenz ahnten, zertrümmert. Nach zahlreichen Enttäuſchungen ſtarb
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Die Dampfmaſchinen.
Alle dieſe Vorläufer müſſen zurückſtehen hinter dem Namen des-
jenigen Mannes, welchem es, nachdem die phyſikaliſchen Kenntniſſe von
dem Weſen des Luftdruckes durch Galilei, Torricelli und Otto v. Gericke
in völlig neue Bahnen gelenkt waren, endlich gelang, auf Grund
wiſſenſchaftlicher Kenntniſſe die erſte, grundlegende Erfindung auf dem
Gebiete des Dampfmaſchinenbaues zu machen. Es iſt dieſes der
franzöſiſche Arzt Dionyſius Papin, geboren 1647 zu Blois. An-
geregt durch den bekannten Huygens hatte ſich Papin dem Studium
der Phyſik mit großem Eifer zugewendet und nach dieſer Richtung
bereits in Paris und London ſehr wertvolle Arbeiten veröffentlicht;
wir erinnern nur an den noch heute bekannten Papin’ſchen Kochtopf,
in welchem geſpannter Dampf zum Kochen Verwendung findet. Eine
gewiſſe Unſtetigkeit des Weſens ließ dieſen bedeutenden Mann aber
nirgends zu längerer Ruhe gelangen, und dieſe Untugend ſollte denn
auch die Urſache ſein, weswegen ein durchſchlagender und nachhaltiger
Erfolg erſt von den auf Papin’s Schultern ſtehenden Epigonen erzielt
wurde. Nach mehrfachen Aufenthalten in Paris, London und Venedig
finden wir Papin im Jahre 1687 als Profeſſor der Mathematik an
der Univerſität zu Marburg. Hier entdeckte er die wichtige Eigenſchaft
des Dampfes ſich niederzuſchlagen und eine Luftleere zu bilden, wenn
er abgekühlt wird; er hatte ſomit das hochwichtige Prinzip der
Kondenſation des Dampfes und deren Folgewirkungen entdeckt. Es
handelte ſich nunmehr noch darum, dieſe wichtige Errungenſchaft für
den Bau der Dampfmaſchinen praktiſch auszunutzen. Papin that dies
folgendermaßen. Unterhalb des Kolbens einer gewöhnlichen, damals
bereits bekannten Pumpe, führte er Dampf in den Pumpencylinder
ein; die Folge hiervon war, daß der Kolben in dem Cylinder empor-
ſtieg. Hatte der Kolben ſeinen höchſten Stand erreicht, ſo wurde er
mittels eines Riegels feſtgeſtellt, worauf dann der Dampf unterhalb
desſelben ſich alsbald abkühlte, kondenſirte und ein Vakuum bildete.
Wurde alsdann der Riegel, welcher den Kolben feſthielt, entfernt, ſo
wurde letzterer durch den auf ihm laſtenden Druck der Atmoſphäre
abwärts getrieben. So unvollkommen dieſe erſte Dampfmaſchine nach
unſeren heutigen Begriffen auch war, ſo ging der Landgraf Karl von
Heſſen doch ſchon mit dem Bau einer Dampf-Waſſerkunſt zur Speiſung des
Fulda-Diemel-Kanals vor. Der zu dieſem Zwecke im Jahre 1700
gegoſſene Dampfcylinder wird noch heute im Muſeum zu Kaſſel auf-
bewahrt und erweckte im Jahre 1879 auf Anregung des Geheimrat
Reuleaux in der Londoner „Ausſtellung wiſſenſchaftlicher Apparate“
das Intereſſe weiteſter Kreiſe. Wirklich in Thätigkeit iſt aber dieſe Pump-
maſchine niemals geweſen. Ja ſogar zum Antrieb eines Schiffes ver-
wendete Papin ſeine Dampfmaſchine. Als er ſich auf dieſem erſten
Dampfſchiffe die Weſer hinab nach England begeben wollte, wurde
ihm dasſelbe von Schiffern, welche inſtinktiv die ihnen drohende Con-
currenz ahnten, zertrümmert. Nach zahlreichen Enttäuſchungen ſtarb
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/105>, abgerufen am 25.11.2024.
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