nen Sie das damit reimen, was ich vorher von den, in diesen Zeitraum fallenden, religioesen Gesinnungen von mir schrieb.
Ich fiel in meinem 13ten Jahre ganz von ohngefaehr in diese Sünde. Ich wiederholte sie fast alle 14 Tage, -- denn viel öfterer erinnere ich mich nicht es gethan zu ha- ben, und glaubte ich nicht anders, als dass diess ein eben so unschuldiger Kizzel waere, als wenn bey unsern Spielen, meine Kamma- raden mich unter dem Kinn kizzelten. Mei- ne Gemüthsruhe ward dadurch gar nicht ge- stört; ich konnte eben so freudig beten, selbst unmittelbar vor oder nach begangner That beten, und begieng diess Laster mit so völliger Unschuld, dass ich sicher auch nie angestanden haben würde, es jedem, der mich gefragt haette, ohne Rückhalt und ohne alle Schamröthe, zu entdecken. Auch entstand dabey oder dadurch auch platterdings kein böser sündlicher Gedanke in meeinem Herzen. Ich wusste nichts vom Geschlechtsunterschie- de, noch weniger etwas vom Zeugungsge- schaefte, und nie war bey diesem Kizzel, der damals wegen meiner jungen Jahre, keine
sicht-
nen Sie das damit reimen, was ich vorher von den, in dieſen Zeitraum fallenden, religioeſen Geſinnungen von mir ſchrieb.
Ich fiel in meinem 13ten Jahre ganz von ohngefæhr in dieſe Sünde. Ich wiederholte ſie faſt alle 14 Tage, — denn viel öfterer erinnere ich mich nicht es gethan zu ha- ben, und glaubte ich nicht anders, als daſs dieſs ein eben ſo unſchuldiger Kizzel wære, als wenn bey unſern Spielen, meine Kamma- raden mich unter dem Kinn kizzelten. Mei- ne Gemüthsruhe ward dadurch gar nicht ge- ſtört; ich konnte eben ſo freudig beten, ſelbſt unmittelbar vor oder nach begangner That beten, und begieng dieſs Laſter mit ſo völliger Unſchuld, daſs ich ſicher auch nie angeſtanden haben würde, es jedem, der mich gefragt hætte, ohne Rückhalt und ohne alle Schamröthe, zu entdecken. Auch entſtand dabey oder dadurch auch platterdings kein böſer ſündlicher Gedanke in meînem Herzen. Ich wuſste nichts vom Geſchlechtsunterſchie- de, noch weniger etwas vom Zeugungsge- ſchæfte, und nie war bey dieſem Kizzel, der damals wegen meiner jungen Jahre, keine
ſicht-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0026"n="16"/>
nen Sie das damit reimen, was ich vorher von<lb/>
den, in dieſen Zeitraum fallenden, religioeſen<lb/>
Geſinnungen von mir ſchrieb.</p><lb/><p>Ich fiel in meinem 13ten Jahre ganz von<lb/>
ohngefæhr in dieſe Sünde. Ich wiederholte<lb/>ſie faſt alle 14 Tage, — denn viel öfterer<lb/>
erinnere ich mich nicht es gethan zu ha-<lb/>
ben, und glaubte ich nicht anders, als daſs<lb/>
dieſs ein eben ſo unſchuldiger Kizzel wære,<lb/>
als wenn bey unſern Spielen, meine Kamma-<lb/>
raden mich unter dem Kinn kizzelten. Mei-<lb/>
ne Gemüthsruhe ward dadurch gar nicht ge-<lb/>ſtört; ich konnte eben ſo freudig beten,<lb/>ſelbſt unmittelbar vor oder nach begangner<lb/>
That beten, und begieng dieſs Laſter mit ſo<lb/>
völliger Unſchuld, daſs ich ſicher auch nie<lb/>
angeſtanden haben würde, es jedem, der mich<lb/>
gefragt hætte, ohne Rückhalt und ohne alle<lb/>
Schamröthe, zu entdecken. Auch entſtand<lb/>
dabey oder dadurch auch platterdings kein<lb/>
böſer ſündlicher Gedanke in meînem Herzen.<lb/>
Ich wuſste nichts vom Geſchlechtsunterſchie-<lb/>
de, noch weniger etwas vom Zeugungsge-<lb/>ſchæfte, und nie war bey dieſem Kizzel, der<lb/>
damals wegen meiner jungen Jahre, keine<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſicht-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[16/0026]
nen Sie das damit reimen, was ich vorher von
den, in dieſen Zeitraum fallenden, religioeſen
Geſinnungen von mir ſchrieb.
Ich fiel in meinem 13ten Jahre ganz von
ohngefæhr in dieſe Sünde. Ich wiederholte
ſie faſt alle 14 Tage, — denn viel öfterer
erinnere ich mich nicht es gethan zu ha-
ben, und glaubte ich nicht anders, als daſs
dieſs ein eben ſo unſchuldiger Kizzel wære,
als wenn bey unſern Spielen, meine Kamma-
raden mich unter dem Kinn kizzelten. Mei-
ne Gemüthsruhe ward dadurch gar nicht ge-
ſtört; ich konnte eben ſo freudig beten,
ſelbſt unmittelbar vor oder nach begangner
That beten, und begieng dieſs Laſter mit ſo
völliger Unſchuld, daſs ich ſicher auch nie
angeſtanden haben würde, es jedem, der mich
gefragt hætte, ohne Rückhalt und ohne alle
Schamröthe, zu entdecken. Auch entſtand
dabey oder dadurch auch platterdings kein
böſer ſündlicher Gedanke in meînem Herzen.
Ich wuſste nichts vom Geſchlechtsunterſchie-
de, noch weniger etwas vom Zeugungsge-
ſchæfte, und nie war bey dieſem Kizzel, der
damals wegen meiner jungen Jahre, keine
ſicht-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/26>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.