Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

bedurfte es bey vielen nur einer Berührung
der Beinkleider, oder geringe Bewegung der
Finger, so war die erste Sünde da.

Wem aber diess Laster schon bekannt war,
der hat zur Ausübung Reiz und Gelegenheit
bekommen, durch Gespraeche und schlechten
Umgang, durch dummes Lesen mancher, auch
nicht so böser Bücher, und -- wenn ehe soll
denn Plautus und Terenz in unsern Schulen
abgeschaft werden? Diese geben, statt des
Bissgen römischen Theaterlatein, was wir aus
ihnen lernen könnten, wenn sie besser tra-
ctirt würden, vielmehr zu den haesslichsten
Gedanken Anlass.

II.

Ich erinnere mich noch, wie mir zu Mu-
the gewesen, und was ich empfunden, als
unser Rektor uns öffentlich die Bücher de ar-
te amandi und die libros Amorum erklaerte.
In dem ersten wurde alles das mit gelesen,
was Ovid von den untetschiedlichen Arten des
Beyschlafs erzaehlet, und von den letztern
auch nicht einmal das haessliche Stück, wo

Ovid

bedurfte es bey vielen nur einer Berührung
der Beinkleider, oder geringe Bewegung der
Finger, ſo war die erſte Sünde da.

Wem aber dieſs Laſter ſchon bekannt war,
der hat zur Ausübung Reiz und Gelegenheit
bekommen, durch Geſpræche und ſchlechten
Umgang, durch dummes Leſen mancher, auch
nicht ſo böſer Bücher, und — wenn ehe ſoll
denn Plautus und Terenz in unſern Schulen
abgeſchaft werden? Dieſe geben, ſtatt des
Biſsgen römiſchen Theaterlatein, was wir aus
ihnen lernen könnten, wenn ſie beſser tra-
ctirt würden, vielmehr zu den hæſslichſten
Gedanken Anlaſs.

II.

Ich erinnere mich noch, wie mir zu Mu-
the geweſen, und was ich empfunden, als
unſer Rektor uns öffentlich die Bücher de ar-
te amandi und die libros Amorum erklærte.
In dem erſten wurde alles das mit geleſen,
was Ovid von den untetſchiedlichen Arten des
Beyſchlafs erzæhlet, und von den letztern
auch nicht einmal das hæſsliche Stück, wo

Ovid
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0158" n="148"/>
bedurfte es bey vielen nur einer Berührung<lb/>
der Beinkleider, oder geringe Bewegung der<lb/>
Finger, &#x017F;o war die er&#x017F;te Sünde da.</p><lb/>
            <p>Wem aber die&#x017F;s La&#x017F;ter &#x017F;chon bekannt war,<lb/>
der hat zur Ausübung Reiz und Gelegenheit<lb/>
bekommen, durch Ge&#x017F;præche und &#x017F;chlechten<lb/>
Umgang, durch dummes Le&#x017F;en mancher, auch<lb/>
nicht &#x017F;o bö&#x017F;er Bücher, und &#x2014; wenn ehe &#x017F;oll<lb/>
denn Plautus und Terenz in un&#x017F;ern Schulen<lb/>
abge&#x017F;chaft werden? Die&#x017F;e geben, &#x017F;tatt des<lb/>
Bi&#x017F;sgen römi&#x017F;chen Theaterlatein, was wir aus<lb/>
ihnen lernen könnten, wenn &#x017F;ie be&#x017F;ser tra-<lb/>
ctirt würden, vielmehr zu den hæ&#x017F;slich&#x017F;ten<lb/>
Gedanken Anla&#x017F;s.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">II.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Ich erinnere mich noch, wie mir zu Mu-<lb/>
the gewe&#x017F;en, und was ich empfunden, als<lb/>
un&#x017F;er Rektor uns öffentlich die Bücher de ar-<lb/>
te amandi und die libros Amorum erklærte.<lb/>
In dem er&#x017F;ten wurde alles das mit gele&#x017F;en,<lb/>
was Ovid von den untet&#x017F;chiedlichen Arten des<lb/>
Bey&#x017F;chlafs erzæhlet, und von den letztern<lb/>
auch nicht einmal das hæ&#x017F;sliche Stück, wo<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ovid</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0158] bedurfte es bey vielen nur einer Berührung der Beinkleider, oder geringe Bewegung der Finger, ſo war die erſte Sünde da. Wem aber dieſs Laſter ſchon bekannt war, der hat zur Ausübung Reiz und Gelegenheit bekommen, durch Geſpræche und ſchlechten Umgang, durch dummes Leſen mancher, auch nicht ſo böſer Bücher, und — wenn ehe ſoll denn Plautus und Terenz in unſern Schulen abgeſchaft werden? Dieſe geben, ſtatt des Biſsgen römiſchen Theaterlatein, was wir aus ihnen lernen könnten, wenn ſie beſser tra- ctirt würden, vielmehr zu den hæſslichſten Gedanken Anlaſs. II. Ich erinnere mich noch, wie mir zu Mu- the geweſen, und was ich empfunden, als unſer Rektor uns öffentlich die Bücher de ar- te amandi und die libros Amorum erklærte. In dem erſten wurde alles das mit geleſen, was Ovid von den untetſchiedlichen Arten des Beyſchlafs erzæhlet, und von den letztern auch nicht einmal das hæſsliche Stück, wo Ovid

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/158
Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/158>, abgerufen am 22.11.2024.