unzüchtiger Roman, der, vermittelst des langen Mantels, leicht verborgen werden konnte. Ihr liebstes Museum, das sie am haeufigsten besuchten, war das heimliche Ge- mach, wo sie Muse genug hatten, ihre Les- begierde zu befriedigen, und ihren unzüch- tigen Gedanken recht nachzuhaengen.
Selbst das Lesen verliebter Romane und Gedichte ist jungen Gemüthern aeusserst ver- derblich, wie ich diess vorhin schon gezeigt habe, da ich von der Schaedlichkeit der frü- hen Cultur redete. Und doch wie zahlreich sind dergleichen Bücher, wie gross die Men- ge von Liedern, in denen der Genuss der Liebe als das höchste Glück des menschlichen Lebens vorgestellt wird! Wie geneigt ist das junge Herz diesem Satze seinen ganzen Beyfall zu schenken! und ist dieses geschehen, was helfen alsdenn alle Empfehlungen der Tugend, der aechten wahren Tugend, die in Geisteskraft und Selbstbeherrschung be- steht?
Ich
unzüchtiger Roman, der, vermittelſt des langen Mantels, leicht verborgen werden konnte. Ihr liebſtes Muſeum, das ſie am hæufigſten beſuchten, war das heimliche Ge- mach, wo ſie Muſe genug hatten, ihre Les- begierde zu befriedigen, und ihren unzüch- tigen Gedanken recht nachzuhængen.
Selbſt das Leſen verliebter Romane und Gedichte iſt jungen Gemüthern æuſſerſt ver- derblich, wie ich dieſs vorhin ſchon gezeigt habe, da ich von der Schædlichkeit der frü- hen Cultur redete. Und doch wie zahlreich ſind dergleichen Bücher, wie groſs die Men- ge von Liedern, in denen der Genuſs der Liebe als das höchſte Glück des menſchlichen Lebens vorgeſtellt wird! Wie geneigt iſt das junge Herz dieſem Satze ſeinen ganzen Beyfall zu ſchenken! und iſt dieſes geſchehen, was helfen alsdenn alle Empfehlungen der Tugend, der æchten wahren Tugend, die in Geiſteskraft und Selbſtbeherrſchung be- ſteht?
Ich
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unzüchtiger Roman, der, vermittelſt des
langen Mantels, leicht verborgen werden
konnte. Ihr liebſtes Muſeum, das ſie am
hæufigſten beſuchten, war das heimliche Ge-
mach, wo ſie Muſe genug hatten, ihre Les-
begierde zu befriedigen, und ihren unzüch-
tigen Gedanken recht nachzuhængen.
Selbſt das Leſen verliebter Romane und
Gedichte iſt jungen Gemüthern æuſſerſt ver-
derblich, wie ich dieſs vorhin ſchon gezeigt
habe, da ich von der Schædlichkeit der frü-
hen Cultur redete. Und doch wie zahlreich
ſind dergleichen Bücher, wie groſs die Men-
ge von Liedern, in denen der Genuſs der
Liebe als das höchſte Glück des menſchlichen
Lebens vorgeſtellt wird! Wie geneigt iſt
das junge Herz dieſem Satze ſeinen ganzen
Beyfall zu ſchenken! und iſt dieſes geſchehen,
was helfen alsdenn alle Empfehlungen der
Tugend, der æchten wahren Tugend, die
in Geiſteskraft und Selbſtbeherrſchung be-
ſteht?
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/156>, abgerufen am 23.11.2024.
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