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Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.

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ändert wird. Weil aber, nach dem Gebote des Evan-
geliums, keine wahre Sinnesänderung geschehen kann,
wenn nicht das ganze Herz von der Sünde weg, und
zu Gott hingewendet wird, und also das höchste Gut
nach allen Kräften zu lieben anfängt: so treibt die
christliche Sittenlehre die Sünder bey allen Anlässen
zum Glauben an den, der ist und sich finden lässet von
denen, die Ihn suchen (Hebr. XI. 6.); zum Vertrauen
auf den Vater, der den zurückkehrenden Sohn freudig
in seine Arme schliesset (Luk. XV. 11-32.); zum Ver-
trauen
auf den Sohn, der sein Leben hingab, um seinen
Schafen ewiges Leben zu geben (Joh. X. 15. 28.), und
der mit seinem Blute reiniget, was unrein ist (I. Joh.
II. 2.); zur Liebe gegen das liebenswürdigste Wesen,
das den Menschen gut haben will, um ihn selig zu ma-
chen (Matth. XXII. 37.); zur Erkenntniss und Bekennt-
niss
der Sünde (I. Joh. I. 9.); zum Gebete um den guten
Geist, ohne den in uns kein guter Sinn werden kann
(Luk. XI. 13. Joh. III. 5.); zum zerschlagenen, reu-
vollen Sinn
, den Gott nicht verschmähen kann, und
der dem guten Sinne Platz machen muss (Luk. XV.
20. 21.); zum ernsten Entschlusse, den schmalen Weg
zu wandeln, und durch die enge Pforte durchzudrin-
gen (Matth. VII. 13. 14.); zur edlen Verläugnung alles
dessen, was noch nicht mit dem heiligen Willen Got-
tes in uns übereinstimmt (Matth. XVI. 24.), und zum
Nichtzurücksehen, wenn man einmal die Hand an den
Pflug gelegt hat (Luk. IX. 62.)

Die christliche Sittenlehre lehrt also gerade das
was wir alle am meisten bedürfen; was der Leichtsinn

so
E 4

ändert wird. Weil aber, nach dem Gebote des Evan-
geliums, keine wahre Sinnesänderung geſchehen kann,
wenn nicht das ganze Herz von der Sünde weg, und
zu Gott hingewendet wird, und alſo das höchſte Gut
nach allen Kräften zu lieben anfängt: ſo treibt die
chriſtliche Sittenlehre die Sünder bey allen Anläſſen
zum Glauben an den, der iſt und ſich finden läſſet von
denen, die Ihn ſuchen (Hebr. XI. 6.); zum Vertrauen
auf den Vater, der den zurückkehrenden Sohn freudig
in ſeine Arme ſchlieſſet (Luk. XV. 11-32.); zum Ver-
trauen
auf den Sohn, der ſein Leben hingab, um ſeinen
Schafen ewiges Leben zu geben (Joh. X. 15. 28.), und
der mit ſeinem Blute reiniget, was unrein iſt (I. Joh.
II. 2.); zur Liebe gegen das liebenswürdigſte Weſen,
das den Menſchen gut haben will, um ihn ſelig zu ma-
chen (Matth. XXII. 37.); zur Erkenntniſs und Bekennt-
niſs
der Sünde (I. Joh. I. 9.); zum Gebete um den guten
Geiſt, ohne den in uns kein guter Sinn werden kann
(Luk. XI. 13. Joh. III. 5.); zum zerſchlagenen, reu-
vollen Sinn
, den Gott nicht verſchmähen kann, und
der dem guten Sinne Platz machen muſs (Luk. XV.
20. 21.); zum ernſten Entſchluſſe, den ſchmalen Weg
zu wandeln, und durch die enge Pforte durchzudrin-
gen (Matth. VII. 13. 14.); zur edlen Verläugnung alles
deſſen, was noch nicht mit dem heiligen Willen Got-
tes in uns übereinſtimmt (Matth. XVI. 24.), und zum
Nichtzurückſehen, wenn man einmal die Hand an den
Pflug gelegt hat (Luk. IX. 62.)

Die chriſtliche Sittenlehre lehrt alſo gerade das
was wir alle am meiſten bedürfen; was der Leichtſinn

ſo
E 4
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[71/0085] ändert wird. Weil aber, nach dem Gebote des Evan- geliums, keine wahre Sinnesänderung geſchehen kann, wenn nicht das ganze Herz von der Sünde weg, und zu Gott hingewendet wird, und alſo das höchſte Gut nach allen Kräften zu lieben anfängt: ſo treibt die chriſtliche Sittenlehre die Sünder bey allen Anläſſen zum Glauben an den, der iſt und ſich finden läſſet von denen, die Ihn ſuchen (Hebr. XI. 6.); zum Vertrauen auf den Vater, der den zurückkehrenden Sohn freudig in ſeine Arme ſchlieſſet (Luk. XV. 11-32.); zum Ver- trauen auf den Sohn, der ſein Leben hingab, um ſeinen Schafen ewiges Leben zu geben (Joh. X. 15. 28.), und der mit ſeinem Blute reiniget, was unrein iſt (I. Joh. II. 2.); zur Liebe gegen das liebenswürdigſte Weſen, das den Menſchen gut haben will, um ihn ſelig zu ma- chen (Matth. XXII. 37.); zur Erkenntniſs und Bekennt- niſs der Sünde (I. Joh. I. 9.); zum Gebete um den guten Geiſt, ohne den in uns kein guter Sinn werden kann (Luk. XI. 13. Joh. III. 5.); zum zerſchlagenen, reu- vollen Sinn, den Gott nicht verſchmähen kann, und der dem guten Sinne Platz machen muſs (Luk. XV. 20. 21.); zum ernſten Entſchluſſe, den ſchmalen Weg zu wandeln, und durch die enge Pforte durchzudrin- gen (Matth. VII. 13. 14.); zur edlen Verläugnung alles deſſen, was noch nicht mit dem heiligen Willen Got- tes in uns übereinſtimmt (Matth. XVI. 24.), und zum Nichtzurückſehen, wenn man einmal die Hand an den Pflug gelegt hat (Luk. IX. 62.) Die chriſtliche Sittenlehre lehrt alſo gerade das was wir alle am meiſten bedürfen; was der Leichtſinn ſo E 4

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Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/85>, abgerufen am 29.03.2024.