Siebender Abschnitt. Nachrede an diejenigen, denen bey Durchlesung dieser Schrift das Ge- wissen Vorwürfe machte.
Das öffentliche Leben der Menschen ist oft mit einer Schaubühne verglichen wor- den, wo die handelnden Personen sich nie in ihrer wahren Gesichtsfarbe, Miene, Cha- rakter und Kleidung zeigen, sondern alles dieses nach der Rolle formen, die ihnen zu- ge heilt ist, wo diese wie eine Rose blüht, deren Farbe Wollust und Gram verzehrt na- ben, und jener mit muthwilligem Scherze die Zuhörer belustigt, der noch vor einigen Stunden verzweifeln wollte.
Dieses Bild, wenn es auch nicht ganz getroffen seyn sollte, hat doch mit dem öf- fentlichen Leben der Menschen wenigstens
viele
Siebender Abschnitt. Nachrede an diejenigen, denen bey Durchleſung dieſer Schrift das Ge- wiſſen Vorwürfe machte.
Das öffentliche Leben der Menſchen iſt oft mit einer Schaubühne verglichen wor- den, wo die handelnden Perſonen ſich nie in ihrer wahren Geſichtsfarbe, Miene, Cha- rakter und Kleidung zeigen, ſondern alles dieſes nach der Rolle formen, die ihnen zu- ge heilt iſt, wo dieſe wie eine Roſe blüht, deren Farbe Wolluſt und Gram verzehrt na- ben, und jener mit muthwilligem Scherze die Zuhörer beluſtigt, der noch vor einigen Stunden verzweifeln wollte.
Dieſes Bild, wenn es auch nicht ganz getroffen ſeyn ſollte, hat doch mit dem öf- fentlichen Leben der Menſchen wenigſtens
viele
<TEI><text><body><pbfacs="#f0327"n="317"/><divn="1"><head><hirendition="#g"><hirendition="#k">Siebender Abschnitt.</hi></hi><lb/>
Nachrede an diejenigen, denen bey<lb/>
Durchleſung dieſer Schrift das Ge-<lb/>
wiſſen Vorwürfe machte.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>as öffentliche Leben der Menſchen iſt<lb/>
oft mit einer Schaubühne verglichen wor-<lb/>
den, wo die handelnden Perſonen ſich nie<lb/>
in ihrer wahren Geſichtsfarbe, Miene, Cha-<lb/>
rakter und Kleidung zeigen, ſondern alles<lb/>
dieſes nach der Rolle formen, die ihnen zu-<lb/>
ge heilt iſt, wo dieſe wie eine Roſe blüht,<lb/>
deren Farbe Wolluſt und Gram verzehrt na-<lb/>
ben, und jener mit muthwilligem Scherze<lb/>
die Zuhörer beluſtigt, der noch vor einigen<lb/>
Stunden verzweifeln wollte.</p><lb/><p>Dieſes Bild, wenn es auch nicht ganz<lb/>
getroffen ſeyn ſollte, hat doch mit dem öf-<lb/>
fentlichen Leben der Menſchen wenigſtens<lb/><fwplace="bottom"type="catch">viele</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[317/0327]
Siebender Abschnitt.
Nachrede an diejenigen, denen bey
Durchleſung dieſer Schrift das Ge-
wiſſen Vorwürfe machte.
Das öffentliche Leben der Menſchen iſt
oft mit einer Schaubühne verglichen wor-
den, wo die handelnden Perſonen ſich nie
in ihrer wahren Geſichtsfarbe, Miene, Cha-
rakter und Kleidung zeigen, ſondern alles
dieſes nach der Rolle formen, die ihnen zu-
ge heilt iſt, wo dieſe wie eine Roſe blüht,
deren Farbe Wolluſt und Gram verzehrt na-
ben, und jener mit muthwilligem Scherze
die Zuhörer beluſtigt, der noch vor einigen
Stunden verzweifeln wollte.
Dieſes Bild, wenn es auch nicht ganz
getroffen ſeyn ſollte, hat doch mit dem öf-
fentlichen Leben der Menſchen wenigſtens
viele
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/327>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.