ganz allmählich an die Zimmerluft übertragen zu werden. Man unter- scheidet Leitungsöfen aus Gußeisen, Massenöfen aus gebrannten Thon- kacheln und gemischte Öfen aus beiden Materialien. Diese letzteren strahlen sehr verschieden starke Wärme aus; das Gußeisen giebt in derselben Zeit etwa 16 mal so viel Wärme ab, wie Thonkacheln. Eiserne Öfen erkalten darum aber um so viel rascher, als Kachelöfen. Sie sind ihres billigen Preises und ihrer leichten Aufstellung wegen noch immer sehr verbreitet. Im Norden, besonders in Schweden und Rußland findet man die Massenöfen, gewaltige Steinkolosse aus Kacheln, die in ihrer soliden Steinmasse die Wärme der lange durchgeführten Feuerung aufnehmen und sie sehr langsam und regelmäßig ausströmen. In Mitteleuropa findet man die gemischten Öfen; sie sind auch aus Kacheln gebaut, enthalten aber eiserne Röhrenleitungen, durch welche die Wärme an die Ofenwände übertragen wird. Zuweilen findet man sie auch mit gußeisernem Untergestell und Rostfeuerung, wie z. B. in Holstein.
Ein wesentlicher Punkt für die richtige Ausnutzung der Öfen ist die Zugregulierung und der völlige Abschluß des Zuges nach dem Ausbrennen. Dieser letztere kann entweder durch eine Klappe im Ab- zugsrohr oder durch hermetisch verschließbare Ofenthüren bewirkt werden. Die Gefährlichkeit der Rauchklappe ist längst erwiesen und sie daher, häufig gegen den Willen der Bewohner, abgeschafft worden. Wird nämlich die Klappe zu früh geschlossen, so bildet sich das giftige Kohlenoxyd, welches dann am gefährlichsten ist, wenn es ohne gleichzeitige Rauch- entwicklung unmerklich in das Zimmer entweicht. Gut angelegte her- metisch schließende Thüren bildeten einen vollkommenen Ersatz für die Klappe; werden sie schlecht besorgt, so kann höchstens ein Wärmever- lust, nie aber eine Gefährdung der Gesundheit die Folge sein. Während die Schädlichkeit der Ofenklappe allgemein anerkannt wird, hat sich herausgestellt, daß das Entweichen von Kohlenoxyd, wie man es den kleinen eisernen Öfen, besonders, wenn sie ins Glühen geraten, zuschrieb, ganz oder zum allergrößten Teil auf Einbildung beruht. Im schlimmsten Falle können, selbst durch glühende eiserne Wände, nur so verschwindend kleine Mengen Kohlenoxyd ausströmen, daß sie ohne Schaden ein- geatmet werden können; die giftige Wirkung beginnt eben erst bei einem ganz bestimmten Prozentgehalt der Luft.
Eine besondere, in neuerer Zeit sehr in Aufnahme gekommene Art von rein eisernen Öfen sind die Regulierfüllöfen. Es möge hier nur das Prinzip derselben in der Konstruktion von Meydinger erörtert werden, Die Form des Ofens ist cylindrisch; das Brennmaterial, Steinkohle oder besser Anthracit, wird zerkleinert in einen senkrechten mit Rost versehenen Cylinder eingefüllt. Man zündet oben an; die kalte Luft dringt durch die Zwischenräume des Materials, so daß die Verbrennung ganz langsam von oben nach unten fortschreitet. Der Cylinder ist mit mehrfachen Mänteln von Eisenblech umgeben, zwischen denen ebenfalls
Heizung.
ganz allmählich an die Zimmerluft übertragen zu werden. Man unter- ſcheidet Leitungsöfen aus Gußeiſen, Maſſenöfen aus gebrannten Thon- kacheln und gemiſchte Öfen aus beiden Materialien. Dieſe letzteren ſtrahlen ſehr verſchieden ſtarke Wärme aus; das Gußeiſen giebt in derſelben Zeit etwa 16 mal ſo viel Wärme ab, wie Thonkacheln. Eiſerne Öfen erkalten darum aber um ſo viel raſcher, als Kachelöfen. Sie ſind ihres billigen Preiſes und ihrer leichten Aufſtellung wegen noch immer ſehr verbreitet. Im Norden, beſonders in Schweden und Rußland findet man die Maſſenöfen, gewaltige Steinkoloſſe aus Kacheln, die in ihrer ſoliden Steinmaſſe die Wärme der lange durchgeführten Feuerung aufnehmen und ſie ſehr langſam und regelmäßig ausſtrömen. In Mitteleuropa findet man die gemiſchten Öfen; ſie ſind auch aus Kacheln gebaut, enthalten aber eiſerne Röhrenleitungen, durch welche die Wärme an die Ofenwände übertragen wird. Zuweilen findet man ſie auch mit gußeiſernem Untergeſtell und Roſtfeuerung, wie z. B. in Holſtein.
Ein weſentlicher Punkt für die richtige Ausnutzung der Öfen iſt die Zugregulierung und der völlige Abſchluß des Zuges nach dem Ausbrennen. Dieſer letztere kann entweder durch eine Klappe im Ab- zugsrohr oder durch hermetiſch verſchließbare Ofenthüren bewirkt werden. Die Gefährlichkeit der Rauchklappe iſt längſt erwieſen und ſie daher, häufig gegen den Willen der Bewohner, abgeſchafft worden. Wird nämlich die Klappe zu früh geſchloſſen, ſo bildet ſich das giftige Kohlenoxyd, welches dann am gefährlichſten iſt, wenn es ohne gleichzeitige Rauch- entwicklung unmerklich in das Zimmer entweicht. Gut angelegte her- metiſch ſchließende Thüren bildeten einen vollkommenen Erſatz für die Klappe; werden ſie ſchlecht beſorgt, ſo kann höchſtens ein Wärmever- luſt, nie aber eine Gefährdung der Geſundheit die Folge ſein. Während die Schädlichkeit der Ofenklappe allgemein anerkannt wird, hat ſich herausgeſtellt, daß das Entweichen von Kohlenoxyd, wie man es den kleinen eiſernen Öfen, beſonders, wenn ſie ins Glühen geraten, zuſchrieb, ganz oder zum allergrößten Teil auf Einbildung beruht. Im ſchlimmſten Falle können, ſelbſt durch glühende eiſerne Wände, nur ſo verſchwindend kleine Mengen Kohlenoxyd ausſtrömen, daß ſie ohne Schaden ein- geatmet werden können; die giftige Wirkung beginnt eben erſt bei einem ganz beſtimmten Prozentgehalt der Luft.
Eine beſondere, in neuerer Zeit ſehr in Aufnahme gekommene Art von rein eiſernen Öfen ſind die Regulierfüllöfen. Es möge hier nur das Prinzip derſelben in der Konſtruktion von Meydinger erörtert werden, Die Form des Ofens iſt cylindriſch; das Brennmaterial, Steinkohle oder beſſer Anthracit, wird zerkleinert in einen ſenkrechten mit Roſt verſehenen Cylinder eingefüllt. Man zündet oben an; die kalte Luft dringt durch die Zwiſchenräume des Materials, ſo daß die Verbrennung ganz langſam von oben nach unten fortſchreitet. Der Cylinder iſt mit mehrfachen Mänteln von Eiſenblech umgeben, zwiſchen denen ebenfalls
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0348"n="330"/><fwplace="top"type="header">Heizung.</fw><lb/>
ganz allmählich an die Zimmerluft übertragen zu werden. Man unter-<lb/>ſcheidet Leitungsöfen aus Gußeiſen, Maſſenöfen aus gebrannten Thon-<lb/>
kacheln und gemiſchte Öfen aus beiden Materialien. Dieſe letzteren<lb/>ſtrahlen ſehr verſchieden ſtarke Wärme aus; das Gußeiſen giebt in<lb/>
derſelben Zeit etwa 16 mal ſo viel Wärme ab, wie Thonkacheln.<lb/>
Eiſerne Öfen erkalten darum aber um ſo viel raſcher, als Kachelöfen.<lb/>
Sie ſind ihres billigen Preiſes und ihrer leichten Aufſtellung wegen<lb/>
noch immer ſehr verbreitet. Im Norden, beſonders in Schweden und<lb/>
Rußland findet man die Maſſenöfen, gewaltige Steinkoloſſe aus Kacheln,<lb/>
die in ihrer ſoliden Steinmaſſe die Wärme der lange durchgeführten<lb/>
Feuerung aufnehmen und ſie ſehr langſam und regelmäßig ausſtrömen.<lb/>
In Mitteleuropa findet man die gemiſchten Öfen; ſie ſind auch aus<lb/>
Kacheln gebaut, enthalten aber eiſerne Röhrenleitungen, durch welche<lb/>
die Wärme an die Ofenwände übertragen wird. Zuweilen findet man<lb/>ſie auch mit gußeiſernem Untergeſtell und Roſtfeuerung, wie z. B. in<lb/>
Holſtein.</p><lb/><p>Ein weſentlicher Punkt für die richtige Ausnutzung der Öfen iſt<lb/>
die Zugregulierung und der völlige Abſchluß des Zuges nach dem<lb/>
Ausbrennen. Dieſer letztere kann entweder durch eine Klappe im Ab-<lb/>
zugsrohr oder durch hermetiſch verſchließbare Ofenthüren bewirkt werden.<lb/>
Die Gefährlichkeit der Rauchklappe iſt längſt erwieſen und ſie daher,<lb/>
häufig gegen den Willen der Bewohner, abgeſchafft worden. Wird nämlich<lb/>
die Klappe zu früh geſchloſſen, ſo bildet ſich das giftige Kohlenoxyd,<lb/>
welches dann am gefährlichſten iſt, wenn es ohne gleichzeitige Rauch-<lb/>
entwicklung unmerklich in das Zimmer entweicht. Gut angelegte her-<lb/>
metiſch ſchließende Thüren bildeten einen vollkommenen Erſatz für die<lb/>
Klappe; werden ſie ſchlecht beſorgt, ſo kann höchſtens ein Wärmever-<lb/>
luſt, nie aber eine Gefährdung der Geſundheit die Folge ſein. Während<lb/>
die Schädlichkeit der Ofenklappe allgemein anerkannt wird, hat ſich<lb/>
herausgeſtellt, daß das Entweichen von Kohlenoxyd, wie man es den<lb/>
kleinen eiſernen Öfen, beſonders, wenn ſie ins Glühen geraten, zuſchrieb,<lb/>
ganz oder zum allergrößten Teil auf Einbildung beruht. Im ſchlimmſten<lb/>
Falle können, ſelbſt durch glühende eiſerne Wände, nur ſo verſchwindend<lb/>
kleine Mengen Kohlenoxyd ausſtrömen, daß ſie ohne Schaden ein-<lb/>
geatmet werden können; die giftige Wirkung beginnt eben erſt bei einem<lb/>
ganz beſtimmten Prozentgehalt der Luft.</p><lb/><p>Eine beſondere, in neuerer Zeit ſehr in Aufnahme gekommene Art<lb/>
von rein eiſernen Öfen ſind die Regulierfüllöfen. Es möge hier nur das<lb/>
Prinzip derſelben in der Konſtruktion von Meydinger erörtert werden,<lb/>
Die Form des Ofens iſt cylindriſch; das Brennmaterial, Steinkohle<lb/>
oder beſſer Anthracit, wird zerkleinert in einen ſenkrechten mit Roſt<lb/>
verſehenen Cylinder eingefüllt. Man zündet oben an; die kalte Luft<lb/>
dringt durch die Zwiſchenräume des Materials, ſo daß die Verbrennung<lb/>
ganz langſam von oben nach unten fortſchreitet. Der Cylinder iſt mit<lb/>
mehrfachen Mänteln von Eiſenblech umgeben, zwiſchen denen ebenfalls<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[330/0348]
Heizung.
ganz allmählich an die Zimmerluft übertragen zu werden. Man unter-
ſcheidet Leitungsöfen aus Gußeiſen, Maſſenöfen aus gebrannten Thon-
kacheln und gemiſchte Öfen aus beiden Materialien. Dieſe letzteren
ſtrahlen ſehr verſchieden ſtarke Wärme aus; das Gußeiſen giebt in
derſelben Zeit etwa 16 mal ſo viel Wärme ab, wie Thonkacheln.
Eiſerne Öfen erkalten darum aber um ſo viel raſcher, als Kachelöfen.
Sie ſind ihres billigen Preiſes und ihrer leichten Aufſtellung wegen
noch immer ſehr verbreitet. Im Norden, beſonders in Schweden und
Rußland findet man die Maſſenöfen, gewaltige Steinkoloſſe aus Kacheln,
die in ihrer ſoliden Steinmaſſe die Wärme der lange durchgeführten
Feuerung aufnehmen und ſie ſehr langſam und regelmäßig ausſtrömen.
In Mitteleuropa findet man die gemiſchten Öfen; ſie ſind auch aus
Kacheln gebaut, enthalten aber eiſerne Röhrenleitungen, durch welche
die Wärme an die Ofenwände übertragen wird. Zuweilen findet man
ſie auch mit gußeiſernem Untergeſtell und Roſtfeuerung, wie z. B. in
Holſtein.
Ein weſentlicher Punkt für die richtige Ausnutzung der Öfen iſt
die Zugregulierung und der völlige Abſchluß des Zuges nach dem
Ausbrennen. Dieſer letztere kann entweder durch eine Klappe im Ab-
zugsrohr oder durch hermetiſch verſchließbare Ofenthüren bewirkt werden.
Die Gefährlichkeit der Rauchklappe iſt längſt erwieſen und ſie daher,
häufig gegen den Willen der Bewohner, abgeſchafft worden. Wird nämlich
die Klappe zu früh geſchloſſen, ſo bildet ſich das giftige Kohlenoxyd,
welches dann am gefährlichſten iſt, wenn es ohne gleichzeitige Rauch-
entwicklung unmerklich in das Zimmer entweicht. Gut angelegte her-
metiſch ſchließende Thüren bildeten einen vollkommenen Erſatz für die
Klappe; werden ſie ſchlecht beſorgt, ſo kann höchſtens ein Wärmever-
luſt, nie aber eine Gefährdung der Geſundheit die Folge ſein. Während
die Schädlichkeit der Ofenklappe allgemein anerkannt wird, hat ſich
herausgeſtellt, daß das Entweichen von Kohlenoxyd, wie man es den
kleinen eiſernen Öfen, beſonders, wenn ſie ins Glühen geraten, zuſchrieb,
ganz oder zum allergrößten Teil auf Einbildung beruht. Im ſchlimmſten
Falle können, ſelbſt durch glühende eiſerne Wände, nur ſo verſchwindend
kleine Mengen Kohlenoxyd ausſtrömen, daß ſie ohne Schaden ein-
geatmet werden können; die giftige Wirkung beginnt eben erſt bei einem
ganz beſtimmten Prozentgehalt der Luft.
Eine beſondere, in neuerer Zeit ſehr in Aufnahme gekommene Art
von rein eiſernen Öfen ſind die Regulierfüllöfen. Es möge hier nur das
Prinzip derſelben in der Konſtruktion von Meydinger erörtert werden,
Die Form des Ofens iſt cylindriſch; das Brennmaterial, Steinkohle
oder beſſer Anthracit, wird zerkleinert in einen ſenkrechten mit Roſt
verſehenen Cylinder eingefüllt. Man zündet oben an; die kalte Luft
dringt durch die Zwiſchenräume des Materials, ſo daß die Verbrennung
ganz langſam von oben nach unten fortſchreitet. Der Cylinder iſt mit
mehrfachen Mänteln von Eiſenblech umgeben, zwiſchen denen ebenfalls
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/348>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.