der Luftdruck eines nahen Sprengschusses den Drahtcylinder trifft. Aus diesem Grunde wendet man heute zwar den Lampen noch die nötige Sorgfalt zu, im wesentlichen richtet man aber sein Augenmerk auf eine möglichst vollkommene Ventilation der Gruben, um so die Gefahr im Keim zu ersticken.
3. Gasförmige Teuchtstoffe; Gasbeleuchtung.
Im Gegensatz zu den bisher behandelten Beleuchtungsstoffen, welche beim Brennen von selbst in Gasform übergehen, kennt man eine größere Zahl von Mineralien, welche zwar brennbare und leucht- fähige Gase in reicher Menge enthalten, diese aber nur durch sehr starke Hitze frei geben. Um diese gasförmigen Leuchtstoffe zu verwerten, müssen die sie enthaltenden Körper daher vorgängig fabrikmäßig be- handelt worden; die Produkte werden dann in Reservoiren aufgesammelt, und aus diesen den Beleuchtungsstellen durch Röhrenleitungen zugeführt.
Die Erfindung der Gasbeleuchtung ist verhältnismäßig neu. Zwar war schon im 17. Jahrhundert bekannt geworden, daß Steinkohlen beim Erhitzen ein mit leuchtender Flamme brennendes Gas liefern, und einzelne Personen hatten Leuchtgas aus verschiedenen Materialien gegen Ende des vorigen Jahrhunderts zu ihren Privatzwecken gebraucht. So Lord Dundonald, welcher das aus Koksöfen entweichende Gas zur Beleuchtung seines Landhauses benutzte und Lebon, welcher um dieselbe Zeit Leuchtgas aus Knochenfett herstellte. Erst dem Schotten Murdoch gelang es, die Leuchtgasverwendung im weiteren Umfange einzuführen. 1792 beleuchtete er sein Haus und seine Werkstatt zu Redeuth in Cornwallis mit Gas aus Steinkohlen, 1798 führte er dieselbe Ein- richtung mit Erfolg in einer der ersten und größten Maschinenfabriken, der von Boulton und Watt in Soho, ein. Der Amerikaner Henfrey beleuchtete 1801 einen Saal in Baltimore mit Gas; diese Thatsache erregte in Amerika derartiges Aufsehen, daß von nun an die Leucht- gasfabrikation und die Gasbeleuchtung in Amerika viel schnellere Fort- schritte machte, als in Europa. Murdochs Schüler, Samuel Clegg, dem die Gasindustrie später sehr viel verdankte, führte im Jahre 1814 die Straßenbeleuchtung mittels Gases in London ein. Deutsche Städte folgten langsam nach. 1816 wurden die Hüttenwerke von Freiberg beleuchtet, 1825 Hannover, 1826 Berlin, 1828 Dresden und Frankfurt, 1838 Leipzig. Clegg verdankt man die Erfindung der Kalkreinigung und der Gasuhr, Philipps und Laming die Erfindung der Eisenreiniger. 1868 waren bereits 530 deutsche Städte mit Gas beleuchtet; 1885 gab es in Deutschland 1257 Gasanstalten. Die Konkurrenz des elektrischen Lichtes, von der man zuerst eine Schädigung der Gasindustrie fürchtete, hat im Gegenteil die Gastechniker zu erneuten Anstrengungen an- gespornt, um den Kampf mit der elektrischen Beleuchtung aufzunehmen, so daß heute die Anwendung des Leuchtgases sich noch immer weiter
Beleuchtung.
der Luftdruck eines nahen Sprengſchuſſes den Drahtcylinder trifft. Aus dieſem Grunde wendet man heute zwar den Lampen noch die nötige Sorgfalt zu, im weſentlichen richtet man aber ſein Augenmerk auf eine möglichſt vollkommene Ventilation der Gruben, um ſo die Gefahr im Keim zu erſticken.
3. Gasförmige Teuchtſtoffe; Gasbeleuchtung.
Im Gegenſatz zu den bisher behandelten Beleuchtungsſtoffen, welche beim Brennen von ſelbſt in Gasform übergehen, kennt man eine größere Zahl von Mineralien, welche zwar brennbare und leucht- fähige Gaſe in reicher Menge enthalten, dieſe aber nur durch ſehr ſtarke Hitze frei geben. Um dieſe gasförmigen Leuchtſtoffe zu verwerten, müſſen die ſie enthaltenden Körper daher vorgängig fabrikmäßig be- handelt worden; die Produkte werden dann in Reſervoiren aufgeſammelt, und aus dieſen den Beleuchtungsſtellen durch Röhrenleitungen zugeführt.
Die Erfindung der Gasbeleuchtung iſt verhältnismäßig neu. Zwar war ſchon im 17. Jahrhundert bekannt geworden, daß Steinkohlen beim Erhitzen ein mit leuchtender Flamme brennendes Gas liefern, und einzelne Perſonen hatten Leuchtgas aus verſchiedenen Materialien gegen Ende des vorigen Jahrhunderts zu ihren Privatzwecken gebraucht. So Lord Dundonald, welcher das aus Koksöfen entweichende Gas zur Beleuchtung ſeines Landhauſes benutzte und Lebon, welcher um dieſelbe Zeit Leuchtgas aus Knochenfett herſtellte. Erſt dem Schotten Murdoch gelang es, die Leuchtgasverwendung im weiteren Umfange einzuführen. 1792 beleuchtete er ſein Haus und ſeine Werkſtatt zu Redeuth in Cornwallis mit Gas aus Steinkohlen, 1798 führte er dieſelbe Ein- richtung mit Erfolg in einer der erſten und größten Maſchinenfabriken, der von Boulton und Watt in Soho, ein. Der Amerikaner Henfrey beleuchtete 1801 einen Saal in Baltimore mit Gas; dieſe Thatſache erregte in Amerika derartiges Aufſehen, daß von nun an die Leucht- gasfabrikation und die Gasbeleuchtung in Amerika viel ſchnellere Fort- ſchritte machte, als in Europa. Murdochs Schüler, Samuel Clegg, dem die Gasinduſtrie ſpäter ſehr viel verdankte, führte im Jahre 1814 die Straßenbeleuchtung mittels Gaſes in London ein. Deutſche Städte folgten langſam nach. 1816 wurden die Hüttenwerke von Freiberg beleuchtet, 1825 Hannover, 1826 Berlin, 1828 Dresden und Frankfurt, 1838 Leipzig. Clegg verdankt man die Erfindung der Kalkreinigung und der Gasuhr, Philipps und Laming die Erfindung der Eiſenreiniger. 1868 waren bereits 530 deutſche Städte mit Gas beleuchtet; 1885 gab es in Deutſchland 1257 Gasanſtalten. Die Konkurrenz des elektriſchen Lichtes, von der man zuerſt eine Schädigung der Gasinduſtrie fürchtete, hat im Gegenteil die Gastechniker zu erneuten Anſtrengungen an- geſpornt, um den Kampf mit der elektriſchen Beleuchtung aufzunehmen, ſo daß heute die Anwendung des Leuchtgaſes ſich noch immer weiter
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Beleuchtung.
der Luftdruck eines nahen Sprengſchuſſes den Drahtcylinder trifft.
Aus dieſem Grunde wendet man heute zwar den Lampen noch die
nötige Sorgfalt zu, im weſentlichen richtet man aber ſein Augenmerk
auf eine möglichſt vollkommene Ventilation der Gruben, um ſo die
Gefahr im Keim zu erſticken.
3. Gasförmige Teuchtſtoffe; Gasbeleuchtung.
Im Gegenſatz zu den bisher behandelten Beleuchtungsſtoffen,
welche beim Brennen von ſelbſt in Gasform übergehen, kennt man
eine größere Zahl von Mineralien, welche zwar brennbare und leucht-
fähige Gaſe in reicher Menge enthalten, dieſe aber nur durch ſehr
ſtarke Hitze frei geben. Um dieſe gasförmigen Leuchtſtoffe zu verwerten,
müſſen die ſie enthaltenden Körper daher vorgängig fabrikmäßig be-
handelt worden; die Produkte werden dann in Reſervoiren aufgeſammelt,
und aus dieſen den Beleuchtungsſtellen durch Röhrenleitungen zugeführt.
Die Erfindung der Gasbeleuchtung iſt verhältnismäßig neu. Zwar
war ſchon im 17. Jahrhundert bekannt geworden, daß Steinkohlen beim
Erhitzen ein mit leuchtender Flamme brennendes Gas liefern, und
einzelne Perſonen hatten Leuchtgas aus verſchiedenen Materialien gegen
Ende des vorigen Jahrhunderts zu ihren Privatzwecken gebraucht.
So Lord Dundonald, welcher das aus Koksöfen entweichende Gas zur
Beleuchtung ſeines Landhauſes benutzte und Lebon, welcher um dieſelbe
Zeit Leuchtgas aus Knochenfett herſtellte. Erſt dem Schotten Murdoch
gelang es, die Leuchtgasverwendung im weiteren Umfange einzuführen.
1792 beleuchtete er ſein Haus und ſeine Werkſtatt zu Redeuth in
Cornwallis mit Gas aus Steinkohlen, 1798 führte er dieſelbe Ein-
richtung mit Erfolg in einer der erſten und größten Maſchinenfabriken,
der von Boulton und Watt in Soho, ein. Der Amerikaner Henfrey
beleuchtete 1801 einen Saal in Baltimore mit Gas; dieſe Thatſache
erregte in Amerika derartiges Aufſehen, daß von nun an die Leucht-
gasfabrikation und die Gasbeleuchtung in Amerika viel ſchnellere Fort-
ſchritte machte, als in Europa. Murdochs Schüler, Samuel Clegg,
dem die Gasinduſtrie ſpäter ſehr viel verdankte, führte im Jahre 1814
die Straßenbeleuchtung mittels Gaſes in London ein. Deutſche Städte
folgten langſam nach. 1816 wurden die Hüttenwerke von Freiberg
beleuchtet, 1825 Hannover, 1826 Berlin, 1828 Dresden und Frankfurt,
1838 Leipzig. Clegg verdankt man die Erfindung der Kalkreinigung
und der Gasuhr, Philipps und Laming die Erfindung der Eiſenreiniger.
1868 waren bereits 530 deutſche Städte mit Gas beleuchtet; 1885 gab
es in Deutſchland 1257 Gasanſtalten. Die Konkurrenz des elektriſchen
Lichtes, von der man zuerſt eine Schädigung der Gasinduſtrie fürchtete,
hat im Gegenteil die Gastechniker zu erneuten Anſtrengungen an-
geſpornt, um den Kampf mit der elektriſchen Beleuchtung aufzunehmen,
ſo daß heute die Anwendung des Leuchtgaſes ſich noch immer weiter
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/316>, abgerufen am 26.11.2024.
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